# taz.de -- Die Legitimität der NSA-Überwachung: Adenauer ist Schuld | |
> Ist die Ausspähung deutscher Bürger durch den US-Geheimdienst legal? Alte | |
> Vereinbarungen mit den West-Alliierten weisen darauf hin. | |
Bild: Späh-Freund und Altkanzler: Konrad Adenauer | |
FREIBURG taz | Hat die Bundesregierung der Ausspähung der Bundesbürger | |
durch den US-Geheimdienst NSA längst zugestimmt? Das behauptet die | |
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS). Danach können sich die | |
amerikanischen Geheimdienste bei Ausspähaktionen in Deutschland auf | |
Rechtsgrundlagen berufen, die noch aus der alten Bundesrepublik stammen. | |
Die FAS beruft sich zum einen auf eine Verwaltungsvereinbarung, die die | |
Bundesregierung 1968 mit den drei Westmächten USA, Großbritannien und | |
Frankreich traf. Offiziell hatte die Bundesrepublik im Bereich der Inneren | |
Sicherheit damals ihre Souveränität zurückbekommen. Dem Verfassungsschutz | |
wurde 1968 erstmals erlaubt, im Inland Telefone abzuhören, der | |
Bundesnachrichtendienst (BND) durfte den internationalen Verkehr anlasslos | |
untersuchen. Beides wurde im G-10-Gesetz geregelt. Eine vom Bundestag | |
gewählte Kommission sollte die Maßnahmen genehmigen und überwachen. | |
Tatsächlich wurde den Westmächten auch weiterhin die Arbeit erleichtert. In | |
einer 1968 getroffenen Verwaltungsvereinbarung wurde ihnen die Möglichkeit | |
eingeräumt, Abhörergebnisse des Verfassungsschutzes und des BND zu nutzen | |
oder sogar selbst in Auftrag zu geben, wenn es die Sicherheit der noch in | |
Deutschland stationierten Truppen erfordert. Dies hat der Historiker Josef | |
Foschepoth schon im Vorjahr enthüllt. | |
Diese Verwaltungsvereinbarungen sind nach den Recherchen Foschepoths noch | |
immer in Kraft. Auf eine parlamentarische Anfrage hin sagte die | |
Bundesregierung jedoch, dass die Allierten seit 1990 keine entsprechenden | |
Abhörgesuche mehr gestellt hätten. | |
Der frühere SPD-Abgeordnete Claus Arndt, der in der G-10-Kommission saß, | |
sagte dem Spiegel, die Amerikaner hätten von den Möglichkeiten regen | |
Gebrauch gemacht. Von einigen internationalen Leitungen, etwa von Paris | |
nach Prag, ließen sie sich vom BND den gesamten Verkehr mitschneiden. Bei | |
Anschlüssen in Deutschland habe die G-10-Kommission US-Wünsche zwar | |
manchmal abgelehnt, bei der strategischen Aufklärung ganzer Leitungen habe | |
es aber genügt, wenn die USA eine Gefahr für ihre Truppen erklärten. | |
## „Angemessenen Schutzmaßnahme“ | |
Sollte die NSA tatsächlich direkt auf deutsche Internetknoten zugegriffen | |
haben, so dürfte sie sich auf diese Verwaltungsvereinbarung wohl nicht | |
berufen. Schließlich sieht diese vor, dass die Daten von deutschen Stellen | |
abgegriffen werden und dass die G-10-Kommission des Bundestags dies | |
genehmigen muss. | |
Die FAS bringt als Rechtsgrundlage deshalb noch eine zweite Möglichkeit ins | |
Spiel. So habe Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) den Alliierten 1954 | |
brieflich zugesichert, dass „jeder Militärbefehlshaber berechtigt ist, im | |
Falle einer unmittelbaren Bedrohung seiner Streitkräfte die angemessenen | |
Schutzmaßnahmen zu ergreifen“. Das sei 1968 in einer diplomatischen | |
Verbalnote zum G-10-Gesetz bekräftigt worden. Gemäß dem Truppenvertrag von | |
1952 und dem Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut von 1962 schließe dies | |
das Recht ein, eigene Nachrichten in Deutschland zu sammeln. | |
Ob die US-Amerikaner von dieser geheimen Verbalnote Gebrauch gemacht haben, | |
ist unklar. Unbekannt ist auch, ob sie sich heute gegenüber der | |
Bundesregierung hierauf berufen. | |
7 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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