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# taz.de -- Anklage gegen Pro-Köln-Funktionäre: Gut bezahltes Gelaber
> Die selbsternannte „Bürgerbewegung Pro Köln“ hat Ärger mit der
> Staatsanwaltschaft. Den Rechtsextremen wird „gewerbs- und bandenmäßiger
> Betrug“ vorgeworfen.
Bild: Kaum Kölner stehen auf die „Bürgerbewegung Pro Köln“.
KÖLN taz | Die Kölner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen vier
Ratsmitglieder der rechtsextremen „Bürgerbewegung Pro Köln“ erhoben. Der
gegen sie erhobene Vorwurf lautet „gewerbs- und bandenmäßiger Betrug“. Die
Ultrarechten sollen bei der Abrechnung von Sitzungsgeldern kräftig
geschummelt haben.
Vor Gericht verantworten sollen sich die „Pro Köln“-Fraktionsvorsitzende
Judith Wolter, ihr Stellvertreter Jörg Uckermann, Fraktionsgeschäftsführer
Markus Wiener sowie das Ratsmitglied Bernd Schöppe. In der gegen sie
gerichteten 64 Seiten starken Anklageschrift, die inzwischen beim
Landgericht Köln eingegangen ist, bemüht sich die Staatsanwaltschaft um die
Aufklärung eines erstaunlichen Phänomens: Seit Jahren fällt die Fraktion
von „Pro Köln“ im Kölner Stadtrat durch einen schier unbändigen internen
Beratungsbedarf auf. Es reiht sich Sitzung an Sitzung.
Allein im Jahr 2010 veranstaltete die selbst ernannte „Bürgerbewegung“ nach
Angaben der Stadtverwaltung 221 Fraktionssitzungen. Zum Vergleich: Die SPD,
die die größte Ratsfraktion stellt, kam lediglich auf 101
Fraktionssitzungen. Zusätzlich will „Pro Köln“ noch 151 interne
Arbeitskreissitzungen abgehalten haben, macht zusammen 372 Treffen. 2011
steigerte sich das Pensum sogar auf mehr als 480 Meetings.
Für ihren augenscheinlichen Versuch, als sitzungsfreudigste Ratsfraktion
der Welt ins Guinnessbuch der Rekorde zu kommen, bieten sich zwei sich
widersprechende Erklärungen an: „Pro Köln“ behauptet, schlicht „die mit
Abstand fleißigste Fraktion!“ im Rat zu sein. Die Staatsanwaltschaft glaubt
hingegen, dass es sich bei dem vermeintlichen Sitzungseifer wohl eher um
ein geschicktes, aber illegales Geschäftsmodell zum Abgreifen von
Staatsknete handelt. Denn die Anklagebehörde geht davon aus, dass nicht
wenige Sitzungen nur auf dem Papier stattfanden.
## „Pro Köln“ hat kräftig abkassiert
Hintergrund ist, dass Mitglieder des Kölner Rates und sachkundige Bürger
pro Sitzung eine Aufwandsentschädigung erhalten. Hinzu kommen noch einmal
Ausgleichsleistungen für mögliche Verdienstausfälle sowie die Erstattung
von Fahrtkosten. Da kann sich einiges zusammen läppern. Insgesamt
kassierten die Ratsmitglieder und die sachkundigen Bürger von "Pro Köln“
2010 und 2011 jeweils städtische Sitzungsgelder in Höhe von etwa 100.000
Euro – deutlich mehr als alle anderen Parteien.
Im Oktober vergangenen Jahres durchsuchten Fahnder 17 Büros und Wohnungen
in Köln, Leverkusen und Berlin, darunter auch die Räume des „Pro
NRW“-Vorsitzenden Markus Beisicht und des inzwischen in Berlin lebenden
„Pro Deutschland“-Chefs Manfred Rouhs, der bis April 2011 dem Kölner
Stadtrat angehört hatte. Dabei fanden die Ermittler offenbar genug Belege
dafür, dass seit dem Jahr 2008 Sitzungsgelder für mehrere hundert
Fraktionssitzungen abgerechnet wurden, die es nie gegeben hat. Außerdem
sollen „Pro Köln“-Aktivisten Sitzungen abgerechnet haben, an denen sie
nicht teilgenommen haben.
Alleine dem Vize-Fraktionsvorsitzenden Jörg Uckermann, der im Zuge der
Ermittlungen mehrere Tage in U-Haft saß, wirft die Staatsanwaltschaft 223
Betrugsfälle vor. Bei den drei anderen Beschuldigten sollen 40 bis 46
Sitzungen illegal abgerechnet worden sein.
## Antrag auf Nichtzulassung der Anklage
In einer Mitteilung bestätigte „Pro Köln“ die Anklageerhebung. Es handele
sich um „an den Haaren herbei gezogene Verdächtigungen und bösartige
Unterstellungen“, wies die selbsternannte „Bürgerbewegung“ die Vorwürfe
zurück. Die betroffenen Stadträte würden die Nichtzulassung der Anklage
wegen grober inhaltlicher und formaler Fehler beantragen.
Außerdem bestritt „Pro Köln“ Meldungen, nach denen gegen 15 weitere
Mitglieder und Sympathisanten noch ermittelt werde. Tatsächlich hat die
Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen gegen einige Funktionäre im Laufe
der Woche mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt, bestätigte
Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer der taz. Aber, so Bremer: „Gegen mehrere
Beschuldigte dauern die Ermittlungen an.“ Unter ihnen befände sich auch
„Pro Deutschland“-Chef Manfred Rouhs.
Wann es zum Prozess kommt, ist unklar. Laut Landgerichtssprecher Dirk Eßer
sei frühestens im Herbst mit der Eröffnung der Hauptverhandlung zu rechnen.
Derzeit ist die zuständige 12. Große Strafkammer des Kölner Landgerichts
noch mit einer Autoknackerbande beschäftigt.
12 Jul 2013
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Bürgerbewegung
Pro Köln
Ultrarechte
Staatsanwalt
Anklage
Betrug
Pro Köln
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Rainer Brüderle
Pro Köln
Schwerpunkt Rassismus
Rechtsextremismus
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