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# taz.de -- Die Wahrheit: Srp auf Krk
> Quallencurling, gesprengte Eisenbahnbrücken und weniger Vokale als Wasser
> auf Mallorca: Sitten und Gebräuche auf dem größten Eiland Kroatiens.
Bild: Schns Pnrm: Schff m Hfn vn Krk.
Am 1. Juli 2013 tritt Kroatien der Europäischen Union bei. Letzte
Gelegenheit, das Land oder zumindest seine angeblich schönste Insel noch
einmal wahrheitsgetreu zu beschreiben, ohne gleich mit einem
Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel rechnen zu müssen.
Suchen sollte man die einzige Insel der Welt, die das Geräusch brechender
Knochen zu ihrem Namen gemacht hat, nicht auf dem haushaltsüblichen
ADAC-Tourenset „Sachsen-Anhalt“. Denn was viele hierzulande nicht wissen:
Die Mitteldeutschen mussten im Dreißigjährigen Krieg ihren direkten Zugang
zur Adria an Schweden abtreten, weswegen Krk seitdem zu Kroatien gehört,
vor dessen Küste es sich bei guter Sicht auch heute noch befindet.
Lohnt es sich, dort Urlaub zu machen? Eigentlich eine überflüssige Frage.
Denn wer fährt schon auf eine Insel, auf der Vokale ähnlich knapp sind wie
Wasser auf Mallorca und auf der noch heute versprengte Reste von Titos
Volksbefreiungsarmee Eisenbahnbrücken in die Luft jagen würden, wenn es
denn welche gäbe?
Krk hieß ursprünglich Korek, was in der Inselsprache je nach Zusammenhang
Kreiskrankenhaus oder Sittich bedeutet, manchmal aber auch Rügen oder
Quarkkeulchen. Irgendwann ging beim Quallenfang, der bis heute die
Haupterwerbsquelle der Inselbewohner darstellt, das „e“ verloren, und weil
man bei dem dann noch verbliebenen Kork ja immer irgendwie an Kork denken
muss, verkauften die Korker das „o“ an Sachsen, in dessen Landessprache es
bis heute das „a“ ersetzt. Seither bedeutet Krk zwar nur noch Krskrnknhs
oder Sttch beziehungsweise Rgn oder Qrkklchn, aber das stört niemanden.
Hauptsache, es lässt sich gut aussprechen.
Der männliche Inselbewohner an sich ist traditionsbewusst und
lebensbejahend. Ausgelassen sitzt er von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang
reglos vor seiner Hütte, spuckt auf die staubigen Wege und freut sich,
nicht aufgegessen zu werden. Das nämlich täten die Krkerinnen gern. Damit
sie es nicht tun, sind sie grundsätzlich zahnlos.
Festtag ist, wenn jede Krkerin einmal im Jahr für drei Stunden das einzige
auf der Insel vorhandene Kassengebiss (einst ein Geschenk des ägyptischen
Führers Nasser an den jugoslawischen Führer Tito) tragen darf. In diesen
drei Stunden geht dann die Post ab: Erst wird der Ehemann gegessen,
anschließend kriegt der Esel ein paar mit dem Dreschflegel und wird
ebenfalls gegessen, dann ist Miss-Wahl.
Nationalsportarten auf Krk sind Quallen-Frisbee (im Sommer) und
Quallen-Curling (im Winter). In beiden Disziplinen war Krk schon mehrfach
Weltmeister, und das Team von Partizan Krk gewinnt regelmäßig die Champions
League, übrigens immer gegen das demnächst von Lothar Matthäus trainierte
Roter Stern Krk. Basis für diese Erfolge ist ein ausgefeiltes
Talent-Scouting: Jeder kleine Krker, ob Qualle oder nicht, wird beizeiten
von einheimischen Sportmedizinern getestet und in entsprechenden
Leistungszentren zur Weltspitze geführt.
Die Wettkämpfe dauern das ganze Jahr. Männliche Touristen müssen
mitspielen. Wenn nicht, werden sie umgehend mit einer der zahlreichen Krker
Witwen zwangsverheiratet oder müssen eine eher undankbare Rolle beim
jährlichen Harpunierwettbewerb übernehmen, den die Inselverwaltung, seit es
an traditionellem Harpuniergut wie Haie oder Robben fehlt, recht
erfolgreich zur Regulierung der Touristenzahl einsetzt.
An arbeitsfreien Feiertagen (immer montags bis freitags, zuzüglich der
Wochenenden) kriegt jeder Einwohner einen Liter 80-prozentigen
Distelschnaps, den Slbwtz. Den aber, wie gesagt, nur Feiertags. Ansonsten
ist Nationalgericht auf Krk simples Wssr (dt.: Wasser), das dem Touristen
stets lauwarm und mit Srp (Sirup) gereicht wird. Aber Wasser kann man
schließlich überall auf der Welt haben. Außer auf Mallorca natürlich.
1 Jun 2013
## AUTOREN
Robert Niemann
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