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# taz.de -- Italienische Flüchtlingspolitik: 500 Euro und gute Reise
> Die Regierung Monti tat einiges, um 13.000 Flüchtlinge loszuwerden.
> Zunächst geschah das unbemerkt, denn der Papst war gerade zurückgetreten.
Bild: Flüchtlinge aus Tunesien bei der Ankunft auf der italienischen Insel Lam…
ROM taz | Am 1. März war Schluss mit dem „Flüchtlingsnotstand“ – so
beschloss es jedenfalls die damals in Rom amtierende Technikerregierung
unter Mario Monti. 13.000 Flüchtlingen wurde mitgeteilt, dass sie auf die
Straße gesetzt, ihre Notunterkünfte geschlossen würden. Mit auf den Weg
bekamen sie einen Passersatz, eine drei Monate gültige Aufenthaltserlaubnis
für den Schengenraum – und 500 Euro.
Besser hätte Italiens Regierung den Zeitpunkt nicht wählen können, denn
weder zu Hause noch im Ausland wurde der Beschluss groß zur Kenntnis
genommen. Zwei andere Ereignisse lenkten ab: Ende Februar hatte das Land
ein neues Parlament gewählt – und Papst Ratzinger war am 28. Februar
zurückgetreten. Der ideale Moment also, um den Schlussstrich unter das
Flüchtlingsdrama zu ziehen, das Anfang 2011 mit den Revolten erst in
Tunesien, dann in Libyen seinen Lauf genommen hatte.
Etwa 28.000 Menschen waren von Tunesien, noch einmal so viele von Libyen
aus in See gestochen, weitere 6.000 kamen aus dem östlichen Mittelmeerraum.
Italien verteilte sie auf Notunterkünfte im ganzen Land, stellte ihnen
zunächst eine sechsmonatige Aufenthaltserlaubnis aus, die dann bis März
2013 immer wieder verlängert wurde.
Erfolglos blieben seinerzeit die Bemühungen unter dem damaligen
Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, eine „europäische Lösung“, sprich:
die Aufnahme der Flüchtlinge auch durch andere Länder zu erreichen.
Allerdings hatten viele – zum Beispiel das Gros der Tunesier – schon längst
die Weiterreise vorneweg zu Verwandten Richtung Frankreich angetreten. So
blieben am Ende noch gut 13.000 Menschen in den Einrichtungen, unter ihnen
viele von Libyen aus angekommene Schwarzafrikaner.
In den knapp zwei Jahren, so wird in Italien geschätzt, kostete die
Unterbringung und Betreuung etwa 1,5 Milliarden Euro. Da sind die
ausgezahlten 500 Euro ein Klacks – insgesamt 6,5 Millionen. Offiziell wurde
das Handgeld damit gerechtfertigt, den Obdachlosen so die Rückreise in ihre
Heimatländer zu ermöglichen.
Zugleich aber stellte die Ausstellung von im Schengenraum gültigen Papieren
klar, dass man es den Betroffenen überließ, in welcher Richtung sie Italien
verlassen wollten. Die neue Große-Koalitions-Regierung hat außer der
Berufung der Afroitalienerin Cécile Kyenge zur Integrationsministerin
bisher keine Maßnahmen ergriffen, die auf eine Änderung der
Flüchtlingspolitik hindeuten würden.
30 May 2013
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Italien
Flüchtlinge
Asyl
Mario Monti
Berlusconi
Libyen
Schwerpunkt Rassismus
Flüchtlinge
Abschiebung
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