# taz.de -- Spannungen im Ostkongo: Mit Macheten auf in den Krieg | |
> Im Kongo mehren sich Attacken von Jugendbanden gegen die Rebellenarmee | |
> M23. Sie und Regierungstruppen stehen sich in den Hügeln vor Goma nach | |
> wie vor gegenüber. | |
Bild: Kanyarucina: Ausnahmsweise griffen Blauhelme ein, als Jugendliche mit Mac… | |
KINSHASA taz | Schon zum zweiten Mal innerhalb einer Woche haben am | |
Mittwoch Jugendbanden die Stellungen der Rebellenbewegung M23 (Bewegung des | |
23. März) im Ostkongo angegriffen. Über 50 junge Männer, bewaffnet mit | |
Lanzen und Macheten, näherten sich im Morgengrauen der M23-Frontlinie bei | |
Kanyarucina vier Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Goma, berichten | |
Anwohner der taz. Die M23 habe das Feuer eröffnet. UN-Blauhelme hätten | |
beide Seiten auseinandergetrieben. | |
Die M23 hatte am selben Morgen einen Präventivschlag unternommen: gegen | |
eine Splittergruppe der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte | |
zur Befreiung Ruandas) unter Oberst Soki, die im M23-Gebiet an Kongos | |
Grenze zu Uganda immer wieder Überfälle verübt. Gegenüber der taz jubelte | |
die M23 jetzt, man habe Oberst Soki getötet und dessen Vize verletzt. Ein | |
Milizoffizier bestätigt dies. | |
Von allen Seiten häufen sich derzeit Attacken gegen die M23, Ostkongos | |
stärkste Rebellengruppe, die vor genau einem Jahr entlang der Grenze zu | |
Uganda und Ruanda einen Landstrich bis an den Rand der Millionenstadt Goma | |
erobert hatte. Die M23 behauptet, die angreifenden Milizen seien von der | |
Regierungsarmee koordiniert. Seit drei Wochen liegen beide Seiten | |
hochgerüstet an der Front nördlich von Goma in den Startlöchern, bereit für | |
eine finale Schlacht. | |
Die Regierungsarmee FARDC streitet Zusammenarbeit mit Anti-M23-Milizen | |
vehement ab. Doch es ist eine Tatsache, dass die FARDC sich gern kleiner | |
Milizen bedient, um Gegner zu provozieren. taz-Recherchen bestätigen, dass | |
die FARDC die ruandische Hutu-Miliz FDLR aufrüstet, weil man in der | |
Tutsi-geführten M23, die laut UN-Berichten von Ruanda unterstützt wird, | |
einen gemeinsamen Feind sieht. | |
## Chaotische Armee, organisierte Rebellen | |
Die chaotische FARDC war bislang zu schwach, es mit der straff | |
organisierten M23 aufzunehmen – was sich zeigte, als die M23 im November | |
2012 kurzzeitig Goma eroberte und fliehende Regierungssoldaten plündernd | |
und vergewaltigend durch die Kleinstadt Minova 50 Kilometer westlich zogen. | |
Ein Teil der verantwortlichen Offiziere wurde daraufhin in die Hauptstadt | |
Kinshasa beordert, wo sie sich seitdem in einem Hotel langweilen. Ein | |
geringer Teil blieb an der Front in Nord-Kivu und leistete sich Ende Mai | |
erneut Gefechte mit der M23 nördlich von Goma. | |
Die an der Front verbliebenen Offiziere hatten in den vergangenen Monaten | |
verschiedene lokale Stellvertretermilizen orchestriert, um die M23 in | |
Schach zu halten. Dabei nutzten sie das Netzwerk von General Gabriel Amisi, | |
der nach dem Fall von Goma suspendierte Heereschef. | |
Amisi, im Kongo als „Tango Fort“ bekannt, hatte Lastwagen voller Waffen und | |
Munition an die Miliz APCLS (Patriotische Allianz für einen freien und | |
souveränen Kongo) verkauft oder verschenkt – ein enger Verbündeter der | |
FDLR, die wohl auch einen Teil der Ausrüstung abbekam. Die ebenfalls mit | |
der FDLR verbündete Nyatura, eine Miliz kongolesischer Hutu, ließ sich | |
ebenfalls von der Armee aufrüsten. | |
## Präsident Kabila startet Armeereform | |
Diese mafiösen Netzwerke sollen nach dem Willen der internationalen Partner | |
des Kongo jetzt zerschlagen werden. Erst wenn die Armee saniert ist, kann | |
sie wieder mit internationaler Unterstützung beim Kampf gegen die M23 | |
rechnen – dafür steht eine neue UN-Interventionsbrigade in Goma bereit. | |
Die Grundlage für eine solche Armeereform hat Kongos Präsident Joseph | |
Kabila jetzt mit einem neuen Gesetz geschaffen. Es strafft die | |
Kommandostruktur im Verteidigungsfall, strukturiert die Streitkräfte und | |
die Armeeschulen neu und weist der „inneren Führung“ ein größeres Gewicht | |
zu. | |
Und zu Beginn dieser Woche wurden die seit Monaten in Kinshasas Hotel | |
„geparkten“ Oberste zu Generälen verschiedener Unterdienstgrade befördert. | |
Mit neuen Rängen und Gehaltsstufen sollen sie jetzt die Verteidigung des | |
Ostens gegen die M23 übernehmen. Gespannt warten sie jetzt, wer welchem | |
Posten zugeteilt wird. | |
10 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
## TAGS | |
Afrika | |
Kongo | |
Goma | |
Rebellen | |
Regierung | |
M23-Rebellen | |
Kongo | |
Journalist | |
Kongo | |
Goma | |
Kongo | |
Goma | |
Kongo | |
Kongo | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Krise im Kongo: Vorwürfe nach Bombenbeschuss | |
Tote und Verletzte bei Beschuss Gomas. Kongo: Ruanda war's. Ruanda: Kongo | |
war's. Die UNO dagegen macht die M23-Rebellen verantwortlich. | |
Krise im Kongo: Präsident kritisiert? Ab in den Knast! | |
Ein Parlamentarier aus Goma wurde wegen kritischer Sätze in einer | |
Radiosendung zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Polizei unterbindet | |
Proteste. | |
Konflikt im Osten des Kongo: Goma wird zur UN-„Sicherheitszone“ | |
Ab Donnerstag, 16 Uhr will die UN-Truppe im Ostkongo alle Rebellen | |
entwaffnen. Aber erst einmal nur in einer Zone rund um Goma, wo gar keine | |
sind. | |
Krieg im Kongo: Geschändete Leichen | |
In den Hügeln außerhalb der Metropole Goma feiert die Regierungsarmee ihren | |
Sieg gegen die M23-Rebellen. Doch die Schlacht ist noch lange nicht | |
gewonnen. | |
Kriegsangst im Kongo: Entscheidende Schlacht steht bevor | |
In Kongo stehen die Friedensgespräche zwischen Regierung und Rebellen vor | |
dem Scheitern. Die nächste Kriegsrunde könnte auch Nachbarländer betreffen. | |
Schwere Kämpfe im Ostkongo: Bomben fallen auf Kinder | |
Mit schwerer Artillerie schießen die M23-Rebellen auf die Armee – und | |
treffen auch Zivilisten. In Goma gibt es Tote und Verletzte, Tausende sind | |
auf der Flucht. | |
Kein Schutz für Zivilisten im Kongo: „Die Kugeln sind überall“ | |
Nach einem halben Jahr Ruhe sind die Kämpfe zwischen der Armee und | |
M23-Rebellen bei Goma neu aufgeflammt. Die Flüchtlinge hoffen vergeblich | |
auf die UNO. | |
Krieg im Ostkongo: Klauen, kiffen, kämpfen | |
An jeder Ecke steht eine andere Miliz, jede will die andere verjagen: Auf | |
der Fernstraße nach Uganda zeigt sich die Dynamik von Ostkongos Krieg. | |
Konflikt im Ostkongo: Niemand blickt durch | |
Die Lage im Kongo bleibt unübersichtlich. Erst ist Ruandas Armee | |
eingerückt, dann Kongos Armee, und jetzt wurde der Rebellenführer Nkunda | |
verhaftet. | |
Debatte Kongo: Lieber Krisen-Kobler! | |
Der nächste Chef der weltgrößten UN-Mission wird ein Deutscher. Das wird | |
spannend. Denn die UNO fährt ihr Kongo-Mandat gerade gegen die Wand. |