# taz.de -- Verhafteter Salafist in Bonn: Der Beinahe-Polizist | |
> Einer der vier in Bonn gefassten mutmaßlichen Terroristen hätte beinahe | |
> im Oktober 2011 bei der Polizei in Bremen angefangen. | |
Bild: Beides geht nicht: Ein Polizist und ein mutmaßlicher Salafist bei einer … | |
BREMEN taz | Die Polizei Bremen bestätigte am Dienstag Berichte, nach denen | |
ein vor einer Woche in Bonn festgenommener mutmaßlicher Terrorist zum 1. | |
Oktober 2011 in den Bremer Polizeidienst aufgenommen werden sollte. „Er hat | |
im April 2011 eine Einstellungszusage bekommen, die ihm Ende September | |
wieder entzogen wurde“, sagte Polizeisprecher Henning Zanetti der taz. | |
Der Grund: Bei einer Personenüberprüfung nach seiner Zulassung habe sich | |
herausgestellt, dass Koray D. in Nordrhein-Westfalen als jemand bekannt | |
sei, der sich dort in einem extremistischen Milieu bewege, so Zanetti. | |
Dieser Verdacht hat sich erhärtet: Der Mann wurde vor einer Woche mit drei | |
weiteren Männern in Bonn festgenommen. Sie sollen sich „zu einer | |
konspirativen Gruppierung zusammengeschlossen haben, um aus einer | |
militant-islamistischen Einstellung heraus Sprengstoff- und | |
Schusswaffenanschläge auf Mitglieder der Partei Pro NRW zu verüben“, heißt | |
es in einer Mitteilung des Generalbundesanwalts. | |
Ausschlaggebend für die Bremer Polizei, ihre Zusage zurückzuziehen, war | |
Anfang September 2011 der Hinweis einer Behörde, die Waffenscheine | |
ausstellt: Danach soll Koray D. im Juli 2011 in Nordrhein-Westfalen einen | |
Antrag auf den Besitz einer halbautomatischen Schusswaffe zu Sportzwecken | |
gestellt haben. | |
Laut dem Bremer Polizeisprecher Zanetti behauptete er, dies sei eine | |
Einstellungsvoraussetzung für den Bremer Polizeidienst. „Er versuchte mit | |
einer Lüge Druck aufzubauen“, so Zanetti, damit sei er aus Polizeisicht | |
„charakterlich nicht geeignet“. Eine Einschätzung, die das Bremer | |
Verwaltungsgericht teilte, das über einen Widerspruch gegen die | |
Nichtzulassung zu entscheiden hatte. | |
Dieser Darstellung widerspricht Andreas Isselmann, Vorsitzender des | |
Schützenvereins Snipers Essen, in dem Koray D. ein Jahr trainiert hatte. | |
Danach hatte der Isselmann gefragt – „freundlich und höflich wie er war“… | |
wie lange der Antrag, der über den Landesverband an die zuständige | |
Polizeibehörde weitergereicht worden war, wohl noch brauchen würde. Und ob | |
sich dies beschleunigen ließe, weil er bald nach Bremen umziehen würde und | |
er nach einem Jahr einen neuen Antrag hätte stellen müssen, weil sein | |
Anspruch aus NRW verfallen wäre. | |
Dass er der Waffenschein-Behörde gesagt haben soll, Koray D. habe | |
fälschlich behauptet, er brauche die Waffe für den Polizeidienst, weist | |
Isselmann zurück. | |
## Keine gute Zusammenarbeit | |
Nach seiner Darstellung kann auch von einer „guten Zusammenarbeit mit der | |
Polizei in NRW“, wie Bremens Innensenator Ulrich Mäurer am Dienstag lobte, | |
keine Rede sein. Im September oder Oktober 2011 habe ihn der Staatsschutz | |
besucht, erzählt er. Erst von ihm hätte der erfahren, dass Koray D. in den | |
Polizeidienst eingestellt werden sollte. „Die sind fast vom Stuhl | |
gefallen.“ | |
Wie diese beiden Darstellungen zusammenpassen, ließ sich am Dienstag nicht | |
aufklären. Die Ermittlungsbehörden in Nordrhein-Westfalen äußern sich nicht | |
mehr, seitdem das Verfahren seit Montag beim Generalbundesanwalt liegt – | |
und der sagt gar nichts, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden. | |
Möglich ist, dass die Polizei bereits früher bei Isselmann – der sich an | |
genaue Zeitabläufe nicht mehr erinnern kann – war und sich die | |
Informationen zeitlich überschnitten. | |
Warum die Polizei Bremen den Mann aus über 2.000 Bewerbungen auf 100 | |
Stellen ausgewählt hatte – und ihn dann etwas genauer überprüfte als | |
andere, die nur ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen, wollte | |
der Bremer Polizeisprecher Zanetti nicht sagen. „Bestimmte Kriterien“ | |
würden dazu führen, dass in einigen Fällen bei anderen Polizeibehörden | |
nachgefragt würde. Welche Kriterien dies seien, wolle er nicht sagen. „Wir | |
wollen ja nicht, dass man sich darauf vorbereiten kann!“ | |
## Migrationshintergrund soll kein Grund gewesen sein | |
Schließlich habe die Polizei ein Eigeninteresse daran, Extremisten aus | |
ihren Reihen fernzuhalten. „Wir wollen Leute, die jederzeit die | |
freiheitliche Grundordnung verteidigen.“ Ein Migrationshintergrund, | |
versichert Zanetti, sei aber an sich kein Grund für eine besondere | |
Personenüberprüfung. | |
Trotz des aufwändigen Bewerbungsverfahrens mit Gruppen- und | |
Einzelgesprächen komme es immer wieder vor, dass erst während der | |
Polizei-Ausbildung – also nach der Zulassung – eine extremistische | |
Gesinnung oder eine psychische Labilität auffalle, sagt Zanetti. Im | |
vergangenen Jahr habe es einen Fall gegeben. | |
Unklar blieb, ob sich Koray D. noch in anderen Bundesländern bei der | |
Polizei beworben hat und wie lange und umfassend er observiert wurde. | |
Isselmann glaubt sich zu erinnern, dass der Staatsschutz gesagt habe, er | |
beobachte ihn seit mehreren Monaten. | |
19 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
Eiken Bruhn | |
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