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# taz.de -- Gewerkschafter gegen Tarifverträge: Leiharbeit mit Spaltpotenzial
> Linke Gewerkschafter fordern von ihren Organisationen, keine
> Tarifverträge in der Zeitarbeit mehr abzuschließen. Dann bekämen die
> Mietarbeiter endlich gleiche Löhne.
Bild: Mitarbeiter von Mercedes Benz protestieren im Februar 2011 für gleiche L…
BERLIN taz | Gewerkschafter machen Werbung gegen Tarifverträge – das gibt
es nicht jeden Tag. Initiiert vom Stuttgarter Anti-Krisen-Bündnis fordern
nun aber linke Gewerkschaftssekretäre, Betriebsräte, Aktivisten und der
Linksparteichef Bernd Riexinger, dass der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB)
keinen neuen Tarifvertrag für die Leiharbeit abschließt.
Das Kalkül: Dann hätten die rund 750.000 Leiharbeiter Anspruch auf den
gleichen Lohn wie Stammbeschäftigte. Derzeit sehen die Tarifverträge eine
Untergrenze von 8,19 Euro Stundenlohn im Westen und 7,50 Euro im Osten vor.
Für die Leiharbeit gilt ein sonderbares Konstrukt. Sofern der Tarifvertrag
nichts anderes vorschreibt, müssen die Arbeitgeber den Beschäftigten den
gleichen Lohn (equal pay) bezahlen wie ihren Stammkräften. „Eine
Schlechterstellung durch Tarifverträge ist nicht im Interesse der
Gewerkschaftsmitglieder“, argumentieren darum die Initiatoren der Kampagne
[1][schluss-mit-leiharbeit.tk].
Der Zeitpunkt ist günstig. Denn seit Mitte März verhandeln nicht nur die
DGB-Gewerkschaften mit den Arbeitgeberverbänden der Leiharbeit über einen
neuen Tarifvertrag. Ende März wurde auch klar: Es droht vorerst keine
Gefahr mehr von christlichen Gewerkschaften, die in der Vergangenheit
Dumpingverträge für Leiharbeiter abschlossen.
## Leiharbeit ist in Verruf geraten
Die eine, die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit
(CGZP), sei keine Gewerkschaft, urteilte Ende 2010 das
Bundesarbeitsgericht. Die andere, die Christliche Gewerkschaft Metall
(CGM), hat das Geschäftsfeld Leiharbeit aufgegeben. Die Geschäftspraxis ist
in Verruf geraten.
Der DGB werde aber wohl weiterhin Tarifverträge abschließen, mutmaßte
CGM-Bundesvorsitzende Adalbert Ewen. Und fügte süffisant hinzu: „Warum
eigentlich? Wir fallen doch jetzt als Ausrede weg.“
Doch sieht es nicht danach aus, als würde sich der DGB, unter dessen Dach
Ver.di und die IG Metall für die Branche verhandeln, auf einen tariflosen
Zustand einlassen. Mancher Organisierte vermutet, dass seine Gewerkschaft
eine gewisse Zahl von billigen Leiharbeitern als Flexibilitätspuffer und
Standortvorteil für die deutsche Exportindustrie liebgewonnen hat.
Die Gewerkschaftsspitze will in den Verhandlungen, die diesen Montag
weitergehen, mindestens 8,50 Euro, ein Jahr später 9 Euro Stundenlohn
herausholen. Käme kein neuer Vertrag zustande, wäre ab November auch der
daran gekoppelte branchenweite Mindestlohn passé.
## Polen könnten für 3 Euro arbeiten
Leiharbeitsfirmen mit Sitz in Polen könnten ihre Arbeitskräfte für 3 oder 4
Euro nach Deutschland schicken, fürchtet Ver.di-Sprecher Christoph Schmitz.
„Gelbe“, also arbeitgeberfreundliche Gewerkschaften könnten „rasch wieder
aktiv werden“.
Beim DGB betont man zudem, dass die Branchenzuschläge, die mittlerweile für
Metall- und Elektro-Leiharbeiter und in einigen Dienstleistungen gelten, an
die Tarifverträge gekoppelt seien. Für die Träger der Kampagne ist das eine
Ausrede.
„Mit equal pay bekämen die Leiharbeiter nach unseren Informationen trotzdem
mehr“, so Ver.di-Mitglied Kornelia Lopau. Auch der Jurist Wolfgang Däubler
empfiehlt den Ausstieg aus den Tarifverträgen. „Selbst für Leiharbeiter aus
Polen müsste dann equal pay gelten.“ Däubler glaubt nicht, dass es
arbeitsrechtliche Probleme geben könnte.
Denn anders als bei „normalen“ Tarifverträgen würde beim Sonderfall
Leiharbeit ein gekündigter Tarifvertrag nicht nachwirken. Equal pay stünde
damit nichts im Weg. Immerhin: Wegen der Proteste wollen die Gewerkschaften
die juristischen Details nun noch einmal prüfen.
22 Apr 2013
## LINKS
[1] http://schluss-mit-leiharbeit.tk
## AUTOREN
Eva Völpel
Eva Völpel
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Equal Pay
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