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# taz.de -- Volkskongress in Peking: Abschied vom Megawachstum
> Statt Wirtschaftsboom nun Umweltschutz und Sozialleistungen: Die
> chinesische Regierung verkündet, dass rasantes Wachstum keine Dauerlösung
> ist.
Bild: Richtungswechsel bei den Delegierten: Der chinesische Volkskongress wird …
PEKING taz | Vielleicht ist es Pekings seit Wochen andauernder Smog, der
Chinas Führung umdenken lässt. Oder es sind die inzwischen landesweit
verdreckten Gewässer. Wahrscheinlich ist es aber einfach ökonomischer
Sachverstand. Bei seiner Rede zu Beginn der jährlichen Sitzung des
Parlaments, des Nationalen Volkskongresses, am Dienstag hat Chinas
scheidender Premierminister Wen Jiabao erstmals offiziell eine Abkehr vom
„Wachstum um jeden Preis“ angekündigt.
Chinas Führung werde sich künftig mehr um das Wohl der Menschen und eine
saubere Umwelt kümmern, sagte Wen. „Wir müssen das Sichern und Verbessern
des Wohlbefindens der Menschen zum Ausgangspunkt und Ziel aller
Regierungsarbeit machen und danach streben, die soziale Entwicklung zu
stärken.“ Wens zentraler Satz: „Sozialprogramme werden künftig Priorität
erhalten, wirtschaftliche Entwicklungsvorhaben dafür zurückgenommen.“
Damit gibt die chinesische Führung erstmals auch offiziell zu, dass zu
rasantes Wachstum einer Volkswirtschaft auf Dauer nicht guttut.
Voraussichtlich wird Wen im Anschluss an die 13-tägige Parlamentssitzung
nach zehn Jahren Amtszeit zurücktreten und den Posten seinem Nachfolger Li
Keqiang überlassen.
Nach fast ununterbrochen zweistelligen Wachstumsraten in den vergangenen
zehn Jahren ist Chinas Wirtschaftsleistung bereits 2012 nur noch um 7,8
Prozent gestiegen. Für 2013 strebt die Regierung nun ein weiteres Abbremsen
auf 7,5 Prozent an. Diese Zahl ist nicht so sehr eine Prognose als vielmehr
ein Signal, das sich vor allem an die Politiker in den Provinzen richtet.
Die Botschaft: Künftig sollen diese weniger auf Großinvestitionen setzen.
## Die Schattenseiten des Wirtschaftsbooms
Der rasante Aufbau der chinesischen Wirtschaft hat zwar dafür gesorgt, dass
Millionen von Menschen der Armut entfliehen konnten und im ganzen Land eine
große Mittelschicht entstanden ist. Die vielen Baustellen, neu entstandenen
Industrieanlagen sowie die massive Zunahme des Autoverkehrs führten jedoch
zugleich dazu, dass die Umweltzerstörung im ganzen Land bedrohliche Ausmaße
angenommen hat. Die Luft ist in weiten Teilen des Staates verschmutzt,
ganze Landstriche sind auf lange Zeit nicht nutzbar. Die
Wirtschaftsentwicklung laufe zunehmend dem Umweltschutz entgegen, sagte Wen
in seiner Rede.
Dem scheidenden Ministerpräsidenten geht es aber keineswegs nur um mehr
Umweltschutz. Die schnelle Entwicklung überfordert auch Unternehmen und
Politik. Obwohl sich die Wirtschaftsleistung in den vergangenen fünf Jahren
verdoppelt habe, sei die ökonomische Entwicklung in China „unausgewogen,
unkoordiniert und nicht aufrechtzuerhalten“, so Wen. Überkapazitäten nähmen
zu, die Innovationsfähigkeit sei schwach ausgeprägt. Sorge bereite ihm auch
die inzwischen riesige Kluft zwischen Arm und Reich. Soziale Probleme
hätten daher deutlich zugenommen.
All das sind gute Gründe für Chinas Führung, den Märkten auch weiterhin
nicht völlig freie Hand zu lassen. Wen kündigte an, dass die neue Führung
verstärkt in den sozialen Wohnungsbau und dem Aufbau einer staatlichen
Alters- und Krankenversorgung investieren wolle. Am stärksten sollen die
Ausgaben für Schulen und Universitäten erhöht werden. Auf Platz zwei folgt
der Aufbau eines flächendeckenden Sozialnetzes. Allerdings will Peking auch
den Militäretat deutlich erhöhen – um 10,7 Prozent auf umgerechnet rund 91
Milliarden Euro. Damit verfügt China nach den USA inzwischen über das
zweithöchste Wehrbudget der Welt.
5 Mar 2013
## AUTOREN
Felix Lee
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