| # taz.de -- Kein Schutz für Zivilisten im Kongo: „Die Kugeln sind überall“ | |
| > Nach einem halben Jahr Ruhe sind die Kämpfe zwischen der Armee und | |
| > M23-Rebellen bei Goma neu aufgeflammt. Die Flüchtlinge hoffen vergeblich | |
| > auf die UNO. | |
| Bild: Nicht jeder kommt durch: UN-Kontrollposten an der Front in Kanyarucina be… | |
| MUNIGI / GOMA taz | Kinder weinen, Frauen klagen, Männer schreien vor Wut. | |
| Doch das rostrote Tor der UN-Basis in Munigi bleibt geschlossen. Dabei hört | |
| man von weitem Bomben fallen, Kalaschnikows rattern. Die Bomben kommen von | |
| Kongos Regierungstruppen, die Panzer und Hubschrauber einsetzen; das | |
| Gewehrfeuer von den [1][Rebellen der M23] (Bewegung des 23. März). | |
| Seit Montag früh [2][bekriegen sich die beiden wieder] im Osten der | |
| Demokratischen Republik Kongo, zum ersten Mal seit einem halben Jahr. | |
| Tausende Menschen sind wieder auf der Flucht. Die meisten nur mit einem | |
| kleinen Bündel Habseligkeiten. Sie suchen Zuflucht bei der UNO. Doch diese | |
| lässt die Menschen nicht hinein. | |
| Die UN-Basis in Munigi, vier Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Goma, | |
| ist die nächstgelegene zur Frontlinie. Bei früheren Kämpfen erhielten hier | |
| Tausende Menschen hier Schutz. Doch heute: vergeblich. Ein südafrikanischer | |
| Blauhelmsoldat öffnet nur das kleine Guckloch am Eingangstor, als die taz | |
| nachfragen will, warum die Frauen und Kinder draußen bibbern müssen. „Wir | |
| wollen diese Leute hier nicht haben“, antwortet er schroff. | |
| Die Lage sei unübersichtlich. Dann schließt sich das Guckloch wieder. Die | |
| Menschen stehen hilflos vor meterhohen Sandsäcken, die Schutz bieten, wenn | |
| man hinter ihnen steht. Ein Mitarbeiter der Internationalen Organisation | |
| für Migration (IOM) kommt im weißen Geländewagen. Auch er sagt den Leuten, | |
| sie sollen gehen, es sei nicht sicher. „Wo sollen wir denn hin?“, ruft ihm | |
| ein Mann zu. | |
| ## „Wir irren durch die Gegend“ | |
| Yvette Nkoko schaukelt ihr Baby im Arm, ihre weiteren vier Kinder klammern | |
| sich an ihre Schenkel. Sie haben Angst. Am frühen Morgen seien sie aus | |
| ihrem zwei Kilometer entfernten Heimatdorf Mutaho geflohen, als die erste | |
| Bombe ihre Hütte traf, erzählt sie. „Wir irren durch die Gegend, die Kugeln | |
| sind überall. Wir dachten, mit der UNO sind wir sicher.“ | |
| Die UNO verweigert öffentliche Kommentare. Inoffiziell gibt ein | |
| hochrangiger UN-Offizier zu, Frauen und Kinder sei eigentlich der Zugang | |
| zum Lager erlaubt. Doch es herrsche eben Chaos. Chaos ist genau das, was | |
| die die M23-Rebellen derzeit stiften wollen, so scheint es. | |
| Sie erklären, sie hätten am Montag einen Angriff gestartet, weil die | |
| Regierungsarmee gemischt mit Kämpfern der ruandischen Hutu-Miliz FDLR | |
| (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) einen Brunnen nahe Mutaho | |
| besetzt habe, wo ihre eigenen Kämpfer bislang Wasser schöpften. Auch wenn | |
| das stimmt: Es scheint nur ein willkommener Anlass gewesen zu sein, den | |
| Krieg erneut zu starten. | |
| Der Zeitpunkt ist optimal: Am Donnerstag wird UN-Generalsekretär Ban Ki | |
| Moon in Goma erwartet. Seine Sicherheit ist eine enorme Herausforderung. | |
| Der UN-Chef soll offiziell die neue „Interventionsbrigade“ willkommen | |
| heißen: rund 3.000 zusätzliche Blauhelme aus Tansania, Malawi und | |
| Südafrika, die Rebellen und Milizen im Ostkongo aktiv bekämpfen sollen. Das | |
| steht jedenfalls in ihrem Mandat. Das Mandat der über 19.000 Blauhelme im | |
| Kongo sieht auch den Schutz der Bevölkerung vor, was sie in Munigi aber | |
| nicht tun. | |
| ## Die Eingriftruppe ist nicht kampfbereit | |
| Noch ist die Eingreiftruppe nicht kampfbereit. Ein paar hundert Soldaten | |
| aus Tansania sind angereist. Doch ohne Waffen und Munition. Die | |
| Befehlskette ist noch nicht ausgearbeitet. Das nutzt jetzt die M23 aus, um | |
| erneut mit dem Sturm auf Goma zu drohen, wie im November 2012, als sie die | |
| Millionenmetropole elf Tage lang besetzt hielten. „Kabila wollte keinen | |
| Waffenstillstand mit uns“, rechtfertigt M23-Sprecher Amani Kabasha die | |
| neuen Kämpfe. | |
| So muss jetzt Kongos Armee, die die letzte Schlacht gegen die M23 verlor, | |
| wieder Goma verteidigen. Knapp 5.000 Soldaten sind in der Stadt | |
| stationiert, darunter Spezialeinheiten und Präsidentengarde. Doch das macht | |
| der Bevölkerung ebenfalls Angst. Denn die unbezahlten und demoralisierten | |
| Soldaten sind dafür berüchtigt, nachts betrunken die Häuser zu plündern. | |
| 21 May 2013 | |
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| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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