# taz.de -- Feierverbote am Karfreitag: Alle müssen mitleiden | |
> Der Karfreitag bleibt ein „stiller Feiertag“. Wer sich nicht an die | |
> Feierverbote hält und von den Kirchen angezeigt wird, riskiert Strafen | |
> bis zu 10.000 Euro. | |
Bild: An diesem Tag soll niemand Spaß haben: Christen spielen den Mythos von J… | |
KÖLN taz | Der Monty-Python-Klassiker „Das Leben des Brian“ ist zwar kein | |
Dokumentarfilm, hat aber unbestreitbar einen hohen Erkenntniswert. Trotzdem | |
darf die Initiative „Religionsfrei im Revier“ den Film am Karfreitag in | |
Bochum nicht öffentlich zeigen. „Die Rechtslage ist eindeutig“, sagt | |
Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung. | |
Der Film ist nicht karfreitagstauglich, ergab die Prüfung durch die vom | |
Kultusministerium beauftragte Stelle, die FSK. Jetzt will die Initiative | |
den Film im privaten Kreis, aber außerhalb einer Wohnung zeigen. Auch das | |
erlaubt das NRW-Feiertagsgesetz jedoch nicht. Denn private Veranstaltungen | |
außerhalb der Wohnung sind am Karfreitag ebenfalls nicht gestattet. | |
„Das ist eine unzumutbare Bevormundung der Bürger und Bürgerinnen aus | |
religiösen Gründen“, sagt Rainer Ponitka, Sprecher des Internationalen | |
Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) in NRW. Der Karfreitag ist | |
in allen Bundesländern ein so genannter „stiller Feiertag“. Einschränkung… | |
des öffentlichen Lebens gibt es in der ganzen Republik. | |
In Bayern und Thüringen gibt es ein allgemeines Musikverbot. Das hessische | |
Feiertagsgesetz verbietet „öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel | |
sowie Aufzüge und Umzüge aller Art, wenn sie nicht den diesen Feiertagen | |
entsprechenden ernsten Charakter tragen“. In allen Bundesländern gilt ein | |
Tanzverbot. | |
Die Bestimmungen sind keineswegs in den Gesetzbüchern übrig gebliebene | |
Relikte, um die sich niemand mehr kümmert. Wer sich nicht an die Verbote | |
hält, muss je nach Bundesland eine Ordnungsstrafe bis zu 10.000 Euro | |
zahlen, wenn er erwischt oder angezeigt wird. Selten fühlen sich Nachbarn | |
oder Passanten gestört. „Wenn es zu Anzeigen kommt, gehen sie meistens von | |
der Kirche aus“, sagt IBKA-Sprecher Ponitka. | |
## Willkürliche Veranstaltungsverbote | |
Tanz- und Volksfestverbote am Karfreitag kommen für einige Berufsgruppen | |
wie Diskotheken- oder Karussellbetreiber einem Berufsverbot gleich. Doch | |
aus dieser Richtung erhalten die Religionsfreien, zumindest was den | |
Karfreitag angeht, wenig oder gar keine Unterstützung. „Wir würden uns ein | |
wenig Bewegung in dieser Sache wünschen“, sagt Stephan Büttner, | |
Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). Der | |
Verband will das Tanzverbot am Karfreitag nicht ganz abschaffen, sondern | |
bloß einschränken. „Ein guter Kompromiss wäre die Einschränkung des Verbo… | |
auf 6 bis 22 Uhr“, sagt er. „Dann bleibt die ungestörte Religionsausübung | |
möglich.“ | |
Wie weitgehend die Veranstaltungsverbote ausgelegt werden, ist mitunter | |
willkürlich. Im vergangenen Jahr mussten im bayerischen Weißenburg die | |
mittelfränkischen Schachmeisterschaften einen Tag früher beendet werden, | |
weil Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche gegen die | |
Denksportveranstaltung mobilmachten. | |
„Die Mitglieder haben das mit einem gewissen Unverständnis zur Kenntnis | |
genommen“, sagt Christian Kuhn, 1. Spielleiter des Bezirksverbands | |
Mittelfranken im Bayerischen Schachbund. Das Turnier findet traditionell in | |
der Woche vor Ostern und am Karfreitag statt, an wechselnden Orten. „Wir | |
hatten nie vorher Probleme“, sagt Kuhn. In diesem Jahr können die | |
Schachfreunde ihren Wettkampf unbehelligt am Karfreitag fortsetzen, in | |
Cadolzburg. | |
Ponitka, den Bochumer Religionsfreien und dem Bündnis „Hasenfest 2013“ wie | |
der Giordano-Bruno-Stiftung reicht das jedoch nicht. Unter dem Motto „Ich | |
lass dich beten – lass du mich tanzen!“ widersetzen sie sich mit Aktionen | |
und Veranstaltungen den Feiertagsverboten. „Wir fordern die Säkularisierung | |
des Feiertagsgesetzes“, sagt Ponitka. „Das heißt aber nicht, dass wir für | |
die Abschaffung der Feiertage sind.“ | |
28 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
## TAGS | |
Karfreitag | |
Religion | |
Bayern | |
NRW | |
Club | |
Karfreitag | |
Muslime | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Religionsfreiheit in Bayern: Let’s dance! | |
Das Tanzverbot am Karfreitag ist passé. Es geht um die Privilegien einer | |
Religion, der selbst in Bayern die Anhänger schwinden. | |
Verfassungsgericht zu Feiertagsschutz: Ein Heidenspaß | |
Tanzen als politischer Protest muss möglich sein. Es darf am Karfreitag | |
nicht grundsätzlich verboten sein, urteilt das Bundesverfassungsgericht. | |
Streit um NRW-Feiertagsgesetz: Im falschen Film | |
Die Stadt Bochum leitet ein Bußgeldverfahren gegen die Initiative | |
„Religionsfrei im Revier“ ein. Diese hatte am Karfreitag „Das Leben des | |
Brian“ gezeigt. | |
Gema vs. Clubs und Diskos: Tarifreform „nicht angemessen“ | |
Die Aufsichtsbehörde der Gema legt einen Vorschlag zum Tarifstreit mit | |
Clubs und Diskotheken vor. Alle Streitparteien lesen das Ergebnis anders. | |
Kommentar „Stiller Freitag“: Wer tanzen will, soll tanzen! | |
Feierverbot am Karfreitag? Zu einem toleranten Miteinander gehört es, dass | |
christliche Bräuche nicht der gesamten Bevölkerung aufgezwungen werden. | |
Muslime fordern gesetzliche Feiertage: CDU will lieber „traditionell“ feiern | |
Der Zentralrat der Muslime wünscht sich auch gesetzliche muslimische | |
Feiertage. Die Forderung löst bei der CDU altbekannte Reflexe aus. | |
Tanzverbot gelockert: Der einsame Kampf der CDU | |
Pferde dürfen rennen, Wetter zocken, Kirchenglocken läuten. Auch | |
Discobesucher dürfen an den „stillen Feiertagen“ demnächst ein wenig län… | |
ausgehen. | |
Säkularisierung in Bremen: Tanz den Jesus Christus | |
In Bremen wollen SPD und Grüne das Tanzverbot an Karfreitag und anderen | |
Feiertagen lockern. Kritik kommt von Christen und Gewerkschaftern, auch die | |
zum Teil stark protestantische SPD tat sich schwer. |