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# taz.de -- BGH-Urteil gegen Google: Suchmaschine muss löschen
> Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Googles automatische
> Vervollständigung im Einzelfall rechtswidrig ist. Der Konzern muss nun
> handeln.
Bild: Nicht immer sind Googles Ergänzungen so unverfänglich wie hier.
BERLIN taz | Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Dienstag
entschieden, dass der Suchmaschinenbetreiber Google automatisch angezeigte
Wortkombinationen in Einzelfällen löschen muss. Die höchste Instanz für
Zivil- und Strafverfahren in Deutschland begründete sein Grundsatzurteil
damit, dass gegebenenfalls durch bestimmte Wortkombinationen die
Persönlichkeitsrechte von Nutzern verletzt werden können.
Geklagt hatte der Gründer und Vorstandsvorsitzende einer
Aktiengesellschaft, die im Internet Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika
vertreibt. Der Kläger stellte im Mai 2010 fest, dass bei Eingabe seines
Vor- und Nachnamens in das Suchfeld bei Google als Suchvorschläge die
Begriffe „Scientology“ und „Betrug“ ergänzt wurden.
Diese sogenannte [1][Autocomplete-Funktion] ist in die Suchmaschine
integriert und blendet bei der Eingabe ergänzende Zusätze ein. „Dabei
handelt es sich um automatisch angezeigte Begriffe, die Google-Nutzer zuvor
gesucht haben“, stellt Google-Sprecher Dr. Ralf Bremer klar. Diese werden
auf Basis eines Algorithmus automatisch ermittelt.
Der Kläger fühlte sich im konkreten Fall in seinem „Persönlichkeitsrecht
und geschäftlichen Ansehen verletzt“, wie aus der [2][Mitteilung des BGH]
zum vorliegenden Fall hervorgeht. Trotz einer Rüge, schaltete der
IT-Konzern die Funktion nicht ab. Damit hatte Google Prüfpflichten
verletzt, entschied am Dienstag der BGH.
## Enttäuschendes Urteil aus Google-Sicht
Das Urteil kann für Google erhebliche Auswirkungen haben, wie der
Medienrechtler Christian Solmecke erklärt: „Künftig muss der
Suchmaschinenbetreiber sämtliche Rügen individuell prüfen.“ Das heißt
konkret, so Solmecke weiter, „dass jeder, der sich durch die
Autocomplete-Funktion in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlt, sich
an Google wenden und verlangen kann, dass bestimmte Begriffe nicht mehr
automatisch hinzugeschaltet werden.“
Für Google ist die Urteilsbegründung zweischneidig: Einerseits sei man
angesichts der zahlreichen gegenteiligen Gerichtsurteile zur
Autovervollständigung „enttäuscht“ und „überrascht“ von der Entschei…
des BGH. Andererseits sei es aber „erfreulich“, so Bremer, „dass das
Gericht die Autovervollständigung für zulässig hält und Google nicht
verpflichtet, jeden angezeigten Begriff vorab zu prüfen.“ Nicht
nachvollziehen könne Google jedoch die Auffassung des BGH, dass für die von
Nutzern eingegebenen Suchbegriffe dennoch gehaftet werden soll. Der
Suchmaschinenbetreiber will derweil die schriftliche Urteilsbegründung
abwarten. Der Fall wurde an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen.
Bleibt das Urteil so bestehen, muss Google handeln, um Unterlassungs- und
Schadensersatzklagen abzuwehren. „Im konkreten Fall wurde dies an die
Vorinstanz zurückverwiesen, damit geklärt werden kann ob und in welcher
Höhe dem Betroffenen Schadensersatz zusteht,“ erklärt Medienrechtler
Solmecke.
## Google schließt Deaktivierung der Funktion aus
Für die Zukunft bleiben Google damit zwei Möglichkeiten: Entweder, so
Solmecke, werde die Autocomplete-Funktion hierzulande deaktiviert oder
jedem beliebigen Nutzer werde automatisch – und ohne Überprüfung durch
Google – die Möglichkeit gegeben, zusätzliche Begriffsvorschläge zu
entfernen. „Dies wiederum würde ganz sicher Suchmaschinen-Optimierer auf
den Plan rufen, die so gezielt Suchanfragen für ihre Zwecke manipulieren
würden“, fügt Solmecke hinzu.
Für Google stelle sich indes die Frage nicht, ob die Autocomplete-Funktion
abgeschaltet wird, macht Kay Oberbeck, Google-Direktor für Presse- und
Öffentlichkeitsarbei, taz gegenüber deutlich. Das Urteil beziehe sich nur
auf den vorliegenden Einzelfall. Auch die Möglichkeit zur Entfernung von
Begriffen durch die Nutzer gäbe es bereits – Oberbeck verweist auf [3][ein
entprechendes Antragsformular].
In acht vergleichbaren Entscheidungen bekam Google bisher immer Recht –
[4][darunter im Fall von Bettina Wulff], der Frau des ehemaligen
Bundespräsidenten. Sie hatte im November 2012 gegen den IT-Konzern geklagt,
auch bei ihr wurde die Löschung der Ergebnisse der Autovervollständigung
abgelehnt.
14 May 2013
## LINKS
[1] http://support.google.com/websearch/answer/106230?hl=de
[2] http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gerich…
[3] http://support.google.com/bin/static.py?hl=de&ts=1114905&page=ts.cs
[4] /!104853/
## AUTOREN
Marco Fieber
## TAGS
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