Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rechtextreme von „Pro Köln“: Pro extensives Sitzungswesen
> Vier Ratsmitglieder von „Pro Köln“ stehen vor Gericht. Um Sitzungsgeld zu
> kassieren, sollen sie Hunderte Treffen vorgetäuscht haben.
Bild: Jörg Uckermann (Mitte), hier mit seinen Gesinnungsgenossen Manfred Rouhs…
KÖLN taz | Es war ein kurzer Ausflug. Per Gefängnisbus kam Jörg Uckermann
am Montag zur Verhandlung ins Kölner Landgericht, abends ging es zurück in
die Justizvollzugsanstalt Ossendorf. Dort wird der Vizechef der
Ratsfraktion von „Pro Köln“ vorerst bleiben, um sicherzustellen, dass er
auch bei den nächsten Prozessterminen dabei ist.
Uckermann ist einer von vier Ratsmitgliedern der rechtsextremen
Wählervereinigung, die sich mitten im Kommunalwahlkampf vor der 12. Großen
Strafkammer des Landgerichts verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft
wirft ihm und seinen Mitstreitern Bernd Schöppe, Markus Wiener und
Fraktionschefin Judith Wolter bandenmäßigen Betrug vor. Da der 45-jährige
Heilpraktiker dem Prozessauftakt am 11. April unentschuldigt fernblieb,
erließ das Gericht Haftbefehl, noch am Abend wurde er festgenommen.
Hintergrund der Anklage ist das vermeintlich extensive Sitzungswesen der
„Pro Köln“-Ratsfraktion. Alleine im Jahr 2010 will die rechte Truppe 221
Fraktionssitzungen veranstaltet haben. Hinzu kommen noch 151 interne
Arbeitskreissitzungen, das macht zusammen 372 Treffen. 2011 steigerte sich
das Pensum sogar auf mehr als 480 Meetings, die stets in voller Besetzung
samt Bekannten und Verwandten stattgefunden haben sollen.
Der scheinbar unbändige interne Beratungsbedarf lohnte sich: Neben
pauschalisierten städtischen Zuwendungen in Höhe von 133.700 Euro erhielt
die „Pro Köln“-Fraktion nach Auskunft der Stadt im Jahr 2010 zusätzlich
103.550,40 Euro an Sitzungsgeldern für ihre Ratsmitglieder und
„sachkundigen Bürger“. Damit bekam die Rechtsaußentruppe weit mehr
Sitzungsgelder als alle anderen im Rat vertretenen Fraktionen – und das,
obwohl sie dort eine der kleinsten ist.
## Geschicktes, aber illegales Geschäftsmodell
Die Anklage geht davon aus, dass es sich dabei um ein geschicktes, aber
illegales Geschäftsmodell zum Abgreifen von Staatsknete handelte. Im
Oktober 2012 durchsuchten Fahnder 17 Büros und Wohnungen in Köln,
Leverkusen und Berlin, darunter auch die Räume des „Pro NRW“-Vorsitzenden
Markus Beisicht und des inzwischen in Berlin lebenden „Pro
Deutschland“-Chefs Manfred Rouhs, der bis April 2011 dem Kölner Stadtrat
angehört hatte.
Dabei fanden die Ermittler aus ihrer Sicht genug Belege dafür, dass seit
2008 mehrere hundert Fraktionssitzungen abgerechnet wurden, die es nie oder
zumindest nicht in der angegebenen Besetzung gegeben hat. Die
Anklageverlesung dauerte über eine Stunde.
Besonders dreist soll es Uckermann getrieben haben. Ihm werden alleine mehr
als 220 Betrugsfälle angelastet. Hinzu kommen weitere Anklagen, weil er
zudem zu Unrecht Verdienstausfallzahlungen in Höhe von über 8.000 Euro
geltend gemacht und sich Sozialleistungen von über 7.000 Euro erschlichen
haben soll. Pikant: Mit diesen Betrügereien soll er bereits im Jahr 2007
begonnen haben. Damals war Uckermann noch CDU-Mitglied und
stellvertretender Bezirksbürgermeister in Köln-Ehrenfeld. Erst im März 2008
wechselte er zu „Pro Köln“.
Zu den Vorwürfen äußerten sich die Angeklagten am Montag nicht. Uckermann,
der bei der Kommunalwahl am 25. Mai auf Platz 3 der „Pro Köln“-Liste steht,
verweigerte sogar die Angabe seiner Personalien. Der Prozesstag endete am
frühen Abend mit mehreren Befangenheitsanträgen gegen den Vorsitzenden
Richter Jörg Michael Bern und einen Schöffen. Es handele sich um einen
„rein politisch motivierten Prozess“, kritisierte die Verteidigung. Am 5.
Mai geht es weiter.
29 Apr 2014
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Pro Köln
Betrug
CDU
Pro Köln
Kommunalwahl
Pro Deutschland
Pro Köln
Schwerpunkt Rassismus
Bürgerbewegung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Auszählungsposse bei Ratswahl: Im kölschen Florida
Die Ratswahl 2014 in Köln-Rodenkirchen soll falsch ausgezählt worden sein.
Ein Gericht beschloss die Neuauszählung. Nicht zur Freude der SPD.
Prozess gegen Pro-Köln-Politiker: Knast für den Sozialschnorrer
Politiker der Rechtsaußenpartei „Pro Köln“ haben gefälschte
Anwesenheitslisten bei der Stadt eingereicht. Einer wurde nun zu über zwei
Jahren Haft verurteilt.
Kommunalwahl in Köln: Grüne fordern Neuauszählung
Hauchdünn ist die rot-grüne Mehrheit in Köln, nun kamen Zweifel am Ergebnis
einzelner Stimmbezirke auf. Deshalb sollen alle 399.000 Wahlzettel geprüft
werden.
Finanzierung von „Pro Deutschland“: Seltsame Software, satte Spenden
„Pro Deutschland“-Chef Rouhs vertreibt Microsoft-Programme mit
zweifelhaftem Ursprung. Aus den Einnahmen wird die rechte Partei
unterstützt.
Prozess gegen „Pro Köln“: Auf der Flucht
Der Prozessbeginn gegen „Pro Köln“-Funktionäre muss verschoben werden, we…
der Hauptangeklagte fehlt. Jetzt sucht ihn die Polizei.
Wahlkampftour der Rechtspopulisten: „Pro“ gegen Muslime und die taz
Die rechte Kleinstpartei „Pro Deutschland“ startet eine Wahlkampftour gegen
vermeintliche Islamisten und Linksextreme. Auch die taz bekommt Besuch.
Anklage gegen Pro-Köln-Funktionäre: Gut bezahltes Gelaber
Die selbsternannte „Bürgerbewegung Pro Köln“ hat Ärger mit der
Staatsanwaltschaft. Den Rechtsextremen wird „gewerbs- und bandenmäßiger
Betrug“ vorgeworfen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.