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# taz.de -- Geschäfte der Deutschen Bank: Hunger? Nicht unser Problem
> Die Deutsche Bank will weiter mit Agrarrohstoffen spekulieren. Doch auch
> Börsenhandel treibt die Preise für Grundnahrung in die Höhe, sagen
> Kritiker.
Bild: Nahrungsmittel und Agrarrohstoff: Maisfeld in Brasilien.
BERLIN taz | Die Anstandsfrist bei der Deutschen Bank hat nicht einmal ein
Jahr gedauert: Nach einer von Aktivisten erzwungenen Pause will das größte
deutsche Geldinstitut nun doch wieder neue Spekulationsgeschäfte auf Basis
von Lebensmitteln anbieten. Das kündigte Kovorstandschef Jürgen Fitschen am
Samstag am Rande der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin an.
Im März 2012 hatte das Unternehmen nach Kritik der Verbraucherorganisation
Foodwatch erklärt, es werde vorerst keine neuen Geldanlagen auf der Basis
von Grundnahrungsmitteln an die Börse bringen. Foodwatch und
Entwicklungsorganisationen kritisieren die steigende Nachfrage an den
Börsen nach Lieferverträgen für Agrarrohstoffe wie Mais, Soja oder Weizen.
Sie sei einer der Gründe, weshalb die Preise für Nahrungsmittel zum
Beispiel vor den Hungerrevolten in manchen Entwicklungsländern 2008
gestiegen waren.
Viele arme Menschen können sich, weil die Preise zu hoch sind, nicht mehr
genug Essen kaufen. Weltweit hungern laut der
UN-Landwirtschaftsorganisation FAO 870 Millionen Menschen. Eine
Arbeitsgruppe der Deutschen Bank zu dem Thema ist aber nun nach
Unternehmensangaben zu dem Schluss gekommen, „dass es kaum stichhaltige
empirische Belege für die Behauptung gibt, die zunehmende Bedeutung von
Agrarfinanzprodukten sei für Preissteigerungen oder erhöhte
Preisschwankungen verantwortlich“.
Viele Studien würden dagegen zeigen, dass die Nachfrage nach
Grundnahrungsmitteln steigt, weil die Bevölkerung bis 2050 auf 9 Milliarden
Menschen wächst. Außerdem äßen die Leute mehr Fleisch, und für dessen
Produktion seien mehr pflanzliche Kalorien nötig.
„Dass es ’kaum‘ Belege für den Zusammenhang zwischen Spekulation und Hun…
gibt, bedeutet jedoch nicht weniger als: Es gibt sehr wohl Belege, die auch
die Deutsche Bank anerkennt“, konterte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode
umgehend. „Wie viele Belege will die Deutsche Bank haben, bis sie endlich
handelt?“ Sie solle sich vorsorglich von der Spekulation mit
Agrarrohstoffen verabschieden.
## Börse und Brot
Tatsächlich gibt es Studien, die einen Zusammenhang zwischen Börse und Brot
sehen, zum Beispiel jene, die der Bremer Volkswirtschaftsprofessor
Hans-Heinrich Bass im Auftrag der Welthungerhilfe erstellte. Er machte vor
allem bestimmte – auch von der Deutschen Bank vertriebene – Fonds
verantwortlich, die in den letzten Jahren unbestritten stark gewachsen sind
und immer mehr Agrarlieferverträge gekauft haben.
Für die Deutsche Bank ist der Rohstoffhandel aber ein Wachstumssegment im
Kapitalmarktgeschäft. „Hier wird seit einigen Jahren kräftig Gas gegeben“,
zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen Banker. Speziell im
Nahrungsmittelgeschäft würden ordentliche Renditen erzielt.
Kritiker sehen das auch als Hauptgrund, warum die Deutsche Bank trotz
möglicher Imageschäden an dem umstrittenen Geschäft festhält. „Die
Investmentbanker wollen sich diese Wachstumsstory nicht wegnehmen lassen“,
sagt ein weiterer Insider.
20 Jan 2013
## AUTOREN
Jost Maurin
Jost Maurin
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