| # taz.de -- Päpstliche Nachfolgerdiskussion: Ein echter Global Player | |
| > Das künftige Oberhaupt der Katholiken könnte aus Afrika, Asien oder | |
| > Lateinamerika kommen. Dort entscheidet sich das Schicksal der römischen | |
| > Kirche. | |
| Bild: Ein neu geweihter Priester aus Lateinamerika auf dem Teppich des Petersdo… | |
| BERLIN taz | Wenn sich die etwa 100 Kardinäle der katholischen Kirche | |
| demnächst in der Sixtinischen Kapelle in Rom zur Wahl eines neuen Papstes | |
| treffen, haben sie nur zwei Optionen: zurück in die Vergangenheit – oder | |
| zurück in die Zukunft. | |
| Ein Schritt in die Vergangenheit wäre die Wahl eines italienischen Papstes: | |
| Das Amt – ursprünglich und zunächst einmal Bischof von Rom – haben | |
| Italiener jahrhundertelang dominiert, bis es schließlich an einen Polen und | |
| zuletzt an einen Deutschen fiel. | |
| Einen Aufbruch in die Zukunft würde es bedeuten, wenn das Konklave nun | |
| einen Kandidaten aus einem nichteuropäischen Land an die Spitze setzte. | |
| Aber zurück geht es auf jeden Fall: Tief greifende liberale Reformen | |
| (Frauen als Priester, Ökumene, Demokratisierung der Kirche) stehen nicht | |
| auf dem Programm. Das liegt zum großen Teil daran, dass die Kardinäle zwar | |
| demokratisch einen absoluten Herrscher aus ihren Reihen wählen. Sein | |
| Herrschaftsapparat, die „Kurie“, bleibt jedoch praktisch unverändert. Und | |
| die enormen Beharrungskräfte dieser konservativen Gruppe ersticken viele | |
| Reformideen schon im Keim. Wer etwas verändern will, muss es mit der Kurie | |
| schaffen – eine Aufgabe, an der Benedikt XVI. gescheitert ist. | |
| Der künftige Papst braucht wieder eine Zweidrittelmehrheit im Konklave. Den | |
| Passus, dass eine einfache Mehrheit ausreichen könnte, hat Benedikt wieder | |
| zurückgenommen. Nach einer Analyse des katholischen Magazins The Tablet | |
| benötigt der Wahlsieger die etwa 30 Stimmen der Italiener in der Kurie. | |
| Zudem muss er sowohl für Konservative als auch für Reformer wählbar sein. | |
| Unter den aussichtsreichen Kandidaten werden wenige Italiener und zum | |
| ersten Mal relativ viele Nichteuropäer genannt. | |
| ## Hauptgegner Freikirchen | |
| Die Gründe dafür sind die Missbrauchsskandale. Dem Ruf der Kirche wurde | |
| dadurch vor allem in Deutschland, Irland und den USA schwer geschadet. Die | |
| Italiener haben sich im Zuge der „Vatileaks“-Affäre als so zerstritten | |
| offenbart, dass sie als Machtblock für manche Beobachter zerbröckelt sind. | |
| Ein Kandidat aus der „Dritten Welt“ hätte zwei große Vorteile: Er käme a… | |
| einer Region, in der der sich der Katholizismus stark verbreitet und sich | |
| aus Sicht der römischen Diplomaten das Schicksal der Kirche entscheidet. | |
| In Rom gelten die Katholiken Deutschlands und anderer westlicher | |
| Industrienationen oft als zu liberal und zu angepasst an den | |
| materialistischen Zeitgeist, wie Benedikt XVI. etwa bei seinem | |
| Deutschlandbesuch 2011 klargemacht hat. Die Zukunftsaufgaben der Kirche | |
| liegen danach in der Auseinandersetzung mit den evangelikalen Freikirchen, | |
| die ihr – mit ihrer aggressiven kapitalistischen Heilsbotschaft vor allem | |
| in Afrika und Lateinamerika – die Schäfchen abspenstig machen. | |
| Auch richtet sich der Blick Roms immer häufiger auf China, wo neben der | |
| romtreuen „Untergrundkirche“ Millionen von Katholiken in einer staatstreuen | |
| Kirche beten, die Rom gern wieder in eigener Regie führen würde. In Afrika, | |
| Asien und Lateinamerika garantiert die Kirche in manchen Gegenden ein | |
| soziales Netz, das die Staaten nicht bieten. In diesen Gegenden gibt es | |
| keinen Priestermangel und keine leeren Kirchen: Im letzten Jahrzehnt hat | |
| die Zahl der Katholiken etwa in Afrika um ein Drittel zugenommen, die Zahl | |
| der Priester um 20 Prozent. | |
| ## Ein echter Global Player | |
| Die katholische Kirche ist ein echter Global Prayer: Mit weltweit 1,2 | |
| Milliarden Gläubigen ist ihre Mitgliederschaft in den letzten Jahren so | |
| schnell gewachsen wie die Weltbevölkerung. 17 Prozent aller Menschen auf | |
| der Erde sind Katholiken. Die katholische Kirche verfügt über 400.000 | |
| Priester, Missionswerke, eine straffe Verwaltung. Der britische Economist | |
| schätzt ihren Jahresetat auf ca. 300 Milliarden Dollar. | |
| In dieser Situation gelten vielen in Rom die Sorgen der liberalen deutschen | |
| Katholiken als zweitrangig. Sie sehen die Toleranz gegenüber den | |
| rechtskonservativen „Piusbrüdern“ als einen Prüfstein dafür, wie eine | |
| Ökumene mit den Kirchen der Orthodoxie erleichtert werden könnte. Mit der | |
| autoritären Kirche etwa in Russland hat die römische Kirche viel weniger | |
| Berührungsängste als sie etwa mit der linken Theologie der Befreiung in | |
| Lateinamerika hatte. Auch das lange Schweigen Roms zu den Massakern der | |
| syrischen Regierung am eigenen Volk folgt der Logik der Kirchendiplomaten, | |
| die für die Katholiken in Syrien nach einem Sieg der islamischen Revolution | |
| noch größere Probleme befürchten. | |
| „Endlich mal einen Papst aus Afrika, Asien oder Amerika“ hält Wolfgang | |
| Kessler, Chefredakteur des christlichen PublikForums, für denkbar. Der | |
| stünde unter großem Druck, den Erwartungen der konservativen Kurie zu | |
| entsprechen, sagt Kessler: „Der wäre päpstlicher als der Papst.“ | |
| 12 Feb 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernhard Pötter | |
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