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# taz.de -- Virtuelle Deutschlandkarte: Sag mir, wo die Nazis sind
> Finanzierung durch Crowdfunding, Daten von Antifa-Initiativen: Eine neue
> Webseite markiert die unschönsten Flecken Deutschlands.
Bild: Vieles ist schon markiert im „rechten Land“.
Wo gibt es in der Umgebung Post-Filialen, welche Restaurants sind
empfehlenswert und wo kann ich am Abend ins Kino? Im Alltag nutzen wir
inzwischen ganz selbstverständlich Kartendienste wie Google Maps.
Eine neue Webseite funktioniert ganz ähnlich, hat aber einen ernsten
Hintergrund. Es handelt sich um – so die Eigenbeschreibung – einen „Atlas
zur extremen Rechten und zur Nazi-Vergangenheit“. Die Seite
[1][rechtesland.de] ist jetzt in einer ersten Version online.
Wer sich durch die Karte klickt, bekommt Antworten auf Fragen, die manche
am liebsten totschweigen würden: Wo gab es 2012 Nazi-Aufmärsche? Wo wurden
Menschen von Nazis ermordet? Wo finde ich die nächste Opferberatungsstelle?
Es ist eine virtuelle Reise zu den unschönsten Flecken Deutschlands.
## Crowdfunding statt staatlicher Gelder
Der Anstoß zu dem Projekt kam vom Datenjournalisten Lorenz Matzat von der
Agentur OpenDataCity. Vergangenen Sommer war das. Beim Antifaschistischen
Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (Apabiz) gefiel ihnen die Idee,
hatten sie doch auch schon verschiedene kleinere Daten-Projekte umgesetzt.
Das Apabiz kümmert sich nun inhaltlich um das Projekt. „Es geht vor allem
darum, bereits vorhandenes Wissen gebündelt sichtbar zu machen“, sagt Felix
Hansen vom Apabiz.
Initiativen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, fällt es
grundsätzlich schwer, ihre Arbeit finanziert zu bekommen. Wer staatliche
Gelder will, muss aufwändig Anträge schreiben und sich oft auch mit der
Extremismusklausel herumschlagen.
Deshalb wählten die Macher von rechtesland.de einen anderen Weg:
Crowdfunding. Sie gingen mit der Spendendose online und suchten auf der
[2][Plattform Startnext] Unterstützer. In relativ kurzer Zeit fanden Sie
mehr als 400. Viele spendeten fünf, manche auch mehr als 100 Euro. Am Ende
kamen so mehr als 6.000 Euro zusammen. Damit übertrafen sie ihr Ziel von
5.000 Euro.
## Völlig unabhängig
„Es ist auffällig, dass in diesem Fall die Leute Geld geben, ohne eine
konkrete Gegenleistung zu bekommen“, sagt Matzat. Das liege wohl am Thema
und daran, dass sie – im Gegensatz zu einer gewöhnlichen Spende – genau
wissen, was mit ihrem Geld passiert. Den Machern ist wichtig: Sie sind nun
völlig unabhängig, kein Geldgeber kann ihnen reinreden. Für das laufende
Jahr können nun zwei Mitarbeiter bezahlt werden, die sich redaktionell um
die Seite kümmern.
Die Webseite läuft nun zunächst als sogenannte Beta-Version, will heißen,
es ist noch nicht alles fertig. Vor allem soll die Karte voller werden.
Wöchentlich sollen zwei bis fünf neue Datensätze einfließen, als nächstes
etwa alle Orte, an denen „Stolpersteine“ verlegt sind, die an die
Deportation und Ermordung von Menschen in der NS-Zeit erinnern.
Matzat ermuntert Anti-rechts-Initiativen, Daten zum Projekt beizusteuern.
In Zukunft sollen etwa Blogbeiträge, die mit einem Ort markiert sind, in
der Karte verlinkt werden können. Ein Anreiz für Kooperationspartner: Sie
können die Karte in ihre eigene Webseite einbinden. Auch ein Recherche-Wiki
ist in Planung, in dem längere Texte einen Platz finden.
Fertig wird die Seite wohl nie, glauben die Macher. Weil sie technisch
immer weiter verbessert werden kann. Und vor allem, weil die Nazis weiter
aktiv sind.
18 Mar 2013
## LINKS
[1] http://www.rechtesland.de
[2] http://www.startnext.de/rechtesland
## AUTOREN
Sebastian Erb
## TAGS
Rechtsextremismus
Nazis
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Göttingen
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Schwerpunkt Rassismus
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Protest
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