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# taz.de -- Debatte um Pferdefleisch-Verwertung: Für die Armen gut genug?
> Sollte man die falsch etikettierten Produkte mit Pfedefleisch Bedürftigen
> geben? Oder ist das menschenverachtend? Darüber streiten Dirk Niebel,
> Renate Künast und andere Politiker.
Bild: Mit Fleischbeilage: Armenspeisung in der Wiesbadener Stephanus-Gemeinde.
BERLIN dpa | In Deutschland ist nach Angaben des
Verbraucherschutzministeriums bis Freitagabend in 67 Fällen Pferdefleisch
in falsch etikettierten Fertigprodukten nachgewiesen worden. Ein Sprecher
von Ministerin Ilse Aigner (CSU) sagte Bild am Sonntag, bisher seien von
den Kontrollbehörden der Länder insgesamt 830 Analysen auf Pferde-DNA
gemacht worden.
An der Spitze bei den positiven Labortests ist danach Nordrhein-Westfalen
mit 27 Fällen, gefolgt von Hessen (13), Baden-Württemberg (8) und Bayern
(8). Weitere betroffene Länder sind Mecklenburg-Vorpommern (5), Brandenburg
(4) und Hamburg (2).
Die Tests der Länderbehörden dauerten weiter an. Ministeriumssprecher
Holger Eichele sagte dem Blatt, dass bisher bei keiner Analyse das für
Menschen gesundheitsschädliche Pferde-Medikament Phenylbutazon nachgewiesen
worden sei.
Unterdessen geht der Streit um den Vorschlag weiter, aussortierte
Lebensmittel mit Pferdefleisch an Arme zu verteilen. Der
CDU-Bundestagsabgeordnete Hartwig Fischer hatte angeregt, aus den Läden
genommene Produkte wie Lasagne mit undeklarierten Pferdefleisch-Anteilen
nicht voreilig zu vernichten. Er schlug vor, die Produkte, die nicht
gesundheitsgefährdend seien, korrekt zu deklarieren und Hilfsorganisationen
zur Verfügung zu stellen.
Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) unterstützte diesen Vorschlag: „Über
800 Millionen Menschen weltweit hungern. Und auch in Deutschland gibt es
leider Menschen, bei denen es finanziell eng ist, selbst für Lebensmittel.
Ich finde, da können wir hier in Deutschland nicht gute Nahrungsmittel
einfach wegwerfen“, sagte er der Bild.
## Evangelische Kirche gegen Essensvernichtung
Auch die Evangelische Kirche (EKD) warnt vor voreiliger Vernichtung der
Pferde-Lasagne. Prälat Bernhard Felmberg: „Lebensmittel zu vernichten, die
ohne Risiko genießbar wären, ist ähnlich schlimm wie Etikettenschwindel.“
Es sei eine „Scheindebatte“, sagte hingegen Ministeriumssprecher Eichele am
Samstag der Nachrichtenagentur dpa. „Die Weitergabe der Produkte ist völlig
ausgeschlossen.“ So lange Hersteller und Handel nicht in der Lage seien,
die einwandfreie Herkunft aller Zutaten zu belegen, sei eine Weitergabe
rechtlich unmöglich. Der vorbeugende Verbraucherschutz sei einzuhalten,
auch wenn es bedauerlich sei, Lebensmittel wegzuwerfen, so Eichele.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles bezeichnete Fischers Vorschlag als
menschenverachtend und unwürdig. „Das ist eine Beleidigung für Menschen mit
wenig Einkommen. Ich erwarte, dass er sich dafür entschuldigt“, sagte sie
der Bild. „Die Produkte, die schadstoffhaltiges Fleisch enthalten können,
müssen entsorgt werden.“
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast meinte: „Hinter der absurden Idee von
Fischer steht, dass es beim Essen Menschen zweiter Klasse gibt. Wir wollen
aber gute Qualität für alle.“
23 Feb 2013
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