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# taz.de -- Nager zerstören Hochwasserdeiche: Sieben tote Problembiber
> Weil die Tiere Dämme unterhöhlen, haben sie sich während des Hochwassers
> Feinde gemacht. Jetzt drohen Erschießung oder Zwangsumsiedlung.
Bild: Mein Name ist Biber und mir droht der Abschuss.
DRESDEN taz | Zorn richtet sich gegen die Biber wie sonst nur gegen Wölfe,
wenn sie in der Lausitz Schafe reißen: Während des Elbhochwassers dringen
Gerüchte aus dem Raum Wittenberge, hysterische Bürger lauerten den
eigentlich geschützten Nagetieren des Nachts auf, um sie zu meucheln. Man
fürchtet offenbar einen Dammbruch. Pauschal werden die Biber für labile
Deiche verantwortlich gemacht, die sie angeblich mit ihren Burgen
unterhöhlen.
Etwas weiter flussaufwärts in einem sachsen-anhaltischen Kreis machten die
Behörden offiziell Ernst: Im Jerichower Land sind nach einer Entscheidung
des Katastrophenstabes sieben Biber erschossen worden. Man fürchtete eine
Unterwanderung. Auch in trockenen Zeiten sind Landwirte im Oderbruch oder
Elbanrainer in Sachsen-Anhalt und Brandenburg schlecht auf die Biber zu
sprechen.
Bedankt sich also der heimtückische Biber für seine Wiederansiedlung mit
Sabotageakten? Kocht angesichts der Integrationsverweigerung der Volkszorn
hoch? „Es war tatsächlich kurz davor“, dringt aus dem Amt Bad
Wilsnack/Weisen eine indirekte Bestätigung. „Es gibt keinen Volkszorn und
keine aufgebrachten Bürger“, erklärt hingegen Jürgen Herper, Bürgermeister
von Rühstädt und seit 40 Jahren im Natur- und Deichschutz engagiert. Man
sei schließlich nicht in Amerika, wo jeder mit der Knarre losziehen und
rumballern könne. Die Bürger könnten sich vielmehr auf ein seit zwei Jahren
funktionierendes Bibermanagement verlassen. Dazu gehörten auch eine genaue
Kenntnis der Biberreviere und eine Schulung der Deichwächter.
Denn Gefahr für die Deiche besteht akut nur, wenn die Biber selber zu
Hochwasserflüchtlingen werden. Ihr Wohnhöhlen liegen über Wasser, nur die
Eingänge der Burgen darunter. Werden auch die Wohnräume überflutet, dann
suchen sie rettende Anhöhen, bauen sogenannte Sassen als Ruhemulden oder
auch mal eine Burg in den Deich. Für die Biber kam außerdem das Hochwasser
zur falschesten Jahreszeit. Im Mai bekommen die vorbildlich monogam
lebenden Tiere ihren Nachwuchs.
## Rettungshügel für die Tiere
Mit diesem Wissen vermieden die Brandenburger den Griff zum Gewehr. Im
dortigen Verlauf der Elbe legte man für die Biber Rettungshügel künstlich
an, was sich lohnte: In diesem Jahr habe es keine einzige
Deichkronengrabung gegeben, sagt Jürgen Herper. Bernd Lindow, jenseits von
Katastrophenzeiten Umweltamtsleiter im Prignitz-Kreis, bestätigt zwar die
potenzielle Gefahr durch Biber. „Wenn man eine solche Burg entdeckt, passen
da schon mal drei, vier Lkw-Ladungen Sand hinein“, sagt er. Durch
Prävention ließen sich aber viele Konflikte oder gar Abschüsse vermeiden.
Ein einziger Problembiber von etwa 100 Revieren sei dort während des
Hochwassers vorsichtshalber eingefangen und zwangsumgesiedelt worden.
Die Brandenburger respektieren zwar die Abschussentscheidungen nebenan in
Sachsen-Anhalt, gehen aber auch spürbar auf Distanz. Ähnlich äußert sich
auch Biberexperte Peter Ibe vom Naturschutzbund Sachsen-Anhalt. Den
Abschuss bezeichnete er in der Magdeburger Volksstimme als „Aktionismus“.
Zugleich zeigt der Nabu ein gewisses Verständnis für Sofortmaßnahmen im
Katastrophenfall, zumal diese mit den Naturschutzbehörden abgestimmt waren.
Trotz der sich häufenden Hochwässer sei der Biberbestand recht stabil, sagt
Sprecherin Annette Leipelt. Sieben tote Biber sind offenbar zu verkraften.
21 Jun 2013
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Biber
Sachsen-Anhalt
Brandenburg
Hochwasser
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Bayern
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