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# taz.de -- Hilfspaket für Zypern: Die Rettung Zyperns
> Euroländer bitten Zyperns Bankkunden zur Kasse. Wer Geld bei einer
> zyprischen Bank liegen hat, zahlt für die Rettung des Mittelmeerstaates
> vor der Pleite mit.
Bild: Schnell noch Geld abheben.
BRÜSSEL/NIKOSIA/BERLIN dpa | Zur Rettung Zyperns vor der Pleite werden in
einem beispiellosen Schritt auch Bankkunden kräftig zur Kasse gebeten. Bei
Einlagen unter 100.000 Euro wird eine Abgabe von 6,75 Prozent fällig, bei
höheren Beträgen sind es 9,9 Prozent.
So sollen geschätzt 5,8 Milliarden Euro zusammenkommen, wie
Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach der Einigung der Finanzminister
auf das Hilfspaket am Samstagmorgen in Brüssel sagte. Insgesamt soll das
Hilfspaket ein Volumen von bis zu zehn Milliarden Euro haben.
Rund ein Drittel der Einlagen in Zypern sind in der Hand ausländischer
Kontoinhaber – vor allem reicher Russen und Briten. Seit längerem halten
sich Vorwürfe, Zypern locke mit niedrigen Firmensteuern und einer lockeren
Finanzaufsicht Schwarzgeld an. Zypern bestreitet dies.
Am Morgen versuchten auf Zypern zahlreiche Menschen, ihre Konten zu räumen.
Kurzzeitig kam es zu einem Ansturm auf einige wenige Genossenschaftsbanken,
die auch am Samstag geöffnet hatten. Dutzende versuchten ihre Spareinlagen
abzuheben, berichtete der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Sie wurden von
den Angestellten darüber informiert, dass das Onlinesystem der Banken außer
Betrieb sei. Später schlossen auch die wenigen geöffneten Filialen.
Um einem Run auf die Banken zuvorzukommen, wurden die entsprechenden
Beträge auf allen Konten in der Nacht eingefroren. Der Rundfunk berichtete,
Kunden könnten begrenzt Geld am Automaten abheben.
Alle zyprischen Banken hatten in den vergangenen Tagen versichert, es gelte
- wie in ganz Europa – die Garantie der Geldeinlagen in Höhe von 100.000
Euro.
Zyperns Finanzminister Michalis Sarris deutete an, die Zwangsabgabe könne
möglicherweise in Aktien der betroffenen Banken umgetauscht werden. Als
Finanzminister sei er nicht glücklich über die Gebühr. „Aber die Aufgabe,
den Wohlstand der Menschen und die Stabilität des Systems zu schützen, ließ
uns keine andere Wahl.“
„Wir haben die Lastenverteilung sehr sorgfältig geprüft“, versicherte
Eurogruppen-Chef Dijsselbloem. "Wir bestrafen Zypern nicht." Der
Mittelmeerinsel droht ohne die Unterstützung der Euroländer und des
Internationalen Währungsfonds (IWF) die Staatspleite im Mai.
## Reaktionen aus Deutschland
„Wir haben nach langen und harten Verhandlungen einen Weg gefunden, Zypern
zu helfen, ohne dabei die Zukunft des Landes zu verpfänden“, teilte
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Samstag mit. In der zweiten
Aprilhälfte könne dem Bundestag das Hilfsprogramm mit allen Details zur
Abstimmung vorgelegt werden.
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle verlangte vor einer Zustimmung seiner
Fraktion mehr Informationen. Die SPD will sich nach Angaben ihres
Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück bis Montag eine Meinung bilden. Auch
andere nationale Parlamente müssen dem Hilfspaket zustimmen.
Die internationalen Geldgeber griffen ein, obwohl das Land nur 0,2 Prozent
zur Wirtschaftsleistung der Eurozone beiträgt. „Zypern ist systemrelevant
für die Eurozone“, resümierte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Dies
bedeutet, dass eine Staatspleite die gesamte Eurozone gefährden würde.
Die einmalig Belastung der Bankkunden sei als außerordentliche Maßnahme
nötig, weil das zyprische Banksystem gemessen an der gesamten Wirtschaft
überdimensioniert sei, hieß es. Die Abgabe soll sowohl für in Zypern
ansässige als auch für ausländische Bankkunden gelten.
Diese könnten der sogenannten Solidaritätsabgabe nicht mehr entgehen, da
der fällige Betrag von sofort an auf den Konten eingefroren werde, sagte
EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen nach rund zehnstündigen
Marathonverhandlungen.
„Bevor die Banken wieder öffnen, wird die Abgabe abgezogen. Der Rest des
Geldes ist frei verfügbar“, sagte Asmussen. Verantwortlich für das
Verfahren seien die Zyprer. Ein solches Vorgehen drohe in anderen
Krisenländern des Kontinents nicht.
## Bankenkrise
Zypern ist nach Griechenland, Portugal und Irland das vierte Land, das ein
Vollprogramm aus dem europäischen Rettungsschirm bekommt. Spanien erhält
Milliardenhilfen nur für seine maroden Banken.
Die von einer schweren Bankenkrise erschütterte Mittelmeerinsel hatte schon
im vergangenen Juni ein Hilfsgesuch in Brüssel vorgelegt. Bis vor kurzem
war ein Volumen von rund 17,5 Milliarden Euro genannt worden. Mit welchem
Volumen sich der IWF beteiligt, ist noch offen, sagte die Chefin des Fonds,
Christine Lagarde. Nach unbestätigten Informationen könnte es um eine
Milliarde Euro gehen.
Deutschland und andere Staaten bestanden darauf, dass
Anti-Geldwäsche-Standards eingehalten werden. Eine unabhängige Prüfung dazu
ist bereits angelaufen und soll bis Monatsende abgeschlossen werden.
Als Teil der Maßnahmen wird die Unternehmensteuer in Zypern von 10 auf 12,5
Prozent angehoben. Einen Schuldenschnitt soll es nicht geben. Russland
stellte die Verlängerung eines Kredits an Zypern zu reduzierten Zinsen in
Aussicht.
16 Mar 2013
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