Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ausnahmezustand in Nigeria: Kampfjets gegen Islamisten
> Präsident Jonathan verhängt den Ausnahmezustand über drei besonders
> unruhige Bundesstaaten. In der Region kämpfen die Islamisten von Boko
> Haram.
Bild: Kinder spielen an einem ausgebrannten Auto nahe Maiduguri
COTONOU taz | Im Krieg gegen die islamistische Untergrundbewegung Boko
Haram in Nigeria ist jetzt das Militär an der Reihe – der am Dienstag
verhängte Ausnahmezustand über die drei nordöstlichsten Bundesstaaten
Borno, Yobe und Adamawa macht es möglich.
Allein nach Borno, wo Boko Haram in der Millionenstadt Maiduguri ihr
Hauptquartier hat, werden nach Angaben lokaler Zeitungen 2.000 Soldaten
geschickt. Wie viele es für Yobe und Adamawa sind, ist noch nicht klar.
Eins jedoch schon: Nigerias Präsident Goodluck Jonathan verschärft die
Gangart. „Nach den jüngsten Ereignissen in den betroffenen Bundesstaaten
sind außerordentliche Maßnahmen vonseiten der Regierung notwendig geworden,
um eine Rückkehr zur Normalität zu schaffen“, sagte er Dienstagabend im
Fernsehen.
Endlich, so empfinden es die Befürworter der Entscheidung. Denn zuletzt hat
die Gruppierung, deren Name übersetzt „Westliche Bildung ist Sünde“
bedeutet, im ganzen Norden Nigeria einmal mehr Angst gesät. Bei Angriffen
auf das Städtchen Baga am Tschadsee und bei dem spektakulären
Gefängnisausbruch in Bama – beide Orte liegen im äußersten Nordosten des
Landes – sollen mindestens 250 Menschen getötet worden sein, wobei viele
davon dem Rachefeldzug des Militärs zum Opfer fielen.
Am Montag hatte sich Boko Haram per Video dazu bekannt und verkündet,
nigerianische Geiseln zu halten. Es seien Frauen und Kinder. Eine genaue
Anzahl ist nicht bekannt. Für Geiselnahmen im großen Stil war Boko Haram
bisher nicht bekannt.
## Allgemeine Zustimmung
Für Emmanuel Onwubiko, nationaler Koordinator der Vereinigung der
Schriftsteller für Menschenrechte (Huriwa), ist die Entscheidung des
Präsidenten daher nur logisch. Alle demokratisch gesinnten Menschen – auch
die politische Opposition – sollten sich hinter den Präsidenten scharen,
sagte er. Auch aus Militärkreisen wird die Maßnahme befürwortet. Alex
Sabundu Badeh, Chef der Luftwaffe, sagte der Tageszeitung Leadership, nur
das Militär könne die Demokratie in Nigeria erhalten.
Augenzeugenberichten zufolge ist es um diese in einigen Orten des Nordens
schlechter denn je bestellt. Mutmaßliche Mitglieder von Boko Haram haben
angeblich nigerianische Flaggen verbrannt. Die derzeitige Strategie der
Miliz ist offenbar auch, vorwiegend in kleineren Orten zu agieren, wo
Polizei- und Militärpräsenz bisher gering war.
Dass die Situation in Nordnigeria eskaliert, dazu dürfte auch die
Entwicklung in Mali beitragen. Boko-Haram-Kämpfer aus Nigeria sollen sich
vergangenes Jahr der Gruppierung Mujao (Bewegung für Einheit und Dschihad
in Westafrika) angeschlossen haben, als diese gemeinsam mit anderen
islamistischen Gruppen den Norden Malis beherrschte.
## Nicht unbedingt mehr Sicherheit
Nach deren Vertreibung im Januar dürften diese Kämpfer nun langsam wieder
nach Nigeria zurückkehren – mit ihren Waffen und ihrer in Mali gewonnen
Kampferfahrung. Darüber hinaus gelten die neuerlichen Anschläge auch als
Reaktion auf den Einsatz westafrikanischer Eingreiftruppen aufseiten der in
Mali kämpfenden Franzosen. Im Rahmen dieser Mission, genannt Misma, stellt
Nigeria mit 1.200 Soldaten das größte Kontingent. Als die ersten
nigerianischen Streitkräfte in Malis Hauptstadt Bamako landeten, drohte
Boko Haram mit einer neuen Gewaltwelle.
Dennoch bedeuten mehr nigerianische Soldaten im Norden des eigenen Landes
nicht unbedingt mehr Sicherheit. Die Armee genießt kein sonderlich großes
Vertrauen, im Gegenteil: Nach den Anschlägen und Kämpfen in Baga, wo
mindestens 186 Menschen ums Leben gekommen waren, geriet sie massiv in die
Kritik und soll mehr als 2.275 Häuser bei dem Einsatz gegen Boko Haram
zerstört haben. „Das Militär hat die Pflicht, die Bevölkerung vor Angriffen
von Boko Haram zu schützen. Doch offenbar ist es mehr für Zerstörung
zuständig“, kritisierte anschließend Daniel Bekele, Afrika-Chef der
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
15 May 2013
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Nigeria
Boko Haram
Islamismus
Goodluck Jonathan
Nigeria
Nigeria
Nigeria
Nigeria
Areva
Woolwich
Mali
Nigeria
Boko Haram
Lehrer
Kamerun
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hunderte Tote in Nigeria: Leichenberge auf dem Müllwagen
Nach einem Angriff der islamistischen Gruppe Boko Haram auf einen Ort im
Nordosten des Landes finden die Behörden immer mehr Leichen.
Viele Tote bei Angriffen in Nigeria: Die Blutrache der Islamisten
Islamistische Rebellen sollen in zahlreiche muslimische Zivilisten in
Nigeria getötet haben. Der Krieg zwischen Armee und Boko Haram nimmt
algerische Züge an.
Terror in Nigeria: Boko Haram übt blutige Rache
Islamisten verüben Massaker mit 41 Todesopfern in einer Schule im Nordosten
des Landes. Seit zwei Monaten herrscht Ausnahmezustand.
Massaker in Nigeria: Dutzende Schüler getötet
Angreifer haben in einer Schule in Nigeria 42 Menschen getötet, darunter
größtenteils Kinder. Bei den Tätern handelt es sich mutmaßlich um
islamistische Extremisten.
Bombenattentate im Niger: Krieger ohne Grenzen
Die islamistische Gruppe Mujao bekennt sich zu den Anschlägen auf eine
Militärbasis und eine französische Uranförderanlage.
Terroranschlag in London: Soldat vor Kaserne enthauptet
Zwei Männer haben in London mit Messern, Machete und Fleischerbeil einen
Soldaten niedergemetzelt. Es handelt sich mutmaßlich um eine Tat von
Islamisten.
Kommentar Folgen des Mali-Kriegs: Die islamistische Internationale lebt
Nach dem Mali-Krieg destabilisiert sich die Lage in den Nachbarländern.
Jedes kämpft für sich allein gegen islamistische Extremisten.
Gewalt in Nigeria: Mehr als ein Religionskampf
Am Wochenende starben Dutzende bei Straßenschlachten im Osten des Landes.
Der Staat schaut zu. Über die Zahl der Opfer kann nur spekuliert werden.
Armee gegen Islamisten in Nigeria: Der Horror von Baga
Brutale Eskalation des Krieges zwischen nigerianischer Armee und Boko
Haram: In einem Ort am Tschadsee sterben laut Behörden mindestens 185
Menschen.
Lehrer fallen durch eigene Prüfungen: Setzen, sechs!
Peinlich: Im nigerianischen Bundesstaat Kaduna scheitern drei Viertel der
Grundschullehrer an ihren eigenen Prüfungen – das war nicht immer so.
Franzosen aus Kamerun entführt: Islamisten weiten Krieg aus
Mit der Verschleppung von sieben französischen Touristen in Kamerun
befinden sich jetzt 15 Franzosen in Afrika in islamistischer Geiselhaft.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.