# taz.de -- Per Haftbefehl gesucht: 266 Neonazis im Untergrund | |
> Die Polizei fahndet nach deutlich mehr Rechtsextremen, als bisher | |
> angenommen. Gegen sie wird wegen ganz unterschiedlicher Straftaten | |
> ermittelt. | |
Bild: Nicht alle Nazis sind im Untergrund. | |
BERLIN taz/afp | Die Zahl untergetauchter Neonazis ist offenbar deutlich | |
höher als bislang angenommen. Im vergangenen November wurden in Deutschland | |
266 Rechtsextremisten mit Haftbefehl gesucht, schreibt das | |
Bundesinnenministerium in einer am Dienstag veröffentlichten [1][Antwort | |
auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei]. Vor einem halben Jahr hatte die | |
Bundesregierung noch von 118 gesuchten Personen aus dem rechten Spektrum | |
gesprochen. | |
Die Zahlen seien jedoch „aufgrund der geänderten Erfassungsmethode“ nicht | |
vergleichbar, schreibt das Ministerium. Viele Rechtsextremisten werden den | |
Angaben wegen vergleichsweise harmloser Delikte gesucht, etwa wegen | |
Diebstahl, Sachbeschädigung oder Fehlverhalten im Straßenverkehr. Bei 44 | |
Haftbefehlen – und damit in ungefähr jedem sechsten Fall - geht es laut | |
Ministerium um eine politisch rechts motivierte Straftat. | |
Besonders häufig wird die Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher | |
Organisationen genannt, darunter fällt etwa das Zeigen des Hakenkreuzes. 49 | |
Rechtsextremisten werden wegen Gewalttaten gesucht – meist wegen | |
Körperverletzung. Jedoch geht das Innenministerium davon aus, dass die | |
Gewalt nur in fünf Fällen politisch motiviert war. | |
Die Zahlen über untergetauchte Rechtsextremisten sind vor allem deshalb | |
brisant, weil auch die Mitglieder der Terrorzelle NSU jahrelang unentdeckt | |
im Untergrund gelebt und nach derzeitigem Erkenntnisstand vermutlich zehn | |
Menschen ermordet haben. Die linke Innenpolitikerin Ulla Jelpke sagte, vor | |
diesem Hintergrund müssten die Zahlen über untergetauchte Rechtsextremisten | |
beunruhigen. „Niemand kann sagen, welche tickenden Bomben sich dahinter | |
verbergen.“ | |
Die meisten vom Innenministerium genannten Rechtsextremisten sind jedoch | |
vergleichsweise kurz untergetaucht. Inzwischen werden von den 266 Personen | |
nur noch 182 gesucht. Für ungefähr die Hälfte der aktuell abgetauchten | |
Rechtsextremisten wurde der Haftbefehl im vergangenen Jahr ausgestellt. | |
Nach den Morden des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) ist das Thema | |
wieder verstärkt in den Vordergrund gerückt. Erst am Montag hatte der | |
NSU-Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag nach mehr als einjähriger | |
Arbeit [2][einen ersten Zwischenbericht vorgelegt]. Der Bericht benenne | |
sehr deutlich das Behördenversagen bei der Bekämpfung des | |
Rechtsextremismus, hatte die SPD-Obfrau im Ausschuss, Birgit Pelke, | |
erklärt. | |
12 Mar 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://ulla-jelpke.de/uploads/1712334_Untergetauchte_Nazis.pdf | |
[2] /Zwischenbericht-zur-NSU/!112640/ | |
## AUTOREN | |
Felix Werdermann | |
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