# taz.de -- Recycling-Mode auf der Fashion Week: Müll macht schick | |
> US-Superstar Pharrell Williams stellt seine nachhaltige Mode vor. Auf der | |
> Berliner Fashion Week geriert er sich mit einem Recyclingprodukt. | |
Bild: Alle Augen sind auf Pharrell Williams gerichtet. | |
BERLIN taz | Glitzernde Sneakers und silberne Paillettenröcke, so weit das | |
Auge reicht. Bei der Preview Fashion Week, die diese Woche in Berlin | |
stattfindet, bestimmt das Artifizielle die Haltung. Naturverbundenheit mag | |
da nicht ohne Weiteres erblühen, dennoch folgt die Veranstaltung seit | |
einigen Jahren schon dem Öko-Trend und versucht – so gut es geht – auch | |
nachhaltige Modeentwürfe in ihr Programm zu integrieren. | |
In diesem Jahr hat in Berlin zum ersten Mal die Diskussionsplattform Parley | |
ihr Zelt aufgeschlagen, um Kreative, Aktivisten und Unternehmer zum | |
Austausch über das gefährdete Ökosystem der Weltmeere und dem | |
entgegenwirkende, alternative Modeprojekte zusammenzuführen. Als Stargast | |
und Host wurde dazu Pharrell Williams eingeflogen: Mode-Ikone, Designer und | |
einer der einflussreichsten US-Popmusikproduzent unserer Zeit. | |
In Skater-Montur, die seit seinem Durchbruch Anfang der nuller Jahre – als | |
Hälfte des Produzentenduos The Neptunes und Frontmann der HipHop-Band | |
N.E.R.D. – eine Art Markenzeichen ist, spaziert Pharrell Williams auf das | |
Gelände. Der Musiker stellt ein eigenes Produkt vor, das der | |
Plastikverschmutzung in den Ozeanen vorbeugen soll. | |
Seit 2008 ist Pharrell Williams Creative Director und Partner der Firma | |
Bionic, die aus recycelten Plastikflaschen hochwertige Textilfasern | |
produziert. Daraus lassen sich Persennings für Boote herstellen, Möbel – | |
oder Mode. Das Besondere daran: Im Gegensatz zu anderen Herstellern von | |
Recyclingtextilien lässt sich das Bionic-Öko-Garn durch ein einzigartiges | |
Windungsverfahren auch aus minderwertigen Kunststoffabfällen fabrizieren. | |
„Ich bin diese Zusammenarbeit aus sehr eigennützigen Gründen eingegangen“, | |
erzählt Williams im Interview mit der taz. „Ich handle in so vieler | |
Hinsicht kontraproduktiv und möchte die Gewissheit haben, dass ich zugleich | |
etwas Produktives für das Ökosystem leiste. Wir haben so eine | |
Ameisenmentalität, was diese Welt betrifft. Wir denken, sie wäre groß | |
genug, um diesen ganzen Plastikmüll im Ozean zu verdauen, aber eigentlich | |
ist die Erde doch nichtig im Vergleich zu dem, was da draußen sonst noch | |
existiert.“ | |
## Pharrells junge Zielgruppe | |
Marken wie Timberland und GAP gehören bereits zu den Kunden von Bionic. Auf | |
der Berliner Fashion Week will Pharrell Williams neue Abnehmer finden. Man | |
wolle in Zukunft vor allem auf Denim und eine junge Zielgruppe setzen. Dass | |
den beiden Bionic-Gründern Tyson Toussant und Tim Coombs mit ihrem lebenden | |
Aushängeschild ein großer Coup gelungen ist, macht sich innerhalb von fünf | |
Minuten sichtbar: Williams bekommt maximale Aufmerksamkeit, alle Besucher | |
reißen sich um ein Foto mit ihm. Schließlich läuft Pharrell Williams’ | |
butterweiche Stimme gerade auf allen Kanälen hoch und runter. Diese Woche | |
führt er die internationalen Charts gleich mehrfach an: Sein Song „Blurred | |
Lines“ mit Sänger Robert Thicke ist auf der Eins, „Get Lucky“ mit Daft P… | |
auf der Zwei – in Deutschland, Frankreich und den USA. | |
Im Gespräch bezeichnet sich der Überflieger immer wieder als | |
„Durschnittsmenschen“: „Ich bin nicht der Mensch, der Nachhaltigkeit am | |
vorbildlichsten praktiziert. Ich bin mir dessen bewusst, welche Produkte | |
ich konsumiere, aber oft fällt es mir schwer, auf alles zu verzichten. Ich | |
glaube an Zufriedenheit durch Mäßigung. Totaler Verzicht macht | |
unglücklich.“ Deshalb strebe Bionic ein Umdenken in der gesamten Industrie | |
an, damit der Konsument nicht mehr verzichten müsse, sondern | |
Recyclingtextilien einfach zum Standard würden. | |
Seine nächste Platte möchte Pharrell Williams nur digital veröffentlichen, | |
damit die CD-Produktion nicht unnötigen Müll produziere. Er arbeite gerade | |
an einem Konzept, das geschlossene Kunstwerk quasi ins digitale zu | |
übersetzen, da ihm das visuelle Artwork eines Albums sehr wichtig sei. | |
Nachhaltig soll es sein, aber bitte auch schick. | |
5 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Fatma Aydemir | |
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