# taz.de -- Drift nach Steuerbord: Beine wie Pudding | |
> Unterwegs im Seekajak an der kroatischen Adriaküste. Kondition und Nerven | |
> sind gefragt, wenn auf offener See der Wind die Wellen peitscht | |
Bild: Strand auf Lopud, Elaphiten | |
"Immer mit dem Wasser in Kontakt bleiben!" Der Regel folgend, tauche ich | |
das Paddel in die kurzen Wellen und schlingere mit Hüftschwung durch das | |
Auf und Nieder des Meeres. Im Crisscross des Wassers wage ich einen Blick | |
auf das unbewohnte Eiland vor uns. Noch ein paar hundert Meter. Der | |
Seekajak bleibt auf Kurs. Ivo, unser Führer, hat angedeutet, dass wir je | |
nach Wind- und Wellenlage für eine kurze Mittagsrast dort anlegen. | |
Es ist unsere vierte Tagestour zwischen den Elaphitischen Inseln der Adria | |
vor Dubrovnik. Unsere Basis ist auf Lopud. Anfangs wogt das türkisfarbene | |
Meer ein wenig, schäumt aber nicht, für die AnfängerInnen der Gruppe ideal | |
zum Üben. | |
Doch es gibt auch wildere Tage. Im Umkreis von bis zu 200 Metern versprengt | |
tauchen die Köpfe der sieben MitpaddlerInnen der Gruppe zwischen | |
Schaumkronen auf und ab. Eine kräftige Windböe haut mir fast das Paddel aus | |
der Hand. Im Zweierkajak kämpft derweil verbissen das | |
amerikanisch-spanische Pärchen; heute Morgen wollte die ungeübte Chica noch | |
zum ersten Mal auf dem Einer los. | |
Mittlerweile drückt der Wind heftig von links in Richtung Felsen. Ich halte | |
mit aller Kraft dagegen. Ivo, unser junger Guide, wartet an der äußeren | |
Spitze der Insel. Jetzt nur noch rum, denke ich. Aber ich komme kaum von | |
der Stelle. Der Wind bläst von vorn, und ich muss nach rechts. Noch ein | |
kurzes Stück, die Gischt spritzt ins Gesicht. Endlich geschafft. Spürbar | |
ruhigeres Wasser, weniger Wind, weniger Wellen, einige Paddelschläge, die | |
Muskelanspannung lässt nach. Ich zerre die Wasserflasche aus dem Gepäcknetz | |
vor mir. Ein Drittel der heutigen Strecke liegt hinter uns. Kein Fels | |
öffnet sich heute und frohlockt mit silbrig schimmernden Grotten und einem | |
kühlen Bad in türkisblauem Wasser. | |
Wir genießen einige ruhigere Momente und schauen. Diese felsige Erhebung | |
ist eine der 1.185 Inseln Kroatiens, von denen nur 66 bewohnt sind. Zu | |
Letzteren gehören auch die elaphitischen Inseln Lopud, Sipan und Kolocep; | |
sie sind seit langem das Naherholungsgebiet der begüterteren Bewohner von | |
Dubrovnik. Ein Spaziergang auf Lopud führt vorbei an einer alten Kirche, | |
Hohlwegen, einigen privaten Gärten, ein paar Ruinen, wenigen Pensionen, | |
einem abgelegenen Hotel und: keinen Autos. Dafür gibt es einen Anleger mit | |
regem Fährverkehr. | |
Die hohen Felswände werfen den Hall des rauschendem Wassers zurück. Weiter | |
gehts raus aus dem Schutz des Windschattens. Ein kurzer Ruck von hinten, | |
unser Boot hebt sich, der Atem stockt, die Welle trägt uns mit, wir surfen | |
ein paar Meter, bevor sie weiterrollt und wie verdattert in ein kleines | |
Wellental sacken. Wow, das ist es, jetzt noch den Paddelschlag zum | |
richtigen Zeitpunkt, und der Weg zurück erledigt sich in Windeseile. | |
Den Kajak zieht es nach Steuerbord. Ich steuere gegen und schaue nach den | |
anderen. Julie! Was macht Julie so weit abgeschlagen? Sie driftet ab! | |
Selber zu sehr damit beschäftigt, mein Boot auf Kurs zu halten, rufe ich, | |
ich winke, ich schreie: Ivoooo!!! Der ist uns allen zwar weit voraus, hört | |
mich aber, schaut sich um, ich zeige rüber zu der Engländerin, er sticht | |
los. Blitzschnell ist er bei ihr, bringt sie und ihren Kajak wieder auf | |
Kurs und bleibt eine Weile an ihrer Seite. Je weiter wir uns dem Land | |
nähern, desto mehr lassen Wind und Strömung nach. | |
Zurück in Lopud Dorf. Erste Schritte an Land. Unsere Beine sind wie | |
Pudding. An der Promenade im Ort wird gehandelt, gekauft, geschlemmt, | |
gequatscht, geschmökert, geraucht. Nach diesem Paddeltag schaffen wir kaum | |
noch den Weg zum Quartier - und noch weniger die 40 Minuten Fußmarsch auf | |
die andere Seite der Insel nach Sunj, der Bucht mit Beachbars und Zugang | |
zum offenen Meer, von Surfern noch nahezu unentdeckt. Stattdessen duschen | |
und aufs Bett, das Bett wankt, der Körper schwingt. Ich schließe die Augen. | |
Im Traum rauscht ganz langsam eine Welle von rechts in mein Hamburger | |
Schlafzimmer. | |
18 Dec 2007 | |
## AUTOREN | |
Elke Krüger | |
## TAGS | |
Reiseland Kroatien | |
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