| # taz.de -- Politisch korrekte Kinderbücher: Beim Schuhcreme-Fußnotenballett | |
| > Die „Black Intervention“ im Ballhaus Naunynstraße hob die Debatte über | |
| > rassistische Begriffe in Kinderbüchern auf ein neues Niveau | |
| Bild: "Die kleine Hexe" erscheint nun ohne rassistische Schimpfwörter. Ist das… | |
| Im kommenden Sommer erscheint eine Neuauflage von Otfried Preußlers | |
| Kinderklassiker „Die kleine Hexe“ – in einer Version, die auf rassistisch | |
| diskriminierende Begriffe verzichtet. Über diese Nachricht, die Anfang | |
| Januar die Medien erreichte, hätte man sich eigentlich freuen müssen. | |
| Stattdessen erhoben sich aus manchen Feuilletons und Kulturmagazinen | |
| Stimmen der Empörung: Literatur ist unantastbar! Zensur! Sprachpolizei! | |
| „Zensur? Sprachpolizei?“, fragte am Mittwochabend Mekonnen Mesghena auf der | |
| Bühne des voll besetzten Ballhaus Naunynstraße. „Angst vor Machtverlust ist | |
| wohl die treffende Erklärung für die Hysterie der Realitätsverweigerer“, | |
| entgegnete er. Pause. „Ich ersticke in diesem diskursiven Provinzialismus“. | |
| Aus Anlass der seit Wochen tobenden Kinderbuchdebatte hat er die | |
| Veranstaltung „Black Intervention“ initiiert. Abwechselnd traten | |
| KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen mit Migrationshintergrund auf die | |
| Bühne und trugen ihre Positionen zum Thema vor. Damit wurde ein Raum für | |
| Stimmen geschaffen, die in der bisherigen Debatte völlig unbeachtet | |
| blieben. | |
| Der aus Eritrea stammende Publizist und Journalist Mesghena war es, der den | |
| Stuttgarter Thienemann Verlag ursprünglich auf die unzeitgemäßen | |
| Begrifflichkeiten in Preußlers „Kleiner Hexe“ aufmerksam gemacht hatte. Das | |
| Buch war seiner kleinen Tochter geschenkt worden. Beim abendlichen Vorlesen | |
| stolperte er über die ausgrenzenden Wörter und schickte daraufhin dem | |
| Verlag einen Brief. | |
| In seinem Vortrag im Ballhaus blickte Mesghena auf die vergangenen Wochen | |
| zurück. Von der schönen und fruchtbaren Begegnung mit Otfried Preußler | |
| erzählt er, aber auch von den Beschimpfungen und Hassmails, die „mit | |
| deutsch nationalem Gruß“ unterschrieben waren. | |
| Der Spoken-Word-Performer Philipp Khabo Koepsell erinnert in seinem Beitrag | |
| „Applaus für Schuhcreme“ an die Blackfacing-Debatte des vergangenen Jahres. | |
| Und erläutert mit wütendem Witz, wie sich das Signal der schwarzen | |
| Schminke, dieses Accessoires von „Karnevalstatisten und Faschisten“, von | |
| einer jahrhundertelangen Tradition rassistischer Propaganda nährt. Diese | |
| Tatsache hinderte allerdings im vergangenen Januar den | |
| ARD-Literaturkritiker Denis Scheck nicht daran, seine Ansicht zur | |
| Kinderbuchdebatte mit schwarz angemaltem Gesicht zu moderieren. | |
| Der geschmacklose Auftritt inspirierte Joshua Kwesi Aikins am Mittwoch zu | |
| einem ausgefeilten Fußnotenballett, das mangelnde Kenntnisse über | |
| Deutschlands Rassismusgeschichte aufdeckte. „Wer aber will seinen Kindern | |
| so eine Fußnote an der Bettkante vorlesen?“, fragte der Politologe und | |
| Aktivist. Hoffentlich werde auch die Kinderbuchdebatte zu einer, „die man | |
| geflissentlich überlesen kann“. | |
| ## A wie Afrodeutsch | |
| Seinen Beitrag beschloss er mit der Vorstellung von „Nat Turner“, einer | |
| Graphic Novel des Afroamerikaners Kyle Baker, die die Biografie des | |
| Anführers eines Sklavenaufstands erzählt. Kwesi Aikins wünscht sich weitere | |
| Bücher, die die Geschichte von Menschen schwarzer Hautfarbe aus deren | |
| Perspektiven erzählen. Jüngstes Beispiel: Das deutsch-englische Kinder-Abc, | |
| das die Sozialwissenschaftlerin Nadine Golly mit dem HipHop-Musiker Austin | |
| Francis verfasst hat. | |
| Auch dieses Buch, das mit „A wie Afrodeutsch“ beginnt, stellte die Autorin | |
| am Mittwoch vor. Es folgen „B wie Bücher“ oder „R wie Respekt“. Aus �… | |
| Violine“ erfährt man etwas über den schwarzen Geiger George Bridgetower, | |
| der mit Ludwig van Beethoven zusammenarbeitete. | |
| Gollys Beitrag endete mit dem Bild eines kleinen Jungen, auf dessen T-Shirt | |
| der Spruch Knowledge is power steht – Wissen ist Macht. Die „Black | |
| Intervention“-Veranstaltung lieferte dem Publikum aufschlussreiche, | |
| energiegeladene und – angesichts des diskursiven Debakels der letzten | |
| Wochen – endlich auch aufmunternde Statements. | |
| 21 Feb 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Elise Graton | |
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