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# taz.de -- Clubkultur in Berlin: Kompromiss mit Konfliktpotenzial
> Im Streit um die Tarifreform der Gema gibt es einen Kompromissvorschlag.
> Den finden viele Berliner Clubs nicht akzeptabel. Sie erwägen neue
> Proteste.
Bild: Wer hören will, muss zahlen.
BERLIN taz | Die umstrittene Gema-Tarifreform geht in eine neue Runde. Am
Donnerstag hat die Schiedsstelle über die Wahrnehmung von Urheberrechten
des Deutschen Patent- und Markenamtes ihren Kompromiss für die Reform
veröffentlicht.
Demnach werden viele von der Gema vorgeschlagene Punkte wieder kassiert und
zum Beispiel die teilweise über tausendprozentigen Erhöhungen deutlich
gesenkt. Trotzdem soll ein durchschnittlich großer Club 55 Prozent mehr
Gema-Gebühren zahlen, größere Clubs tendenziell noch mehr.
Die Schiedsstelle war eingeschaltet worden, nachdem sich die Gema und die
Bundesvereinigung der Musikveranstalter im letzten Jahr nicht auf eine
Reform einigen konnten. Ohne eine solche Einigung darf die Gema aber ihre
Reform nicht einfach durchsetzen.
Olaf Möller, Vorsitzender der Berliner Clubcommission, in der viele Clubs
organisiert sind, sind 55 Prozent jedoch immer noch zu viel: „Bei normalen
Tarifverhandlungen unterhält man sich über fünf bis zehn Prozent Erhöhung
auf Basis der alten Tarife. Alles, was darüber hinausgeht, fühlt sich nicht
richtig an.“
## „Echt zum Kotzen“
Während die Gema mit dem Kompromissvorschlag „gut leben“ könne, wie deren
Sprecherin Gaby Schilcher sagt, will die Clubcommission den 68 Seiten
langen Schiedsspruch in den folgenden Wochen prüfen und ihre Mitglieder
befragen, wie weiter vorgegangen werden soll. Danach, deutet Olaf Möller
an, könnte es auch wieder Proteste geben: „Wenn alle sagen, das ist Mist,
dann müssen wir aufstehen und dagegen vorgehen.“
Eine andere Form des Protests zieht Maarten de Jonge in Erwägung: „Dann
lassen wir halt mehr Sachen im Untergrund laufen – nicht in unseren Clubs,
sondern woanders“, sagt der 44-Jährige, der das Zur Möbelfabrik in Mitte
und das Brunnen 70 in Wedding betreibt. Und fügt hinzu: „Die Art und Weise
der Gema ist echt zum Kotzen.“
Dass die Clubs so ablehnend auf den Kompromissvorschlag reagieren, hängt
auch damit zusammen, dass sie seit Beginn dieses Jahres bereits mehr an die
Gema zahlen müssen: Seit dem 1. Januar werden fünf Prozent mehr fällig,
seit dem 1. April nochmal zehn Prozent mehr. Diese Regelung wiederum ist
Teil eines Kompromisses, den die Gema Ende vergangenen Jahres gemeinsam mit
der Bundesvereinigung der Musikveranstalter ausgehandelt hatte.
Großen Protest gegen diese Erhöhungen gab es bei den Berliner Clubs
allerdings nicht. Dabei sei die finanzielle Lage in vielen Clubs schon
zuvor angespannt gewesen, sagt etwa eine Mitarbeiterin des Kreuzberger
SO36. Den Eintritt oder Preise für Getränke erhöhen wolle man aber trotzdem
nicht: „Es ist uns wichtig, dass die Menschen am kulturellen Leben
teilhaben können.“ Außerdem hätten viele Gäste des SO36 einfach nicht so
viel Geld – würde man die höheren Kosten also an die Kunden weitergeben,
könnte die Besucherzahl schnell sinken.
Anders die Lage beim Watergate: Der Club an der Spree, der für seine große
Terrasse und seine ähnlich großen Preise bekannt ist, hat mit der bereits
geschehenen Erhöhung weniger Probleme. „Aber das Geld, das uns jetzt
zusätzlich genommen wird, müssen wir uns beim Kunden wiederholen“, so
Watergate-Geschäftsführer Steffen Hack. Ihn stört vor allem die Verteilung
der Gema-Einnahmen: „Wir zahlen in einen Topf, der nicht transparent ist.
Das ist nicht hinnehmbar.“
Der großen Mehrheit der Clubs geht es wie Maarten de Jonge vom Zur
Möbelfabrik. „Wir bewegen uns im Low-Budget-Bereich, da ist der Preisdruck
groß“, berichtet er. Gerade die Vielfalt an Clubs setze die Betreiber unter
Druck. Schließlich könne man einfach in den nächsten Club, wenn man in
einen anderen nicht reinkommt oder reinwill. Der gemeine Clubgänger kann
also aufatmen und muss in den meisten Fällen wohl vorerst nicht tiefer in
die Tasche greifen.
22 Apr 2013
## AUTOREN
Klaas-Wilhelm Brandenburg
## TAGS
Gema
Clubkultur
Mietenwahnsinn
90er Jahre
Clubsterben
Schwerpunkt Urheberrecht
Club
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