Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Terrorismus in Deutschland: „Antizionismus war Grundposition“
> Der Historiker Wolfgang Kraushaar hat den Anschlag auf ein jüdisches
> Altenheim neu untersucht. Waren Linksradikale die Täter?
Bild: Der Historiker Wolfgang Kraushaar
Der Historiker Wolfgang Kraushaar weist deutschen Linksradikalen eine
entscheidende Rolle bei Anschlägen gegen israelische Bürger und jüdische
Einrichtungen in der Bundesrepublik Anfang der 1970er-Jahre zu.
Kraushaar sagt im sonntaz-Gespräch in der taz-Wochenendausgabe: „Israel
wurde zum bekämpfenswerten Vorposten der USA im Nahen Osten umgedeutet. Der
sogenannte Antizionismus wurde zur Grundposition des linksradikalen
Selbstverständnisses.“
Kraushaar, der am Hamburger Institut für Sozialforschung arbeitet,
rekonstruiert in seinem jüngst bei Rowohlt erschienenen Buch „Wann endlich
beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?“ unter anderem
einen Anschlag auf die Israelitische Kultusgemeinde in München am 13.
Februar 1970. Damals starben sieben ältere Menschen, allesamt Überlebende
des Holocaust.
Kraushaar sieht einen Zusammenhang zwischen diesem Anschlag und mehreren
Terrorakten gegen Juden und Israelis in der selben Zeit - etwa einer
versuchten Entführung eines Flugzeugs der israelischen Fluggesellschaft El
Al auf dem Flughafen München-Riem durch palästinensische Terroristen drei
Tage zuvor.
## Kooperation mit Palästinensern
Der Historiker spricht von einer Kooperation zwischen den linksradikalen
Tupamaros - den Vorläufern westdeutscher Stadtguerillagruppen - und
Palästinensern. Insbsondere verweist Kraushaar auf Ausbildungsreisen
deutscher Tupamaro-Mitglieder wie Dieter Kunzelmann ins jordanische Amman.
Eine Gruppe um den berühmten Kommunarden sei im September 1969 in Jordanien
eingetroffen und dort in Kontakt mit hochrangigen PLO-Vertretern wie dem
Chef der palästinensischen Befreiungsorganisation Jassir Arafat und dem
späteren Chef-Außenpolitiker Faruk Kaddoumi getreten.
Kraushaar findet es „erstaunlich, dass sich so hochrangige Leute seitens
der Palästinenser mit deutschen Subkulturfreaks aus der Berliner
Hasch-Rebellen-Szene überhaupt abgegeben und sie an Waffen und mit
Sprengstofftechniken ausgebildet haben“. Zumal es unmittelbar nach Rückkehr
der deutschen Linksradikalen am 9. November 1969 zu einem Anschlag auf das
Jüdische Gemeindehaus in Westberlin kam.
Für den Historiker steht fest: „Keine der westdeutschen
Stadtguerilla-Gruppierungen ist in den 1970er Jahren ganz ohne Ausbildung
bei den Palästinensern ausgekommen.“ Kunzelmann selbst sprach vom
„Judenknax“ in der bundesdeutschen Linken und davon, die palästinensischen
„durch besser organisierte zielgerichtete Kommandos zu ersetzen, die von
uns selbst durchgeführt werden“.
Welche Rolle ein 18-Jähriger von der linksradikalen Aktion Südfront beim
Anschlag auf die Israelitische Kultusgemeinde spielte und warum dieser
Terrorakt mit mehreren Toten aus der deutschen Geschichtsschreibung beinahe
verschwunden wäre, erzählt Kraushaar im Gespräch der [1][aktuellen
sonntaz]. Am Kiosk, [2][eKiosk] und im [3][Wochenendabo]. Für Fans und
Freunde: [4][facebook.com/sonntaz]
2 Mar 2013
## LINKS
[1] /sonntaz
[2] /zeitung/e-paper/e-kiosk/
[3] /zeitung/abo/wochenendabo_mailing/
[4] http://www.facebook.com/sonntaz
## AUTOREN
Andreas Fanizadeh
Andreas Fanizadeh
## TAGS
Wolfgang Kraushaar
Schwerpunkt 1968
Linke Szene
Autonome
Antisemitismus
Linke Szene
Schwerpunkt 1968
Israel
Kommune 1
Linke Szene
## ARTIKEL ZUM THEMA
Olympia-Terrorangriff 1972 in München: Eine Fülle von belastenden Indizien
Palästinenser überfielen das israelische Team. Zuvor hatten Schweizer
Politiker mit der PLO ein Stillhalteabkommen getroffen.
Antisemitismus in der 70er-Linken: „Im Nachhinein ist jeder schlauer“
Wie antisemitisch war die radikale Linke in den 1970er Jahren? Bis auf
wenige Ausnahmen kaum, sagt Bommi Baumann, früherer Haschrebell und
Stadtguerillero.
Kommentar zum linken Antisemitismus: Linker Antisemitismus?
Die Neue Linke nach 1968 war offen für Antisemitismus, so der Historiker
Wolfgang Kraushaar. Eine große These – mit spärlichen Belegen.
Pro & Contra Israel-Warenboykott: Soll Deutschland Druck ausüben?
Sollen Waren aus Israels Siedlergebieten boykottiert werden? Ist ein
solcher Boykott mit der deutschen Vergangenheit vereinbar? Eine Annäherung.
Kraushaar über linken Antizionismus: „Eine geheime Entlastungsstrategie“
Haben Linksradikale den tödlichen Brandanschlag auf die Israelitische
Kultusgemeinde 1970 in München verübt? Der Historiker Wolfgang Kraushaar
rollt den Fall neu auf.
Kolumne Leuchten der Menschheit: Das antisemitische Erbe
Links und antisemitisch? Wolfgang Kraushaars Studie „Wann endlich beginnt
bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel“ kommt zu diesem Schluss.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.