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# taz.de -- Das neue Geschäftsmodell der Telekom: Tschüss, Flatrate
> Wer mit der Telekom viel online geht, steht bald vor der Entscheidung:
> teurer oder langsamer. Muss die Netzneutralität gesetzlich verankert
> werden?
Bild: Beim Internetzugang will die Telekom ein neues geldbeutelabhängiges Mehr…
BERLIN taz | Zum Beispiel eine Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr.
Der Kunde zahlt einmal und fährt, sooft und solange er will. Bislang. In
Zukunft soll nach 75 Fahrten Schluss sein – wer öfter den Bus braucht, wird
noch einmal zur Kasse gebeten.
So sehen Kritiker einen Vorstoß, den die Deutsche Telekom diese Woche
gemacht hat. Das Unternehmen will die Internetnutzung von Flatrate-Kunden
begrenzen. Im kleinsten Tarif wird der Anschluss beispielsweise ab 75
heruntergeladenen Gigabytes so langsam, dass sich gerade noch E-Mails ohne
Anhänge verschicken lassen, viel mehr aber auch nicht.
75 Gigabyte, das sind, so rechnet es die Telekom vor, 16 Stunden
Online-Gaming, zehn Filme in normaler und drei in hoher Qualität, dazu 60
Stunden Radio übers Internet und 400 Fotos. Und der durchschnittliche Kunde
verbrauche gerade mal 15 bis 20 Gigabyte. Doch Kunden und
Verbraucherschützer toben, [1][eine Petition des Abiturienten Malte Goetz]
fand innerhalb weniger Tage gut 50.000 Unterstützer.
„Die Telekom macht hier einen Schritt in eine Richtung, den so noch keiner
gegangen ist“, sagt Lina Ehrig, Referentin für Telekommunikation beim
[2][Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv)].
Sie kritisiert vor allem zwei Punkte. Erstens: mangelnde Transparenz.
„Einschränkungen in Tarifen tauchen oft im Kleingedruckten auf“, sagt
Ehrig. Es könne also passieren, dass dem Verbraucher gar nicht klar sei,
auf was er sich einlasse. Auch wenn es die Einschränkung zunächst nur auf
dem Papier gibt. Kunden, die ab dem kommenden Donnerstag einen Vertrag
abschließen, unterschreiben die Klausel.
„Wir gehen bisher davon aus, dass wir die Limitierung technisch nicht vor
2016 umsetzen“, erklärt Michael Hagspihl, Geschäftsführer Marketing der
Telekom Deutschland.
## Ein Film sprengt das Volumen
Doch die Menge an Daten, die Nutzer herunter- und hochladen, nimmt zu. So
weist etwa der [3][Blogger Sven Dietrich] darauf hin, dass bei einer neuen
Generation an Filmen in einer noch höheren Auflösung bereits ein einziger
Film ein Volumen von 100 Gigabyte habe. Wer Filme speichert und hin und
wieder ein Backup seiner Daten auf einen Server hochladen will, hätte dann
ein richtiges Problem.
Und daran knüpft Ehrigs zweiter Kritikpunkt an. „Die Telekom rechnet ihre
eigenen Entertainmentprodukte nicht auf das Volumen an.“ Während die Kunden
also über den Telekom-Dienst Entertain weiterhin so viel Fernsehen schauen
können, wie sie wollen, läuft etwa bei der Nutzung einer Onlinemediathek
oder eines Videoportals wie Youtube der Volumenzähler weiter.
Manche Strecken darf der Fahrgast also auch nach dem Ablaufen der
75-Fahrten-Monatskarte weiter nutzen, andere nicht.
Die Telekom erklärt das damit, dass die Kunden allein für die Nutzung der
ausgenommenen Dienste gesondert zahlen. „Das ist eine Verletzung der
Netzneutralität“, kritisiert dagegen Ehrig. Also des Prinzips, dass ein
Internetanbieter alle zu transportierenden Daten gleich behandelt.
Sie vermutet, dass es in Zukunft weitere Dienste von Kooperationspartnern
geben wird, deren Nutzung dem Kunden nicht angerechnet wird – ein Nachteil
für konkurrierende Anbieter. [4][Markus Beckedahl] vom [5][Verein Digitale
Gesellschaft] weist darauf hin, dass die Telekom im Mobilfunkbereich schon
jetzt teilweise den Musikstreamingdienst Spotify bevorzugt.
## Echte Flatrate möglich
So ärgerlich das für Kunden und die Konkurrenz sein mag – es ist legal.
Denn anders als von Verbraucherschützern gefordert, hat es die
Netzneutralität nicht in die Novelle des Telekommunikationsgesetzes
geschafft, die im vergangenen Jahr in Kraft getreten ist.
Dort heißt es lediglich, die Bundesregierung könne eine Verordnung
beschließen, um „grundsätzliche Anforderungen an eine diskriminierungsfreie
Datenübermittlung“ festzulegen. Und die Bundesnetzagentur „kann in einer
Technischen Richtlinie Einzelheiten über die Mindestanforderungen an die
Dienstqualität durch Verfügung festlegen“. Kann.
Immerhin, ganz untätig ist die Behörde nicht. Derzeit untersucht sie noch
bis Ende Juni unter [6][initiative-netzqualitaet.de], ob unterschiedliche
Anwendungen unterschiedlich schnell transportiert werden. „Das soll erst
einmal dazu dienen, eine Datenbasis zu erhalten“, erklärt Sprecher René
Henn. Stelle sich heraus, dass es tatsächlich eine unterschiedliche
Behandlung gebe, müsse man weitersehen.
Nun könnten die Kunden ab nächster Woche einfach mit ihrem Geldbeutel
abstimmen. „Wenn sich tatsächlich die Neukunden von der Telekom abwenden,
dann werden andere Anbieter sicher nicht nachziehen“, ist Ehrig überzeugt.
Viele Kunden hätten dann weiterhin die Auswahl zwischen einer echten
Flatrate und einer mit Begrenzung.
Vodafone hat Gerüchte, ebenfalls eine Grenze einführen zu wollen, bereits
dementiert. Doch nicht überall können Kunden wählen. „Gerade wo das nicht
der Fall ist, etwa in ländlichen Gegenden, ist es für den Verbraucher
besonders misslich“, sagt Ehrig.
Spekulationen, die Telekom werde die Neuerung auch dazu nutzen, mehr
persönliche Daten wie etwa die IP-Adresse von Kunden zu speichern, weil die
für die Abrechnung benötigt werden könnten, widerspricht das Unternehmen.
„Es ist nicht geplant, mehr Daten zu speichern oder die Speicherfristen zu
verlängern“, sagt Sprecher Philipp Blank.
Sowohl Verbraucherschützerin Lina Ehrig als auch Markus Beckedahl von der
Digitalen Gesellschaft fordern, die Netzneutralität gesetzlich zu
verankern. „Dann könnten Unternehmen zwar immer noch das Volumen
begrenzen“, sagt Ehrig. Aber nicht mehr einige Dienste gegenüber anderen
bevorzugen.
26 Apr 2013
## LINKS
[1] http://www.change.org/de/Petitionen/deutsche-telekom-ag-drosselung-der-surf…
[2] http://www.vzbv.de/
[3] http://www.pop64.de/unentschieden/nochmal-warum-75-gb-traffic-im-jahr-2013-…
[4] http://beckedahl.org/
[5] http://digitalegesellschaft.de/
[6] http://initiative-netzqualitaet.de
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Flatrate
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