# taz.de -- Ex-Warlord im Bundeswehrkrankenhaus: Gekaufte Freundschaft | |
> Der afghanische Vizepräsident Qasim Fahim gilt als Kriegsverbrecher. Doch | |
> in Deutschland lässt er sich gerne und regelmäßig behandeln – auf | |
> Staatskosten. | |
Bild: Drohnenkönig und Ex-Warlord: Thomas de Maizière zu Besuch bei Qasim in … | |
BERLIN taz | Vor Kurzem stieg der afghanische Vizepräsident Mohammed Qasim | |
Fahim in Tegel ins Flugzeug. Es ist nicht das erste Mal, dass Fahim, einer | |
der reichsten und gefürchtetsten Männer Afghanistans, nach Deutschland | |
reist. Dem afghanischen Botschaftsrat Abed Nadjib zufolge kommt er | |
regelmäßig hierher, um seine Gesundheit überprüfen zu lassen. „Weil er si… | |
hier wohl fühlt“, so Nadjib. | |
Gut informierten Kreisen zufolge lässt sich Fahim im Bundeswehrkrankenhaus | |
in Berlin behandeln. Auf Staatskosten. Zuletzt traf er sich auch mit | |
Botschafter Michael Koch, dem Sonderbeauftragten der Bundesregierung für | |
Afghanistan, um laut Auswärtigem Amt über die bevorstehenden Wahlen im | |
nächsten Jahr und die Perspektiven des deutschen Engagements nach 2014 zu | |
sprechen. | |
Fahim gehört zu den afghanischen Warlords, die sich eigentlich schon lange | |
als mutmaßlicher Kriegsverbrecher vor einem internationalen Gericht | |
verantworten müssten. Beispiele für Fahim zugeschriebene Gräueltaten findet | |
man zuhauf, etwa in dem Bericht „Blood Staines Hands“ der | |
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Eine ihm unterstellte | |
Einheit habe 1989 bis 1992 „exklusiv die Verhöre und Folter“ in einem | |
Gefangenenlager für politische Gegner organisiert, heißt es darin. | |
## Nato verbündet sich mit Ex-Warlords | |
Doch da sich Fahim im afghanischen Bürgerkrieg als Taliban-Jäger hervortat, | |
schaffte er es 2002 zum Verteidigungsminister in der provisorischen | |
Regierung von Hamid Karsai. Seit 2009 ist er sein Vize. | |
Reinhard Erös, ehemaliger Bundeswehrarzt und seit 1998 Leiter der | |
Kinderhilfe Afghanistan, kennt die Lage vor Ort. „Wir schicken die Soldaten | |
runter, um gegen böse Buben zu kämpfen und einen halbwegs demokratischen | |
Staat aufzubauen“, sagt er. „Dann zahlen wir mit Steuergeldern die | |
Behandlung eines der größten Kriegsverbrecher in Afghanistan.“ | |
Der ehemalige Warlord Fahim hat im Norden des Landes das Sagen, wo die | |
deutschen Soldaten stationiert sind. Laut Afghanistan-Experte Conrad | |
Schetter vom International Center for Conversion in Bonn (BICC) ist das der | |
Grund, warum man Fahim hier pflegt: „Wenn man ihn hier behandelt, ist das | |
eine Möglichkeit, Fahim gewogen zu sein.“ | |
## Ein Pferd auf die Freundschaft | |
Für die guten Beziehungen legt sich die Bundeswehr ganz schön ins Zeug: Wie | |
aus gut informierten Kreisen zu hören war, durfte sich Fahim bei einem | |
Deutschlandbesuch ein Pferd in Brandenburg aussuchen. Das Pferd | |
transportierte die Bundeswehr für ihn nach Afghanistan. | |
Fahim ist nicht der einzige afghanische Politiker, der regelmäßig nach | |
Deutschland kommt. Der Milizenführer und Politiker Raschid Dostum hat gut | |
informierten Kreisen zufolge in Bitburg einen Alkoholentzug gemacht. Und | |
immer wieder kommen Warlords zu Konferenzen nach Deutschland. | |
## Warlords konferieren im Hotel „Adlon“ | |
Wie etwa am 7. und 8. Januar 2012. Im Hotel Adlon am Brandenburger Tor in | |
Berlin fand an jenem Wochenende eine Konferenz mit illustren Warlords wie | |
Sia Massud, Raschid Dostum und Mohammad Mohaqeq statt. Organisiert hatte | |
das Treffen der US-Republikaner Dana Rohrabacher, der den Staat Kalifornien | |
im Repräsentantenhaus vertritt. | |
Es war geprägt vom Wahlkampf in den USA – die Republikaner wollten damit | |
Obama kritisieren, der sich mit den Taliban zu Gesprächen traf. Eigentlich | |
sollten die Warlords auch an einer Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung | |
tags darauf zur innenpolitischen Situation in Afghanistan teilnehmen – doch | |
dann wurde die Sache der Stiftung wohl doch zu heikel und man weigerte | |
sich, Massud und Co dabeizuhaben. | |
„Die Bundesregierung bringt sich sehr stark in die Afghanistanpolitik ein | |
und stellt den neutralen Boden für Konferenzen“, verteidigt | |
Afghanistan-Experte Conrad Schetter die Einladung der afghanischen | |
Politiker. „Deutschland ist für die Afghanen ein Partnerland, dem man | |
verhältnismäßig stark vertraut.“ | |
Gerne hätte die taz auch mit dem Menschenrechtsbeauftragten der | |
Bundesregierung, Markus Löning, darüber gesprochen, inwieweit die | |
Verarztung von mutmaßlichen Kriegsverbrechern auf Staatskosten vertretbar | |
ist. Leider war er für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. | |
13 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Julia Maria Amberger | |
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