# taz.de -- Vetternwirtschaft bei der CSU: Familienfreundliches Bayern | |
> Jeder fünfte CSU-Abgeordnete im bayerischen Landtag hat Ehepartner oder | |
> Kinder auf seiner Gehaltsliste. Die SPD spricht von einem „meterdicken | |
> Filz“. | |
Bild: Top-Arbeitskraft, bald ohne Job: Die Ehefrau von Bayerns CSU-Kultusminist… | |
BERLIN taz | Die Söhne kümmern sich um die Computer im Büro, die Frau macht | |
am Mittwoch Telefondienst. Dafür gibt's dann mal 400 Euro, mal mehr. | |
Bezahlt aus öffentlichen Gelder. Bayern – Land der Familienfreundlichkeit. | |
Insgesamt 17 Abgeordnete im Landtag beschäftigen Verwandte ersten Grades: | |
Ehefrauen, Ehemänner, Töchter und Söhne. Alle sind in der CSU. Dass | |
Parlamentarier ihre Partner oder Kinder als Mitarbeiter aus Steuergeldern | |
bezahlen ist im Bundestag sowie in allen anderen Landesparlamenten | |
verboten. | |
Ans Licht kam diese bayerische Vetternwirtschaft durch den | |
Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim. Er veröffentlichte unlängst das | |
Buch [1][„Die Selbstbediener“], in dem er unter anderem aufzeigte, dass | |
Bayerns Politiker mehr als alle andern verdienen. Am Rande erwähnte er | |
auch, dass aufgrund einer Ausnahmeregelung bayerische Landtagsabgeordnete | |
noch heute enge Verwandte beschäftigen. | |
Seit 2000 ist es den Parlamentariern eigentlich verboten Ehepartner und | |
Kinder als Mitarbeiter zu führen. Doch der Landtag gestattete es ihnen | |
damals bestehende Beschäftigungsverhältnisse auf unbestimmte Zeit | |
fortzuführen. Diese Altfälle sind jetzt durch die Buchveröffentlichung in | |
den Fokus gerückt. | |
Unter den 17 Abgeordneten finden sich zahlreiche CSU-Größen und | |
Kabinettsmitglieder. Etwa Kultusminister Ludwig Spaenle. Seine Frau bekamt | |
bislang 1.000 Euro im Monat für ihre Mitarbeit im Büro – 19 lange Jahre. | |
Jetzt kündigte er an, ihr zum Ende des Monats zu kündigen. Einen | |
Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung sieht er nicht. „Das läuft | |
jetzt einfach aus", erklärte er am Freitag. | |
Der bayerische Landtag gab am Freitag eine Liste mit den Namen der 17 | |
Abgeordneten heraus, die Ehepartner oder Kinder im Jahr 2012 beschäftigten. | |
Darunter sind zwei weitere Kabinettsmitglieder: Franz Pschierer | |
(Finanzstaatssekretär) und Gerhard Eck (Innenstaatssekretär). Eck erklärte | |
gegenüber der [2][Süddeutschen Zeitung] (SZ), er beschäftige seine Frau für | |
Überbrückungs- und Aushilfstätigkeiten. Dafür bekomme sie etwa 750 Euro | |
netto im Monat. Auch CSU-Fraktionschef Georg Schmid bestätigte, dass seine | |
Frau als eine von vier Angestellten im Büro arbeite. Wieviel sie verdient, | |
wollte er nicht öffentlich machen. | |
## Kinderarbeit seit 2000 | |
In Bayern stehen den Abgeordneten neben ihren üppigen Diäten von 7244 Euro | |
und einer Kostenpauschale von 3282 Euro weitere 7524 Euro monatlich zur | |
Verfügung, die sie für ihr Personal ausgeben können. Rechenschaft müssen | |
sie darüber nicht ablegen. | |
Heraus sticht ein weiterer Fall: Georg Winter, Chef des | |
Haushaltsausschusses. Seine Ehefrau sowie beide Söhne arbeiteten für ihn. | |
Die Frau betreute seit 1990 das Telefon an jedem Mittwoch, dafür bekam sie | |
400 Euro monatlich. „Sie ist im Urlaub eingesprungen und am Abend“, sagte | |
Winter der taz. | |
Pikanter ist, dass seine beiden Söhne bis Ende 2012 ebenfalls öffentliche | |
Gelder bekamen. Rund 200 Euro im Monat, weil sie sich um die Computer | |
kümmerten. Winter hatte sie im Dezember 2000, bevor das Verbot in Kraft | |
trat, noch schnell als Mitarbeiter angemeldet, damals waren sie 13 und 14. | |
Eigenartig findet er daran nichts. „Ich habe mit drei angefangen zu | |
arbeiten, in der Landwirtschaft", erklärte er. | |
## Das CSU-Geschmäckle | |
Heftige Kritik an der bayerischen Vetternwirtschaft kommt von der SPD. „Die | |
CSU-Abgeordneten beschädigen damit den Ruf der Politik insgesamt“, sagte | |
SPD-Fraktionschef Markus Rindersbacher der taz. „Die Fälle zeigen, dass die | |
demokratische Hygiene in der CSU nicht funktioniert. Die Partei regiert | |
seit 56 Jahren in Bayern und der Filz ist meterdick und unübeschaubar“, so | |
Rindersbacher. | |
Auch Hans Herbert von Arnim, dessen Buch die Debatte angestoßen hatte, | |
sieht die Fälle kritisch. „Vetternwirtschaft ist seit Alters anrüchig, hat | |
schon immer ein Geschmäckle“, sagte er der taz. Es werfe ein ganz | |
schlechtes Licht auf auf die bayerische Politikfinanzierung, wenn es in | |
Bayern offiziell erlaubt sei. | |
CSU-Parteichef Horst Seehofer wurde jetzt von den öffentlichen Debatte in | |
Bayern im Jahr der Landtagswahl aufgeschreckt. Gegenüber der [3][SZ] | |
erklärte er: „Mir war das bislang unbekannt“. Nun wolle er die Regelung, | |
enge Familienangehörige beschäftigen zu können, abschaffen. Sie sei | |
gegenüber der Öffentlichkeit nicht mehr begründbar. | |
19 Apr 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.randomhouse.de/Paperback/Die-Selbstbediener-Wie-bayerische-Polit… | |
[2] http://www.sueddeutsche.de/bayern/politiker-beschaeftigen-ehefrauen-familie… | |
[3] http://www.sueddeutsche.de/bayern/debatte-um-bezahlung-fuer-familienmitglie… | |
## AUTOREN | |
Paul Wrusch | |
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