# taz.de -- Studie zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Das weiße Gift | |
> Weltweit starben 2010 rund 2,3 Millionen Menschen an | |
> Herz-Kreislauf-Erkrankungen wegen zu viel Speisesalz. Auch die Deutschen | |
> essen zu viel davon. | |
Bild: Brot und Salz, Gott ... | |
BERLIN taz | Millionen Menschen sterben einer Studie zufolge jedes Jahr, | |
weil sie zu viel Salz gegessen haben. Allein im Jahr 2010 verursachte | |
Salzkonsum weltweit 2,3 Millionen Todesfälle durch | |
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dies gab der Hauptautor, Dariush Mozaffarian | |
von der US-Universität Harvard, anlässlich eines Kongresses der American | |
Heart Association bekannt. | |
40 Prozent der Opfer – fast eine Million Menschen – waren jünger als 70 | |
Jahre. Bei 42 Prozent führte ein Herzinfarkt, bei 41 Prozent ein | |
Schlaganfall zum Tod. Für die Studie haben die Forscher einer | |
Pressemitteilung zufolge 247 Untersuchungen aus 50 Ländern zum Salzkonsum | |
ausgewertet. Aus den Daten haben sie die Todeszahlen hochgerechnet. | |
„Was die Autoren betrifft, habe ich keine Zweifel, dass die Zahlen und | |
Schlussfolgerungen Hand und Fuß haben“, sagte [1][Achim Bub], | |
Ernährungsmediziner an der bundeseigenen Forschungseinrichtung | |
Max-Rubner-Institut, der taz. Es gebe genügend Belege dafür, dass eine | |
höhere Salzaufnahme den Blutdruck ansteigen lassen und somit | |
Herzerkrankungen begünstigen kann. | |
Auch in Deutschland wird zu viel Salz gegessen. Die renommierte | |
[2][Deutsche Gesellschaft für Ernährung] (DGE) rät Erwachsenen, | |
[3][höchstens 6 Gramm Kochsalz pro Tag] zu sich zu nehmen. Doch die | |
Befragung [4][„Nationale Verzehrsstudie II“] des Rubner-Instituts zeigt: 58 | |
Prozent der Frauen und sogar 86 Prozent der Männer liegen über dieser | |
Grenze. Die Hälfte der Männer etwa isst mehr als 9 Gramm. | |
Verantwortlich dafür ist vor allem unser täglich Brot: Laut Verzehrsstudie | |
liefern Brot und Brötchen den größten Teil der Salzzufuhr: bei Frauen 27 | |
und bei Männern 28 Prozent. Fleisch und Wurstwaren sind mit 15 | |
beziehungsweise 21 Prozent, Milchprodukte und Käse mit 10 bis 11 Prozent | |
dabei. Das Nachsalzen am Tisch spielt für den Gesamtkonsum keine große | |
Rolle. | |
## Zwei Drittel der Tagesdosis | |
Üblicherweise bestehen rund 1,0 bis 1,4 Prozent eines Brotes aus Salz. Die | |
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen fand bei einer Stichprobe im Sommer | |
2012 geschnittenes Brot aus der Industriebäckerei, das pro 50-Gramm-Scheibe | |
bis zu 1 Gramm Salz enthielt: Wer täglich drei bis vier Scheiben von | |
abgepacktem Brot aus dem Supermarkt oder vom Discounter verzehrt, nimmt mit | |
dieser Menge bereits zwei Drittel der empfohlenen Tagesdosis an Salz zu | |
sich – den Anteil in Wurst und Käse noch nicht mitgerechnet. | |
Fertigprodukte wie Pizza oder Knabbergebäcke wie Salzstangen haben meist | |
viel mehr. Doch weil von diesen Produkten in der Regel weniger gegessen | |
wird, ist auch ihr Anteil an der Salzzufuhr geringer als der von | |
Grundnahrungsmitteln wie Brot. | |
Dennoch weigern sich zum Beispiel die Industriebäckereien, ihren Produkten | |
weniger Salz beizumischen. Der Verband der Deutschen Großbäckereien, dessen | |
Mitglieder etwa Supermärkte wie Aldi oder Rewe beliefern, schiebt die | |
Schuld auf die kleinen handwerklichen Bäckereien. | |
Hauptgeschäftsführer Armin Juncker: „Wenn wir einseitig ohne das | |
Bäckerhandwerk eine deutliche Salzreduktion vornähmen, laufen wir Gefahr, | |
dass der Verbraucher sagt: Guck mal, das Brot schmeckt nicht. Da gehe ich | |
lieber zum Handwerksbäcker, da ist ordentlich Salz drin.“ Die kleinen | |
Bäckereien wollten aber nicht – erst wenn sie mitmachten, würden auch die | |
Industriebetriebe weniger Salz nutzen. | |
## Selbstverpflichtung der Branche | |
Tatsächlich befürchtet der [5][Zentralverband des Deutschen | |
Bäckerhandwerks] seinem Hauptgeschäftführer Amin Werner zufolge, dass die | |
Leute insgesamt weniger Brot kaufen würden, wenn es weniger Salz enthielte. | |
„Wenn Sie den Salzgehalt auf ein einheitliches Level reduzieren, reduzieren | |
Sie den Geschmack.“ Die, die dennoch Brot kauften, würden dann zu Butter | |
mit mehr Salz greifen. Deshalb lehne der Zentralverband auch die Forderung | |
des Bundesverbraucherministeriums nach einer Selbstverpflichtung der | |
Branche ab, den Salzgehalt auf maximal 1,2 Prozent des Endprodukts zu | |
senken. | |
Das Bundesforschungsinstitut für Risikobewertung dagegen [6][verweist] auf | |
mehrere Studien, wonach Probanden eine stufenweise Senkung des Salzgehaltes | |
in verarbeiteten Lebensmitteln bis um ein Viertel nicht als | |
Geschmackseinbuße empfinden. Je nach Dosis hätten sie es noch nicht einmal | |
bemerkt. Skandinavische Länder oder Großbritannien zum Beispiel haben laut | |
Zentralverband einfach gesetzliche Grenzwerte für Salz erlassen. Doch davon | |
ist die deutsche Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) weit entfernt. | |
27 Mar 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.mri.bund.de/en/de/institute/physiologie-und-biochemie-der-ernaeh… | |
[2] http://www.dge.de/ | |
[3] http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=933 | |
[4] http://www.mri.bund.de/no_cache/de/startseite/salz.html | |
[5] http://www.baeckerhandwerk.de/ | |
[6] http://www.bfr.bund.de/de/a-z_index/salz-31180.html | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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