# taz.de -- Leiharbeit in Schlachthöfen: Schwarze Schafe unter Schweinen | |
> In deutschen Schlachthöfen sollen massenhaft Leiharbeiter schwarz | |
> beschäftigt worden sein. Von „chinesischen Verhältnissen“ und | |
> „Schlacht-Tourismus“ ist die Rede. | |
Bild: Nicht nur die Schweine, auch die Arbeit hier ist manchmal unappetitlich. | |
DÜSSELDORF dpa | In deutschen Schlachthöfen sollen erneut | |
Leiharbeiter-Kolonnen systematisch schwarz beschäftigt worden sein. Es | |
werde gegen 22 Beschuldigte und ein Firmengeflecht von rund zwei Dutzend | |
Unternehmen ermittelt, bestätigte Staatsanwalt Ralf Möllmann am Montag in | |
Düsseldorf Informationen des Norddeutschen Rundfunks. | |
Bereits Mitte Mai hätten 450 Polizisten, Zollbeamte, Steuerfahnder und | |
Staatsanwälte bundesweit an 90 Orten Büros und Wohnungen durchsucht. Die | |
Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass mit dem Einsatz der Leiharbeiter | |
aus Rumänien und Polen von den Leiharbeitsfirmen Steuern und Sozialabgaben | |
in Millionenhöhe hinterzogen wurden. | |
Mit einer ähnlichen Durchsuchungsaktion hatten die Ermittler vor sieben | |
Jahren die Branche aufgeschreckt. Ein deutscher Arbeiter-Verleiher aus | |
Mönchengladbach wurde in der Folge im Jahr 2010 vom Düsseldorfer | |
Landgericht zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Ermittler mussten | |
für die Massen an sichergestellten Unterlagen eine Turnhalle anmieten. | |
Die Beschuldigten im aktuellen Verfahren der Ermittlungskommission „Karo“ | |
seien zwar andere, sagte Möllmann. Die Strippen für den Einsatz der | |
Arbeiterkolonnen sind aber offenbar erneut am Niederrhein gezogen worden. | |
Kamp-Lintfort und Moers waren Orte der Durchsuchungen. | |
Das Verfahren sei zunächst von der Duisburger Staatsanwaltschaft geführt | |
und wegen des Umfangs an die Düsseldorfer Behörde abgegeben worden. Mehr | |
als ein Dutzend Schlachthöfe soll von Hintermännern der Szene mit billigen | |
Arbeitskräften versorgt worden sein. | |
## Internationaler Ärger | |
Die Leiharbeiter-Kolonnen haben die Stammbelegschaften der Schlachthöfe | |
vielerorts dezimiert. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung sorgen die | |
„chinesischen Verhältnisse“ in der deutschen Fleischindustrie inzwischen | |
auch international für Ärger. | |
Die belgische Regierung habe sich bei der EU-Kommission über Sozialdumping | |
und Wettbewerbsverzerrung in Deutschland beschwert. Die Billigkonkurrenz | |
aus Deutschland soll inzwischen auch den belgischen Fleischverarbeitern zu | |
schaffen machen und einen „Schlacht-Tourismus“ befördern. | |
Die ARD wollte am Montagabend eine NDR-Dokumentation „Lohnsklaven in | |
Deutschland“ senden. Die betroffenen Firmen hätten die Vorwürfe bestritten. | |
24 Jun 2013 | |
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