# taz.de -- Papst Benedikts Bilanz: Pleiten, Pech und Pannen | |
> Als Übergangspapst angetreten machte Benedikt XVI. seine Kirche zur | |
> Wagenburg gegen „die Moderne“. Am Ende hatte er seinen Laden nicht mehr | |
> im Griff. | |
Bild: Es war nicht immer einfach. | |
ROM taz | Ein Papst, der uns zum Staunen bringt – diese Hoffnung war im | |
Jahr 2005, nach der Wahl Ratzingers auf den Stuhl Petri, immer wieder zu | |
hören, selbst von radikalen Widersachern des konservativen Theologen wie | |
Hans Küng. Jetzt endlich, nach knapp acht Jahren Amtszeit, hat Benedikt | |
XVI. es endlich geschafft, hat er die Welt mit seinem Rücktritt wohl zum | |
ersten Mal wirklich zum Staunen gebracht. | |
Einfach „den Petrusdienst“ niederlegen will der Heilige Vater, | |
Kündigungsfrist 17 Tage, zum 28. Februar, Punkt 20 Uhr. Zum ersten Mal seit | |
mehr als 700 Jahren tritt damit ein Papst zurück. Hinter dem „ohne Druck | |
von außen“ erfolgten Rückzug des fast 86-Jährigen stehe „keine akute | |
Erkrankung“, teilte der Vatikan umgehend mit. Zugleich hieß es, bis Ostern | |
solle das Kardinalskollegium Ratzingers Nachfolger wählen. | |
Für die Aufgabe, „das Schifflein Petri“ zu steuern, reichten „meine Krä… | |
infolge des vorgerückten Alters“ einfach nicht mehr aus, erklärte Benedikt, | |
auf einem Konsistorium, das eigentlich drei Heiligsprechungen gewidmet war | |
– das jetzt aber wegen eines wahrhaft revolutionären Abgangs in die | |
Geschichte eingehen wird. | |
Kapitän auf dem Petrusschiffchen war Joseph Ratzinger am 19. April 2005 | |
geworden, im damals schon einigermaßen vorgerückten Alter von 78 Jahren. Es | |
heißt, er habe das Amt nicht gewollt – doch in den Tagen der Agonie | |
Johannes Pauls II., dann unmittelbar nach dessen Tod hatte er sich mit | |
programmatischen Predigten durchaus in Stellung gebracht: als Wahrer der | |
Doktrin ebenso wie als Rufer nach einem Großreinemachen in der Katholischen | |
Kirche. | |
## Mann der Kontinuität | |
So galt er denn auch als Mann der Kontinuität in direkter Nachfolge des | |
erzkonservativen Karol Wojtyla, dem er jahrzehntelang als Chef der | |
Kongregation für Glaubensfragen treu gedient hatte. Zugleich aber war er | |
von vornherein schon altersbedingt ein Papst des Übergangs – eines | |
Übergangs allerdings, von dem sich viele in der Kirche dennoch den einen | |
oder anderen neuen Akzent gewünscht hätten. | |
Doch statt staunenswerter Neuerungen gab es in den knapp acht Jahren seiner | |
Amtszeit vor allem Pleiten, Pech und Pannen. Benedikt war erst gut ein Jahr | |
im Amt, als er auf einer Deutschlandreise mit seiner Regensburger Rede zum | |
Islam weltweit für Empörung sorgte – mit dem höchst gebildeten Zitat eines | |
byzantinischen Kaisers über die Mohammedaner, die nur „Schlechtes und | |
Inhumanes“ verbreiteten. | |
Ganz so hatte Ratzinger das natürlich nicht gemeint – viele aber erinnerten | |
sich plötzlich daran, dass er dem von Johannes Paul II. gepflegten | |
interreligiösen Dialog immer skeptisch gegenüber gestanden hatte. | |
Schließlich gibt es die eine, die einzige Wahrheit nur bei seinem Verein, | |
und jedweder „Relativismus“ in Glaubensdingen ist Ratzinger seit jeher | |
zuwider. | |
Von dieser Sicht ließ Ratzinger sich auch immer leiten, wenn es um | |
moralische und ethische Fragen ging. Die Hoffnungen katholischer | |
Laienbewegungen, er könne zum Beispiel den Frauen eine neue Rolle in der | |
Kirche einräumen, er könne beim Priesterzölibat öffnen, er könne die | |
Hartleibigkeit gegenüber Geschiedenen aufweichen oder der Kirche eine neue | |
Sicht auf die Homosexualität verschaffen – alle diese Hoffnungen wurden | |
enttäuscht. | |
## Diasporakirche der Standhaften | |
Stattdessen machte Benedikt XVI. die Katholische Kirche zur Wagenburg gegen | |
„die Moderne“, zur Gemeinschaft derer, die treu und glaubensfest an den | |
alten Dogmen festzuhalten bereit sind, zu einer Diasporakirche der | |
Standhaften. So darf, ihm zum Dank, auch die lateinische Messe wieder | |
gefeiert werden, samt Bitte, „die Juden zu erleuchten“. | |
Zugleich aber zeigte sich, dass Ratzinger den eigenen, auf stramm | |
konservative Linie gebrachten Laden nicht im Griff hatte. Weltweit | |
erschütterten in seinen Amtsjahren Missbrauchsskandale rund um pädophile | |
Priester die Kirche. Zwar fand Benedikt endlich klare Worte – weiterhin | |
aber tun sich viele Ortskirchen schwer damit, endlich den Opfern | |
Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und zu einer effektiven Bestrafung der | |
Täter beizutragen. | |
Ja selbst das eigene Haus wusste Ratzinger nicht in Ordnung zu bringen. In | |
den letzten Monaten machte die [1][„Vatileaks“-Affäre] Furore. Peinliche | |
Enthüllungen aus dem direkten Umfeld des Heiligen Vaters, über Intrigen in | |
der Kurie rund um die Vatikanbank IOR, fanden den Weg in Zeitungen und | |
Buchpublikationen. Die präzisen Umrisse und die genauen Akteure des | |
Showdowns an der Spitze der Kirche blieben im Nebel – doch in vorher nie | |
dagewesener Weise drangen da Signale nach außen, dass hinter den | |
Vatikanischen Mauern ein erbitterter Machtkampf tobte. Doch erneut fiel | |
Ratzinger nicht durch Führung auf: Nur sein persönlicher Butler wurde | |
schließlich verurteilt – und vom Papst umgehend begnadigt. | |
Ansonsten nahm Benedikt bloß eine wichtige Personalentscheidung vor: Im | |
Dezember 2012 beförderte er seinen Sekretär Georg Gänswein zum Erzbischof. | |
Da wusste er wohl schon, dass er bald Papst a.D. sein würde. | |
11 Feb 2013 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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