| # taz.de -- Kommentar Arbeitslosenzahlen: Die ungerührten Deutschen | |
| > Bei der Arbeitslosigkeit ist Europa tief in Nord und Süd gespalten. Und | |
| > die Schere öffnet sich immer weiter. Das wird sich politisch rächen. | |
| Bild: Ja, was? Ist die Krise. | |
| Es kommt auf die Deutschen an. Sie werden entscheiden, ob der Euro | |
| überlebt. Dies ist die ganz klare Botschaft, die sich aus den | |
| [1][europäischen Arbeitslosenzahlen] herauslesen lässt. | |
| Denn diese Zahlen präsentieren ein gespaltenes Europa, in dem der Norden | |
| auf die Vollbeschäftigung zustrebt, während der Süden ständig weiter | |
| verarmt. Inzwischen sind in Griechenland und Spanien über 26 Prozent | |
| arbeitslos, von den Jugendlichen hat mehr als die Hälfte keinen Job. | |
| Und dies sind nur die offiziellen Statistiken, die chronisch dazu neigen, | |
| die Wirklichkeit zu schönen. Die tatsächlichen Arbeitslosenquoten dürften | |
| deutlich höher liegen. | |
| Im Süden müssen ganze Generationen erkennen, dass sie keine Zukunft haben. | |
| Das wird sich politisch rächen. In allen Südländern sind die etablierten | |
| Parteien verbraucht oder bereits zugrunde gegangen, Italien wird nicht der | |
| letzte Eurostaat bleiben, der auf die Unregierbarkeit zusteuert. | |
| Die Wähler im Süden handeln sogar konsequent, wenn sie bei der Wahl | |
| protestieren und damit Chaos stiften. Auf ihre Regierungen kommt es sowieso | |
| nicht mehr an, denn faktisch werden sie bereits aus Deutschland regiert. | |
| Hier werden die Bedingungen diktiert, die für die Rettungsprogramme zu | |
| erfüllen sind. | |
| Doch wie die neuesten europaweiten Arbeitslosenzahlen zeigen, wird | |
| Deutschland seiner Verantwortung nicht gerecht. Statt den Südländern zu | |
| helfen, werden sie in die Armut gestürzt. Was noch schlimmer ist: Bisher | |
| bleiben die Deutschen völlig ungerührt. Ihnen reicht es, dass sie selbst | |
| nicht in der Krise stecken. | |
| Ansonsten fällt Regierung und Teilen der SPD nur ein, dass die Südländer | |
| eben auch eine „Agenda 2010“ benötigen. Dieser Ratschlag ist aber nicht nur | |
| erschütternd selbstherrlich, sondern vor allem naiv: Die Südländer haben | |
| bereits Kürzungsprogramme hinter sich, gegen die die Agenda 2010 ein Witz | |
| war. | |
| Doch reines Sparen bringt eben nichts, was sich übrigens bereits bei der | |
| Agenda 2010 studieren ließ. Die rot-grünen Kürzungsprogramme haben in | |
| Deutschland eine Wirtschaftsflaute provoziert, die erst endete, als 2005 | |
| die neugewählte Kanzlerin Merkel schlau genug war, auf weitere | |
| Sparprogramme zu verzichten. | |
| So bizarr es ist: Merkels Opportunismus ist die letzte Hoffnung, die den | |
| Südländern noch bleibt. Sollte die Eurokrise nämlich auch Deutschland | |
| erreichen, kann man sicher sein, dass die Kanzlerin in typischer | |
| Merkel-Manier die taktische Kehrtwende vollzieht und Konjunkturprogramme | |
| für ganz Europa auflegt. | |
| Es mag zynisch klingen, aber es wäre eine gute Nachricht für die Eurozone, | |
| wenn die Arbeitslosigkeit in Deutschland wieder steigen würde. | |
| 2 Apr 2013 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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