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# taz.de -- Die Wahrheit: Benedikts Burn-out
> Wo soll der ausgebrannte Papst endgelagert werden?
Bild: Seit Jahrhunderten gab es keinen Rücktritt eines Papstes.
Irgendwann im Mittelalter ereignete es sich zum letzten Mal, dass ein Papst
zurückgetreten ist. Nicht ganz einig allerdings sind sich die Historiker,
ob es Papst Coelestin V. Ende des 13. oder Gegenpapst Johannes XXIII.
Anfang des 15. Jahrhunderts war, der nicht in den Schuhen des Fischers
starb, sondern auf sein Amt verzichtete. Sicher ist nur, dass die Frage,
was mit dem zurückgetretenen Papst werden soll, damals leichter gelöst
werden konnte. Meist wurde der Expapst verhaftet und bis zu seinem Tod im
Kerker gefangen gehalten, wie es gute blutige Tradition im Christentum ist.
Doch die Zeiten haben sich Jahrhunderte später geändert und sind gesitteter
geworden. Deshalb muss man sich nun die Frage stellen, was mit dem
ausgebrannten Benedikt XVI. werden soll, wenn er am 28. Februar anno 2013
um 20 Uhr Mitteleuropäischer Zeit den Petrusring abstreift. Zwar ist im
Artikel 332 des Kirchenrechts durchaus vorgesehen, dass ein Papst in Rente
geht. Aber da der Fall so selten eintritt, gibt es keine Regelungen für den
weiteren Verbleib des Stellvertreters Gottes auf Erden. Und ist er dann
eigentlich noch Stellvertreter? Oder hat ihn sein oberster Dienstherr dann
auch entlassen?
Soll der ehemalige Pontifex in eine Einsiedelei gehen? Und gibt es
überhaupt noch Einsiedeleien irgendwo auf der Welt? Oder geht er ganz
klassisch ins Exil? Und ist Elba noch frei? Oder wollen die Bewohner der
Insel keinen neuen Napoleon? Was wird aus seinem Spusi Don Giorgio, dem
langjährigen Assistenten Georg Gänswein?
Wird der alte Dornenvogel seinen Boss ins Exil begleiten nach dem Motto
„Mitgefangen – mitgehangen“? Und muss der deutsche Papst dann auch seinen
Namen ablegen? Wird er wieder von Benedetto zu Ratze? Fragen über Fragen,
die sich so leicht nicht beantworten lassen, aber die zeigen, dass die
plötzliche Ankündigung Benedikts eine brisante Situation heraufbeschwört,
denn bislang gibt es europaweit kein sicheres Endlager für ausgebrannte
Päpste.
Die einzige reguläre Lagermöglichkeit in der Krypta des Petersdoms ist nur
für gen Himmel gefahrene Pontifizes zugelassen. Und so ist nun Deutschland
als Erzeugerland der Benedetto-Brennstäbe zur Rücknahme und sachgemäßen
Entsorgung verpflichtet. Was schon kurz nach Bekanntwerden der
Rücktrittsabsicht die politische Diskussion über eine Endlagersuche in
Deutschland hochkochen ließ. Einem ersten Statement von
Bundesumweltminister Peter Altmaier zufolge dürfe man Gorleben bei der
Suche keinesfalls ausschließen. Die Schachtanlage Asse hingegen gilt als zu
feucht für die morschen Knochen Benedikts.
Gleichzeitig wurden auch erste Stimmen laut, man solle es zunächst mit
einer Wiederaufbereitung des Altpapstes versuchen. Allerdings wiegelte die
Wiederaufbereitungsanlage im französischen La Hague sofort ab, man habe
dafür nicht die richtige Ausrüstung. Allein die Wiederaufbereitung einer
abgetragenen Tiara würde Millionen kosten.
Experten fordern derweil, Benedikt XVI. schnellstmöglich zu entsorgen,
bevor er in die falschen Hände gelangt. Zudem sei die Halbwertszeit eines
noch nicht ganz abgeklungenen Pontifizis extrem lang und hätte nahezu
Ewigkeitswert. Atomkritiker kündigten daraufhin an, den Papst-Transport
nach Deutschland zu blockieren und sich nötigenfalls sogar nackt an den
Heiligen Stuhl zu ketten.
Im Vatikan arbeitet man derweil eifrig an einer Energiewende: Der nächste
Papst soll wesentlich umweltfreundlicher sein, heißt es in einer
offiziellen Mitteilung des vatikanischen Presseamtes. Daher werde bei der
Papstwahl, die noch vor Ostern stattfinden soll, ausdrücklich darauf
geachtet, dass der neue „Pontifex Herbeus“, also der grüne Papst,
regenerativ nutzbar und biologisch abbaubar ist. So würde eine teure und
aufwendige Entsorgung künftiger Päpste später vermieden.
Die Welt wird es wissen, wenn – und das wird eine der größten Umwälzungen
der Kirchengeschichte werden –, wenn bei der Papstwahl nicht schwarzer,
nicht weißer, sondern erstmals grüner Rauch aufsteigt. Mit den Stimmzetteln
des Konklaves wird diesmal kein nasses Stroh für den schwarzen oder
trockenes Stroh für den weißen Rauch mitverbrannt, sondern Petrus
schimmelige alte Tennissocken.
12 Feb 2013
## AUTOREN
M. Ringel
M. Gückel
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Papst Benedikt XVI.
Vatikan
Rücktritt
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