# taz.de -- Frauenfußball Deutschland– Japan: Vorne hui, hinten pfui | |
> Kurz vor Beginn der Europameisterschaft schlagen die deutschen Frauen | |
> Weltmeister Japan mit 4:2. Ein Manko der stark verjüngten Mannschaft aber | |
> bleibt. | |
Bild: Torschützinnen: Celia Okoyino da Mbabi (o.) und Leonie Maier (r.). | |
MÜNCHEN taz | Norio Sasaki ist ein höflicher Mann. Nach der 2:4-Niederlage | |
gegen Deutschland am Samstag in der Münchner Arena am Müllberg verteilte | |
der Trainer der japanischen Nationalmannschaft jede Menge Komplimente. Die | |
deutschen Frauen seien genau diese zwei Tore besser als die | |
Weltmeisterinnen von 2011. Das Ergebnis gebe den Leistungsunterschied genau | |
wieder. | |
Es sei nun an ihm und seinen Frauen, den Anschluss wieder zu finden. Es war | |
seine Mannschaft, die mit ihren Viertelfinalsieg gegen die DFB-Auswahl bei | |
der Weltmeisterschaft ganz Frauenfußballland in eine tiefe Depression | |
gestürzt hatte. Jetzt elf Tage vor Beginn der Europameisterschaft in | |
Schweden war es das Spiel gegen Japan, das den deutschen Frauen die | |
Hoffnung gegeben hat, wieder die besten des Kontinents werden zu können. | |
Silvia Neid, die Bundestrainerin, kann sich das auch vorstellen. Sie sieht | |
ihre Mannschaft tatsächlich schon bei 100 Prozent, macht sich nur Sorgen, | |
dass ihr Team, dass sie aufgrund zahlreicher verletzungsbedingter Absagen | |
erfahrener Spielerinnen arg verjüngen hat müssen, noch nicht konstant genug | |
für ein Turnier ist, bei dem bis zu sechs Partien zu absolvieren sind. Auch | |
sie verteilte Komplimente. Endlich einmal habe man Gegnerinnen gehabt, die | |
über 90 Minuten hohes Tempo gehen könnten. | |
Der Schlafwagenfußball, den die zwei vorherigen Testspielgegner Schottland | |
und Kanada gezeigt haben, hat ihr wohl nicht so gut gefallen. Sie will ihre | |
Schützlinge rennen sehen. Sie will, dass sie gefordert werden. Deshalb | |
lässt sie die jungen Frauen in Trainingsspielen auch so gerne gegen Jungs | |
antreten. Ein letzter Test vor dem Abflug nach Schweden wird ein Spiel | |
gegen eine männlich Jugendmannschaft sein. Das soll ihrem Team zur nötigen | |
Turnierhärte verhelfen. | |
## Sonderlob für Leonie Maier | |
Überhaupt spricht Neid nach der Begegnung in München viel von Jungs, wenn | |
sie ihre Spielerinnen lobt. Leonie Maier, die linke Außenverteidigerin, die | |
in der nächsten Saison beim FC Bayern kicken wird, war den Zuschauern in | |
der Stadionzeitschrift als neuer Shootingstar angepriesen worden. Die | |
20-Jährige hat dann tatsächlich das 1:0 erzielt und dabei gezeigt, dass sie | |
beidfüßig begabt ist, was noch die Ausnahme ist im deutschen Frauenfußball. | |
Gelernt hat sie das bei den Jungs. Bis zur B-Jugend war sie in einer | |
Bubenmannschaft, wofür sie von der Bundestrainerin ein Sonderlob bekommen | |
hat. Ähnlich lange hat auch Lena Lotzen, die Offensive vom FC Bayern, mit | |
den Jungs zusammengespielt. Auch das hat Neid am Samstag besonders | |
hervorgehoben. | |
Am Beispiel von Leonie Maier hat die Bundestrainerin dann erörtert, wie sie | |
sich den modernen Frauenfußball vorstellt. Beidfüßig müssen man sein, den | |
Blick für den flachen Pass in die Vertikale haben und gleichzeitig | |
körperlich robust sein. „Lange Bälle schlagen und hinterherpölen“, diese | |
Art zu kicken, müsse endlich mal ein Ende haben. Von den Japanerinnen habe | |
man da in den vergangenen Jahren viel lernen können. Dass ihre Spielerinnen | |
gegen Japan bisweilen allzu ungestüm agiert haben, wird Neid auch | |
aufgefallen sein. | |
An der Lust am Spiel fehlt es den Frauen gewiss nicht, nun wird es in den | |
letzten Tagen vor dem Turnier darauf ankommen, die Disziplin in der | |
Defensive einzuüben. Ein Grundmanko der deutschen Mannschaft wird Neid | |
indes nicht mehr abstellen können. Für eine gewinnbringende Spieleröffnung | |
sind die deutschen Innenverteidigerinnen fußballerisch einfach nicht gut | |
genug. | |
## Regelmäßig aufstöhnende Zuschauer | |
Das ist auch den 46.000 Zuschauern in der gut gefüllten Arena aufgefallen, | |
die bei den wirren Verteidigungsschlägen regelmäßig aufgestöhnt haben. Mit | |
dem Ergebnis waren sie natürlich zufrieden und schickten brav ein paar | |
Jubelwellen über die Tribünen. Da war wieder ein wenig von der irren | |
WM-Stimmung zu spüren, die 2011 einen Teil des Landes erfasst hatte. | |
Für die zweimalige deutsche Führung sorgten Maier (18.) und Celia Okoyino | |
da Mbabi (46./Foulelfmeter). Shinobu Ohno (40.) und Potsdams | |
Bundesligatorschützenkönigin Yuki Ogimi (60.) glichen jeweils aus. Die | |
Neu-Frankfurterin Okoyino da Mbabi (87.) mit ihrem 41. Länderspieltor im | |
79. Einsatz und Simone Laudehr (90.+1/Foulelfmeter) besorgten den | |
4:2-Endstand. | |
Die europäische Rekordkulisse für ein Testspiel zweier Frauenteams zu | |
erreichen, war indes Schwerstarbeit. Der Bayerische Fußballverband hat | |
20.000 Tickets zum Billigpreis von sieben Euro an Vereinsgruppen verkauft. | |
Auch die Sponsoren haben fleißig Karten verteilt und dann wurden | |
tatsächlich noch ein paar Karten im freien Verkauf abgesetzt, so dass | |
tatsächlich der Eindruck entstanden ist, in Pep-Land sei auch noch ein | |
wenig Platz für Frauenfußball. | |
30 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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