# taz.de -- Neues Fußballbuch: Die Männerfußballversteherin | |
> In „Der zwölfte Mann ist eine Frau“ widmet sich Wiebke Porombka ihrer | |
> Fanvita und ihrer Liebe zu Werder Bremen. Sie hört dort auf, wo es | |
> spannend wird. | |
Bild: Unterstützung in Buchform gefällig? Werder dankt. | |
Wiebke Porombka hat ein Buch über ihr Fandasein geschrieben. Etliche haben | |
das bereits getan. Dass aber eine Frau über ihr Leben als Fan berichtet, | |
ist dann doch etwas Besonderes. In „Der zwölfte Mann ist eine Frau“ widmet | |
sich Porombka ihrer persönlichen Fanvita und ihrer Liebe Werder. | |
Angenehm politisch unkorrekt beschäftigt sie sich in thematisch | |
gegliederten Kapiteln mit dem Fallen der Männerdomäne Fankurve, deren | |
stetiger weiblicher Unterwanderung sie beiwohnte. Sie versucht, dem | |
Phänomen weiblicher Fans und den möglichen Unterschieden zu den Männern | |
nachzuspüren. | |
Und sie erklärt, warum sie nur Anhänger eines Männerteams sein und mit | |
Frauenfußball nichts anfangen kann. Die Autorin ist | |
Literaturwissenschaftlerin und -kritikerin (vor allem für die FAZ), es ist | |
ihre erste nichtakademische Publikation in Buchform. Die 36-Jährige ist in | |
Bremen aufgewachsen und lebt in Berlin. | |
Das Initiationserlebnis, das sie beschreibt, mag nur für wirkliche | |
Fußballfans nachvollziehbar sein. Porombka erzählt, wie sie im Kindesalter | |
von ihrem Bruder ab und zu mal eine Ohrfeige kassiert. Warum? Weil sie | |
unqualifizierte Kommentare von sich gibt, das Spiel nicht versteht. Sie | |
fängt daraufhin an, sich mit Fußball zu beschäftigen – die Ohrfeigen hätt… | |
schon ihre Richtigkeit gehabt. Wenige Jahre später hat sie mehr | |
Fußballfachverstand als ihr Bruder. | |
Porombka beschreibt daraufhin recht typische Fantopoi und -sujets. Sie | |
berichtet über Rivalitäten mit einer Freundin, die den Schalkern nahesteht. | |
Sie schildert ihre Rituale am Spieltag, sie beleuchtet die „Panini-Phase“, | |
in der Fußballspieler ähnliche Verhaltensweisen beim Jungvolk hervorrufen, | |
wie es Popstars vermögen. Leuten, die Unglück bringen, wenn man sie mit ins | |
Stadion nimmt (hier der Onkel), wird zu viel Platz eingeräumt, der | |
nostalgisch anmutenden Bayern/Werder-Rivalität auch. Das Buch plätschert | |
ein wenig vor sich hin. Als Fan aber bleibt man dabei. | |
## Exzessive Frauen | |
Und die Schlussphase hat es in sich. Erst mal watscht Porombka den | |
Frauenfußball ab. Sie versucht, beim Besuch einer Partie Turbine – Potsdam | |
Leidenschaft aufkeimen zu lassen. Allein: Es fehlt an Atmosphäre im | |
Stadion. Und, sosehr man es bedauern mag, sie hat ja recht: Die Ostkurve in | |
Bremen wäre wohl selbst bei einem Abstieg in die Oberliga noch aufregender | |
als ein Champions-League-Spiel im Turbine-Block – Stand heute. | |
Das Spiel der Frauen an sich weist sie in einem Nebensatz als technisch | |
rückständig aus. Sie verlässt das Stadion bei einem DFB-Pokal-Halbfinale | |
vor dem Abpfiff. | |
Und dann bemitleidet sie die Männer auch noch, dass ihnen die Frauen die | |
Kurven in den Bundesligastadien bevölkern und ihnen streitig machen. Wie | |
sie in diesem Kapitel aber das Gebaren der Männer in Stadien und vor | |
Bildschirmen analysiert, macht Spaß und hat Wiedererkennungswert. | |
Schließlich spricht sie sich gegen den glatt geleckten und gebügelten | |
Fußball aus – und für Typen wie Marko Arnautovic und Uli Borowka. Dieses | |
Kapitel hätte mehr Raum verdient gehabt, birgt es doch reichlich Material | |
über das Wesen des Fußballs in sich. | |
Gerade die großen Thesen hätte man sich ausführlicher gewünscht. An mancher | |
Stelle scheint es zudem falsch, genderpolitische Aspekte immerzu | |
herunterzuspielen. Das trifft hier etwa auf den Frauenfußball mit knapp | |
einem Jahrhundert weniger Geschichte zu. Eine Auseinandersetzung damit, wie | |
Frauen untereinander heute das exzessive Fansein verhandeln und bewerten, | |
wäre zudem wünschenswert gewesen. | |
Es ist ein Fanbuch im Plauderton, für dieses Genre der richtige | |
Sprachduktus. Der Text gewinnt zunehmend an Fahrt, in den Abschlusskapiteln | |
beschreibt Porombka gekonnt die Wendepunkte, die der Fußball in den letzten | |
Jahren erlebt hat. Sie hört aber dort auf, wo es spannend wird. | |
30 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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