# taz.de -- Ärger um Bushido: Kein Killer, sondern Rapper | |
> Bushido ruft in einem Song zu Mord auf und zeigt wegen seiner Hasstiraden | |
> keine Reue. Sollte er aber auch gar nicht - denn auch schlechte Kunst | |
> muss erlaubt sein. | |
Bild: Bushido ist eine „dumme Wurst“ - findet jedenfalls Bild-Kolumnist Fra… | |
Schon wieder der. Möchte man eigentlich sagen. Und sich nicht weiter | |
kümmern um die neuerliche Causa Bushido. Denn lang schon ist’s langweilig. | |
Die ewigen Provokationen von der einen Seite. Und die ewige, reflexhafte | |
Empörung von der anderen. Zudem der Erregungskreislauf, der nur dazu dient, | |
einem kommerziell kriselnden Unterhaltungsunternehmer Aufmerksamkeit zu | |
beschaffen. Am besten hätte man Bushidos Song „Stress ohne Grund“ einfach | |
ignoriert. | |
Geht aber nicht. Leider. Vielleicht weil Sommerloch ist, ist Bushido doch | |
wieder Thema geworden, und wieder mal nimmt die Diskussion den erwartbaren | |
Verlauf: Der eine sagt etwas, das die die anderen herabwürdigt. Die anderen | |
sind tief betroffen und lassen von ihren Anwälten untersuchen, ob | |
rechtliche Schritte einzuleiten seien. | |
Der eine beruft sich auf die Freiheit der Kunst, relativiert aber | |
sicherheitshalber schon mal seine Aussagen. Politiker äußern sich, | |
Soziologen werden befragt, Mütter sind besorgt, andere Schlagersänger sind | |
noch besorgter, und die Bundesprüfstelle tut, was sie immer tut: sie prüft. | |
## Konsens der Mehrheitsgesellschaft | |
Das alles wäre nicht weiter der Erwähnung wert, kristallisierte sich nicht | |
aus dieser Diskussion langsam ein irritierender Tenor heraus: Dieser | |
aufmüpfige Sohn eines Tunesiers und einer Deutschen tanzt uns schon viel zu | |
lange auf der Nase herum. Wie stopfen wir - nachdem selbst die | |
Stern-Enthüllungen nicht einmal ein klitzekleines Gerichtsverfahren nach | |
sich zogen - diesem Bushido, der jetzt auch noch einen provozierend | |
islamistisch anmutenden Vollbart trägt, bloß endlich die Schnauze? | |
Sieht man sich die Politikeräußerungen und Medienkommentare an, von Volker | |
Beck, der meint, dass man Bushido ruhig verurteilen könne, weil er | |
„künstlerisch nicht viel drauf hat“, bis zu Bild-Kolumnisten Franz-Josef | |
Wagner, der den Rapper rassistisch mit einem „Brüllaffen“ vergleicht, | |
scheint sich diese Haltung langsam zum Konsens der Mehrheitsgesellschaft zu | |
entwickeln. | |
Als wäre die veröffentlichte Meinung in diesem Land immer noch beleidigt, | |
dass sie Bushido einst auf den Leim ging, ihn zum Vorzeigemigranten kürte | |
und als A-Prominenten in ihre Klatschspalten aufnahm, reagiert sie nun umso | |
eingeschnappter. Allen voran die Politik, die vor nicht langer Zeit den | |
Bundestagspraktikanten Bushido gern langfristig in ihren Schoß aufgenommen | |
hätte. | |
Das erste Opfer dieses Konsens ist, wie üblich wenn sich die | |
Mehrheitsmeinung und der gute Geschmack zum alleinigen Wertmaßstab | |
aufschwingen, die Kunstfreiheit und deren große Schwester, die | |
Meinungsfreiheit. Denn sicherlich ist es nicht schön für Claudia Roth oder | |
Serkan Tören, wenn ihnen ihre Ermordung angedroht wird. | |
## Genuss eines besonderen Schutzes | |
Aber Bushido ist von Beruf eben nicht Auftragskiller, sondern Rapper. Als | |
solcher genießen seine Aussagen unabhängig von ihrer künstlerischen | |
Qualität einen besonderen Schutz. Ebenso wie die von Filmregisseuren, in | |
deren Werken haufenweise Menschen bestialisch ermordet werden. Denn die | |
Freiheit der Kunst besteht eben auch darin, etwas Falsches behaupten oder | |
Geschmackloses sagen zu dürfen. | |
Die Freiheit der Kunst besteht auch darin, schlechte Kunst sein zu dürfen. | |
Kunst darf, soll, ja muss alles sein können. Schon weil niemand | |
letztinstanzlich entscheiden kann, was bessere oder schlechtere Kunst ist. | |
Was ist mehr wert, das Deckengemälde der Sixtinischen Kapelle oder das | |
Pissoir an der Museumswand? Ein Lied von Johnny Cash, der einst sang „I | |
shot a man in Reno just to watch him die“, oder eine Gewaltphantasie von | |
Bushido? Christoph Schlingensief, der 1997 „Tötet Helmut Kohl“ forderte, | |
oder Bushido im Jahr 2013? | |
16 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Thomas Winkler | |
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