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# taz.de -- Hochwasser und Umweltbelastung: Der Kaffeesatz der Flut
> Nach dem Hochwasser sind Gewässer und Böden mit Schadstoffen belastet.
> Die Behörden kämpfen mit der Einschätzung der Schäden.
Bild: Wo Schlick und Schlamm zurückbleiben, hinterlassen sie zum Teil stark be…
BERLIN taz | Kein Badespaß im Chiemsee – wie viele andere Gewässer in
Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt ist auch dieser See seit Wochen
gesperrt: Mit der höchsten Warnstufe mahnen die Behörden derzeit davor, in
den Seen der Flutregion im Südosten Bayerns zu baden. Noch immer seien
Keimbelastung und Gefahr von Infektionen zu hoch.
Das betrifft auch das Trinkwasser. In vielen Gemeinden wurde es mit Chlor
aufbereitet oder die Bürger wurden dazu aufgefordert, das Wasser zusätzlich
abzukochen. Es dauert etwa zwei Wochen, bis das Nass wieder als sauber
gelten kann.
Die biologischen Schadstoffe sind nur ein kleiner Teil des Problems: Zwar
kann die Belastung durch Kolibakterien im Moment ihres Auftretens sehr
intensiv sein – sie sind aber auch schnell wieder verschwunden.
Was bleibt, ist die Chemie. Neben Pestiziden von Feldern hat das Hochwasser
auch Ablagerungen von Schwermetallen, Öl und organische Schadstoffe aus
überschwemmten Kellern oder Werkstätten freigesetzt. Diese fließen mit der
Strömung, bis sie sich an strömungsberuhigten Stellen absetzen.
## Was bleibt, ist eine dauerhafte Umweltbelastung
Wo Schlick und Schlamm zurückbleiben, ob auf Äckern oder auf dem Grund der
Gewässer, hinterlassen sie zum Teil stark belastetes Material. „Das ist
eigentlich wie beim türkischen Kaffee“, sagt Wolf von Tümpling vom
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. „Wenn man das Kaffeeglas stehen
lässt, dann ist unten Kaffeesatz, oben kann man Kaffee trinken – das ist im
Prinzip das, was mit den Schwebstoffen im Fluss passiert.“ Das Resultat:
keine akute Gefahr, wohl aber eine dauerhafte Umweltbelastung.
Möglicherweise drohen massive Ernteausfälle, meint Tümpling. Leichte
Verschmutzungen, beispielsweise durch einen dünnen Ölfilm, können häufig
noch von Bakterien abgebaut werden.
Und dann? Die Bauern müssen in vielen Fällen selbst einschätzen, wie
verschmutzt ihre Ernte und ihr Ackerboden sind. Die Behörden schaffen es
nicht, im gesamten Flutgebiet flächendeckend zu kontrollieren. Stattdessen
versuchen sie, verschiedene Risikostufen einzuschätzen: An überschwemmten
Gewerbegebieten, Industrieanlagen oder Tankstellen werden hohe
Schadstoffwerte vermutet und dementsprechend Boden- und Wasserproben
durchgeführt.
Im Einzelnen haben die Ämter aber keinen Überblick, wo im
Überflutungsgebiet ein Dieseltank leckte, Heizöl ausgelaufen ist oder
Pestizide weggeschwemmt wurden. Deshalb ist die Grauzone in der
Schadensbemessung hoch. Reinhild Benning vom BUND findet das inakzeptabel:
„Nach der Flut bestehen unüberschaubare Risiken, dass die Ernte aus diesen
Gebieten zum Verbraucher gelangt. Die Politik muss in den ökologischen
Hochwasserschutz investieren, um diesen Situationen vorzubeugen.“
Dem ökologischen Hochwasserschutz steht in vielen Fällen die individuelle
Gewinnmaximierung im Weg: Fruchtbare Auengebiete, die ursprünglich
natürliche Überschwemmungsflächen sind, werden häufig als Ackerland
verwendet – ein Maisfeld kann aber höchstens halb so viel Wasser aufnehmen
wie eine Auenweide.
Während die Pegelstände in Sachsen und Brandenburg am Mittwoch nach
heftigen Regenfällen wieder anstiegen, wird längst intensiv über den
Wiederaufbau nachgedacht. „Es sind ja eine Reihe von Anschaffungen zu
ersetzen. Die müssen neu gekauft werden“, sagte Rolf Bürkl vom
Marktforschungsunternehmen GfK. Auch die Flutkatastrophe von 2002 habe im
Nachhinein wie ein kleines Konjunkturpaket gewirkt.
26 Jun 2013
## AUTOREN
Julia Lauter
## TAGS
Hochwasser
Überflutung
Umweltbelastung
Flut
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Biber
Schwerpunkt Klimawandel
Biber
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