# taz.de -- Ausweisungen religiöser Extremisten: Show für die konservative Kl… | |
> Innenminister Friedrich will Ausweisungen religiöser Extremisten | |
> erleichtern. Anlass sei die Bedrohung in Deutschland durch „salafistische | |
> Aktivisten“. | |
Bild: Türkische Polizisten eskotieren Metin Kaplan zum Gericht. Der „Kalif v… | |
FREIBURG taz | Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will die Ausweisung | |
„religiöser Extremisten“ erleichtern. Das hatte er bereits vorige Woche bei | |
der [1][Innenministerkonferenz] von Bund und Ländern in Hannover | |
angekündigt. Jetzt liegt der taz sein Referentenentwurf „zur Modernisierung | |
des Ausweisungsrechts“ vor. | |
Danach soll ein Ausländer zwingend ausgewiesen werden, wenn er sich „bei | |
der Verfolgung religiöser Ziele“ an Gewalttätigkeiten beteiligt oder | |
öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht. | |
Bisher war dies laut Gesetz nur bei der Verfolgung „politischer Ziele“ | |
vorgesehen. | |
Anlass sei die zunehmende Bedrohung des friedlichen Zusammenlebens in | |
Deutschland durch „salafistische Aktivisten“, heißt es in dem Entwurf des | |
Bundesinnenministers. [2][Salafisten] sind besondere fundamentalistische | |
Muslime. Nicht alle Salafisten sind gewaltorientiert. Aber die meisten der | |
jüngst in den Terror abgeglittenen Muslime waren vorher Salafisten. | |
Allerdings handelt es sich bei der von Friedrich vorgeschlagenen Änderung | |
nicht wirklich um eine Verschärfung des Ausweisungsrechts. Da der religiöse | |
Extremismus bisher als politischer Extremismus behandelt wurde, ist die | |
ausdrückliche Nennung „religiöser Ziele“ eher eine symbolische | |
Klarstellung. | |
## Regeln ohne große Bedeutung | |
Etwas größere praktische Bedeutung haben andere Verschärfungen des | |
Entwurfs. So soll bei gewaltorientierten extremistischen Ausländern die | |
Ausweisung nicht mehr nur „in der Regel“, sondern zwingend erfolgen. | |
Außerdem soll künftig zwingend ausgewiesen werden, wenn ein Ausländer zu | |
einer einjährigen Freiheitsstrafe (ohne Bewährung) verurteilt wurde, | |
derzeit liegt die Grenze noch bei drei Jahren Freiheitsstrafe. | |
Für die meisten Ausländer werden diese Regeln allerdings keine große | |
Bedeutung haben. EU-Bürger können nur ausgewiesen werden, wenn sie eine | |
akute Gefahr darstellen. Das Gleiche gilt aufgrund eines | |
Assoziationsabkommens auch für Türken. Andere Ausländer, die schon mehr als | |
fünf Jahre rechtmäßig in Deutschland leben, können auch nur nach einer | |
Ermessensentscheidung ausgewiesen werden. Diese von der Rechtsprechung | |
entwickelte Einschränkung des Ausweisungsrechts soll nun auch ausdrücklich | |
im Gesetz erwähnt werden. | |
Insofern ist die ständige Zunahme der Gründe für eine zwingende Ausweisung | |
vor allem Show für die [3][konservativen Stammwähler]. Es gibt nur wenige | |
Fälle, bei denen dieser Automatismus überhaupt anwendbar wäre, zum Beispiel | |
bei frisch eingereisten afrikanischen Studenten, die straffällig werden. | |
Innenminister Friedrich rechtfertigt die Verschärfungen vor allem damit, | |
dass die Hochstufung der Ausweisungsgründe ihr Gewicht bei der Abwägung mit | |
den Interessen des Ausländers erhöhe. | |
Ob Friedrichs Vorschläge je im [4][Aufenthaltsgesetz] verankert werden, ist | |
ohnehin unsicher. Er müsste erst einmal seine Regierungskollegin | |
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) überzeugen, dass | |
die Änderungen notwendig sind. Sollten Bundeskabinett und Bundestag | |
zustimmen, wäre auch noch eine Zustimmung des rot-grün dominierten | |
Bundesrats erforderlich. Bei der Innenministerkonferenz vorige Woche legte | |
Friedrich die Vorschläge nur als Tischvorlage vor und verärgerte damit | |
sogar sein eigenes Lager. | |
29 May 2013 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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