# taz.de -- Piraten-Gutachten unter Verschluss: Karriere geht vor Transparenz | |
> Der Landesvorstand in NRW hielt ein Gutachten geheim, das die | |
> Listenaufstellung zur Bundestagswahl für rechtswidrig erklärte. Nun gibt | |
> es heftigen Streit darüber. | |
Bild: Aufstellung der Kandidatenliste auf dem Parteitag in Meinerzhagen. | |
KÖLN taz | Bei den Piraten an Rhein und Ruhr herrscht dicke Luft. Es gibt | |
heftigen Streit um die Listenaufstellung für die Bundestagswahl. Der | |
Landesvorstand steht schwer unter Beschuss, weil er ein kritisches | |
Gutachten über die Rechtmäßigkeit der Versammlung Ende Januar | |
zurückgehalten hat. Aus egoistischen Gründen seien Parteiprinzipien | |
verraten worden, kritisieren mehrere Landtagsabgeordnete der Partei. | |
In dem selbst vom Vorstand der [1][NRW-Piraten] in Auftrag gegebenen | |
Gutachten heißt es, die Kandidatenaufstellung sei rechtswidrig, da die | |
Einladungsfrist nicht eingehalten worden sei. Deshalb wird in dem Schreiben | |
vom 22. Januar empfohlen, die Wahl der Liste zu verschieben. | |
Doch der Vorstand folgte der Empfehlung nicht und hielt das Gutachten | |
geheim. Als wäre nichts gewesen, fand am darauffolgenden Wochenende die | |
Wahlkonferenz im sauerländischen Meinerzhagen statt. | |
Das sorgt jetzt für Empörung. Der Landtagsabgeordnete und Ex-Landeschef | |
[2][Michele Marsching] spricht von einem „Verrat“ an den eigenen Idealen. | |
Schließlich gehöre zu den obersten Grundätzen der Piraten die Forderung | |
nach Transparenz. | |
Es enttäusche ihn, „dass kein Vorstandsmitglied den gesunden | |
Menschenverstand oder die Eier hatte, dieses Gutachten offen zu legen“. | |
Hier hätten „Personen ihre Karriere und ihr eigenes Wohl über die Ziele des | |
Amtes gestellt, in das sie gewählt wurden“. | |
## Unterschiedliche Bewertungen | |
Treibende Kraft, das Gutachten nicht zu veröffentlichen, war der | |
kommissarische Politische Geschäftsführer [3][Alexander Reintzsch]. Das | |
geht aus einem internen E-Mail-Protokoll hervor. Darin plädiert der | |
Softwareentwickler dafür, die Rechtslage „aus politischen Gründen anders“ | |
zu bewerten als der Gutachter. | |
Außerdem empfiehlt er: „Das Gutachten sollte erstmal unter Verschluss | |
bleiben.“ Denn seine Veröffentlichung würde „uns, der Partei und allen | |
Beteiligten das Leben in den nächsten Monaten nicht leichter machen“. | |
Reintzsch, auf Platz 10 gewählt wurde, habe egoistische Interessen | |
verfolgt, kritisiert der Landtagsabgeordnete [4][Daniel Düngel]. Es sei ihm | |
offenkundig darum gegangen, seine Chancen auf einen aussichtsreichen | |
Listenplatz nicht zu schmälern. | |
## Rücktritt gefordert | |
Bei sofortiger Veröffentlichung wäre er nicht auf die Liste gekommen, so | |
Düngel, der Versammlungsleiter in Meinerzhagen war, in seinem Blog. „Hier | |
lag also ein unmittelbar persönliches Interesse vor, dass Gutachten zu | |
verschleiern.“ Düngel fordert den Rücktritt. | |
Der auf Platz 2 gekürte renommierte Rechtsanwalt [5][Udo Vetter] sieht die | |
Angelegenheit gelassener. Zwar sei die Nichtveröffentlichung des Gutachtens | |
ein Fehler gewesen. Aber größere Auswirkungen habe er nicht. Bisher habe es | |
noch keine Anfechtungen gegeben, die mit der Einladungsfrist begründet | |
waren. | |
„Es hat sich also noch keiner in seinen Rechten verletzt gefühlt.“ Die | |
juristische Expertise halte er ohnehin für unzutreffend. Der Verstoß gegen | |
die Ladungsfrist sei denkbar marginal. „Ergebnis: unerfreulich, aber kein | |
Grund zur Panik“, konstatiert Vetter. | |
2 Apr 2013 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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