# taz.de -- Gema vs. Clubs und Diskos: Tarifreform „nicht angemessen“ | |
> Die Aufsichtsbehörde der Gema legt einen Vorschlag zum Tarifstreit mit | |
> Clubs und Diskotheken vor. Alle Streitparteien lesen das Ergebnis anders. | |
Bild: Die Gema kriegt Geld, der Spaß bleibt hier: Diskothek. | |
HAMBURG taz | Normalerweise genießt das Deutsche Marken- und Patentamt | |
(DPMA) selten die Aufmerksamkeit einer breiteren Öffentlichkeit. Momentan | |
ist das ein bisschen anders. Die DPMA ist auch die Aufsichtsbehörde der | |
nicht sonderlich populären Musikverwertungsgesellschaft Gema, und in dieser | |
Funktion hat sie einen am Donnerstag bekannt gewordenen Einigungsvorschlag | |
in einem erbittert geführten Streit vorgelegt. Es geht um die vor einem | |
Jahr von der Gema präsentierte Tarifreform zur Nutzung von Musik in Clubs | |
und Diskotheken. | |
Die Reform, die eine Vereinfachung des Systems, nämlich eine Reduzierung | |
der Tarife von elf auf zwei vorsieht, hatte 2012 für scharfe Proteste | |
gesorgt. Viele Discothekenbesitzer argumentierten, sie seien in ihrer | |
Existenz gefährdet, wenn die vereinheitlichte Tarifstruktur umgesetzt | |
werde. | |
Von einem drohenden Clubsterben war die Rede. Die Bundesvereinigung der | |
Musikveranstalter e.V., der auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband | |
(Dehoga) angehört, plädiert daher dafür, das alte Tarifsystem | |
beizubehalten. Derzeit gilt eine Übergangslösung. | |
Die Schiedsstelle der DPMA geht in ihrem 68 Seiten umfassenden Vorschlag | |
nun zwar teilweise mit der Gema ins Gericht. Die Tarifreform bedürfe der | |
„Korrektur", finden die drei Richter beispielsweise. Sie sagen aber auch: | |
„Es entspricht dem Sinn und Zweck von Tarifen, viele verschiedene | |
Sachverhalte pauschal zu erfassen. Eine zu weit gehende Staffelung würde | |
diesem Ziel entgegenstehen und komplizierte Individualrechnungen schaffen.“ | |
## Unterschiedliche Vergütungssätze | |
Diese differenzierte Haltung spiegelt sich auch in den unterschiedlichen | |
Vergütungssätzen wider, die die Schiedsstelle für Einzelfälle errechnet | |
hat. Mal ergibt sich gegenüber der bisherigen Regelung „eine deutliche | |
Entlastung der Veranstalter“, mal gilt das Gegenteil. Ersteres trifft für | |
eine „Tanzveranstaltung von kleiner bis mittlerer Größe" (Nutzfläche bis | |
300 qm, Eintritt 10 Euro) zu. Nach der alten Regelung waren in diesem Fall | |
bisher 271 Euro pro Veranstaltung fällig, gemäß der von der Gema | |
ausgearbeiteten Reform wären es 300 Euro. | |
Die Schiedsstelle hält 226 Euro für angemessen. Ein anderer Vorschlag | |
dürfte dagegen der Gema etwas besser gefallen: Bei einer Raumgröße von 500 | |
Quadratmetern und einem Eintrittspreis von 20 Euro flossen bisher 428 Euro | |
an die Verwertungsgesellschaft, der Einigungsvorschlag liegt bei 710 Euro. | |
Nach Vorstellungen der Gema sollen es allerdings 1.000 Euro sein. | |
Auch eine Härtefallregelung für schwach besuchte oder aus anderen Gründen | |
ertragsarme Veranstaltungen haben die Schiedsrichter ausgetüftelt: „Sofern | |
der Veranstalter den Nachweis erbringt, dass die Bruttoeinnahme aus der | |
Veranstaltung im Einzelfall in grobem Missverhältnis zur Höhe der | |
Pauschalvergütungssätze für die Musiknutzung steht“, müsse neu berechnet | |
werden, sagen sie. | |
## Neue Verhandlungen stehen an | |
Vor allem ist die Schiedsstelle des Patentamts der Ansicht, dass | |
„Veranstaltungen von mittlerer Größe“ bessere Regelungen verdient haben a… | |
es die Gema vorsieht. In dieser Hinsicht sei deren Tarifreform „nicht | |
angemessen“. Gänzlich vergütungsfrei sein sollen „Musikaufführungen von | |
Wandermusikern“ und Hochzeitsfeiern, sofern sie „nicht durch Firmen oder | |
Medien gesponsert“ sind. | |
Wie so oft in solchen Fällen, interpretieren die beteiligten Parteien den | |
Richterspruch sehr unterschiedlich: Die Schiedsstelle habe „das zentrale | |
Anliegen der Tarifreform bestätigt“, meint Gema-Vorstandsmitglied Georg | |
Oeller. Die Bundesvereinigung der Musikveranstalter frohlockt dagegen, die | |
Schiedsstelle habe der Tarifreform der Verwertungsgesellschaft eine „klare | |
Absage“ erteilt. | |
Dass er das Ganze mit gemischten Gefühlen sieht, kann Ernst Fischer, sowohl | |
Präsident der Dehoga als auch Vorsitzender der Bundesvereinigung, dann aber | |
doch nicht verbergen: Man freue sich „über Entlastungen kleiner | |
Veranstaltungen“, sei aber „doch sehr verwundert über die zum Teil sehr | |
deutlichen Erhöhungen in den Tarifen für Einzelveranstaltungen sowie für | |
Musikkneipen, Clubs und Discotheken“. | |
Der Schiedsspruch ist ein wichtiger Zwischenschritt in einer langwierigen | |
Debatte. Auf Basis des DPMA-Vorschlags nehmen die Beteiligten nun wieder | |
Verhandlungen auf. | |
18 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
René Martens | |
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