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# taz.de -- Demonstration vor georgischer Botschaft: Ein Signal nach Tbilissi
> Für einen säkularen und toleranten georgischen Staat und für Solidarität
> mit den attackierten LGBT-AktivistInnen wurde vor der Berliner Botschaft
> demonstriert.
Bild: DemonstrantInnen vor der georgischen Botschaft in Berlin
BERLIN taz | Am Donnerstagabend versammelten sich rund 40 Menschen,
mehrheitlich Angehörige der georgischen Diaspora, vor der georgischen
Botschaft in Berlin. Sie protestierten gegen die homophoben Ausschreitungen
in Georgien am „Internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie“.
In der Hauptstadt Tbilissi waren am 17. Mai mehrere Tausend
GegendemonstrantInnen, angeführt von orthodoxen Geistlichen, [1][gewaltsam]
gegen etwa 50 demonstrierende LGBT-AktivistInnen vorgegangen. Diese mussten
von der Polizei evakuiert werden. Wie die [2][Nachrichtenagentur Civil
Georgia mitteilte], wurden dabei insgesamt 28 Personen, darunter auch drei
Polizisten und ein Journalist, verletzt.
Die Kundgebung vor der Botschaft war von drei Privatpersonen organisiert
worden. Zaal Andronikashvili, einer von ihnen, „hielt es für notwendig ein
Zeichen gegen die extreme Gewalt zu setzen, bei der AktivistInnen brutal
zusammengeschlagen wurden“. Er fordere von der Regierung die Verbrecher
festzunehmen.
„Die Regierung zeigt sich viel zu mild“, findet Andronikashvili mit Blick
auf die bisherigen Verurteilungen: [3][Vier junge Männer] wurden am
Dienstag nach Bezahlung einer Strafe in Höhe von 100 Lari (rund 47 Euro)
wieder freigelassen. [4][Zwei am Donnerstag verurteilte Kleriker] wurden
ebenfalls nur wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt.
## Homosexualität als „Anomalie und Krankheit“
Andronikashvili bekräftigte, dass es Druck auf nationaler wie
internationaler Ebene brauche. „Denn auch in den vergangen Tagen wurden
Menschen, die in Georgien aufgrund von langen Haaren oder bunter Kleidung
als mutmaßlich homosexuell gelten, angegriffen.“ Dass es überhaupt so weit
gekommen ist, führt der Georgier auf den Regierungswechsel im vergangenen
Oktober zurück.
Bis dahin hätte es mit Präsident Micheil Saakaschwili und der Partei
Vereinte Nationale Bewegung einen strengeren Führungsstil gegeben, so
Andronikashvili. Unter der neuen vom Georgischen Traum (GT) geführten
Regierung unter Premierminister Bidsina Ivanischwili wurden Anfang des
Jahres 2013 rund [5][3.000 GefängnisinsassInnen freigelassen, darunter
viele politische Gefangene]. Diese hätten die Ausschreitungen – zusammen
mit der Kirche – angeführt, so Andronikashvili.
Bestätigt werden kann das nicht. Eindeutig dagegen ist das Verhalten des
Klerus, wie auch aus der Pressemitteilung der OrganisatorInnen hervorgeht.
So machte Patriarch Ilia II., der [6][äußerst hohen Zuspruch innerhalb der
Bevölkerung verzeichnet], vor der LGBT-Demonstration [7][Stimmung dagegen].
Homosexualität betrachte er als Anomalie und Krankheit, die Versammlung
selbst verglich das Kirchenoberhaupt mit einer öffentlichen
Zurschaustellung von Drogenabhängigkeit.
## Priester entfachten „Hexenjagd auf Homosexuelle“
Den GegendemonstranntInnen am 17. Mai gingen etliche Priester voran, die
die Stimmung anstachelten, die von der Polizei zum Schutz aufgestellten
[8][Sperrgitter aus dem Weg räumten] und damit die „Hexenjagd auf
Homosexuelle“ (Pressemitteilung) erst entfachten. Die OrganisatorInnen
kritisierten die Ivanischwili-Regierung dafür, dass diese zwar die Gewalt
verurteilten, aber ansonsten weitgehend untätig blieben.
Als „inakzeptabel und empörend“ wertete Mitorganisatorin Mareike Wenzel in
ihrer Rede vor der georgischen Botschaft die Äußerungen von einigen
GT-Parlamentariern, „dass die LGBT-AktivistInnen durch ihre Kundgebung
provoziert hätten.“ Der georgische Staat solle für den Schutz aller
BürgerInnen und die Einhaltung der Verfassung sorgen, forderten schließlich
die anwesenden DemonstrantInnen. Sie drängten neben der juristischen
Verfolgung aller Gewalttäter, seien es Geistliche oder Privatpersonen, auch
auf die Einstellung von Finanzmitteln von deutschen Stiftungen an die
georgisch-orthodoxe Kirche.
Gigi Gigiadze, Ständiger Vertreter der georgischen Botschaft, hörte sich
die Forderungen der DemonstrantInnen an, wollte sich aber gegenüber der
Presse generell nicht äußern. Georgische DemonstrantInnen die mit ihm
sprachen, teilten allerdings im Nachhinein den anwesenden JournalistInnen
mit, dass sich Gigiadze ihnen gegenüber solidarisch zeigte. Insgesamt
könnte das Signal der Solidarität – das Hauptziel der Versammlung vor der
Berliner Botschaft – es auch bis in den Südkaukasus geschafft haben. Denn
der georgische Privatsender Rustawi 2, einer der reichweitenstärksten
TV-Kanäle des Landes, hatte ein Kamerateam zur Botschaft geschickt.
24 May 2013
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/watch?v=_f4lMuAhORU&feature=youtu.be
[2] http://www.civil.ge/eng/article.php?id=26073
[3] http://www.civil.ge/eng/article.php?id=26092
[4] http://www.civil.ge/eng/article.php?id=26102
[5] http://dfwatch.net/georgia-releases-prisoners-against-the-presidents-veto-3…
[6] http://www.ndi.org/files/NDI-Georgia-March-2013-survey-Political_ENG-vf-sma…
[7] http://www.civil.ge/eng/article.php?id=26062
[8] http://3.bp.blogspot.com/-1F9j83NWZ1I/UZesgHOkxCI/AAAAAAAAAMw/pOv2uilFt2M/s…
## AUTOREN
Marco Fieber
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