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# taz.de -- Menschenrechtler jagen Kriegsverbrecher: „Uns bleiben noch zwei, …
> Das Simon-Wiesenthal-Center startet die Kampagne „Operation Last Chance“.
> Das Ziel: die letzten lebenden NS-Kriegsverbrecher aufzuspüren.
Bild: Ort grausamer NS-Kriegsverbrechen: Das Vernichtungslager Sobibor.
KÖLN taz | Dass er sich noch einmal für seine Taten vor Gericht
verantworten muss, damit hat László Csatáry wohl nicht mehr gerechnet.
Jahrzehntelang lebte er unter falschem Namen unbehelligt zuerst in Kanada,
dann in Ungarn. Vor einem Jahr spürten ihn Reporter der britischen
Boulevardzeitung The Sun in Budapest auf.
Auf seine Fährte gebracht hatte sie das Simon Wiesenthal Center, auf dessen
Liste der meistgesuchten NS-Kriegsverbrecher Csatáry ganz oben stand. Mitte
Juni erhob die ungarische Justiz Anklage gegen den heute 98-Jährigen. Als
Polizeichef der damals zu Ungarn gehörenden Stadt Košice soll er
mitverantwortlich sein für die Deportation von 15.700 Juden in das
Vernichtungslager Auschwitz.
„Das Auffinden von László Csatáry und seine Anklage sind zu hundert Prozent
der Erfolg der Operation Last Chance“, sagt Efraim Zuroff. Der Direktor des
Simon Wiesenthal Centers (WSC) in Jerusalem sieht darin eine große
Bestätigung der Arbeit der Menschenrechtsorganisation.
„Jede Anklage ist eine wichtige Erinnerung daran, dass Gerechtigkeit für
die Opfer des Holocaust immer noch erreicht werden kann“, sagt Zuroff, der
die Verfolgung von Nazi-Kriegsverbrechen weltweit koordiniert. Das hohe
Alter der Täter dürfe kein Grund sein, die Strafverfolgung einzustellen.
„Das macht ihre Schuld nicht geringer.“
Unter dem Motto „Spät. Aber nicht zu spät!“ startet das WSC an diesem
Dienstag seine Plakatkampagne „Operation Last Chance II“. In Berlin,
Hamburg und Köln sollen insgesamt 2.000 Plakate aufgehängt werden, um auch
die letzten noch lebenden Nazi-Kriegsverbrecher in Deutschland aufzuspüren.
Für sachdienliche Informationen, die zu ihrer Verhaftung und Verurteilung
führen, ist eine Belohnung von bis zu 25.000 Euro ausgesetzt. „Unsere
Hoffnung ist, so viele Hinweise und Informationen zu bekommen, wie nur
möglich“, sagt Zuroff.
## Wohl die letzte Fahndungsaktion
Jeder einzelne Hinweis werde von Historikern und Rechercheuren geprüft, um
dann die verifizierten Informationen an die deutschen Ermittlungsbehörden
zu übergeben. Der israelische Historiker amerikanischer Abstammung weiß,
dass es wohl die letzte Fahndungsaktion sein dürfte. Aufgrund des
fortgeschrittenen Alters der Täter blieben „vielleicht noch zwei, drei
Jahre“.
Ausgangspunkt von „Operation Last Chance II“ ist der Fall John Demjanjuk.
Im Mai 2011 wurde der einstige Wachmann im Vernichtungslager Sobibór vom
Landgericht München wegen Beihilfe zum Mord in tausenden Fällen zu einer
Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Das Gericht bescheinigte
Demjanjuk, „Teil der Vernichtungsmaschinerie“ gewesen zu sein.
Aufgrund seines Todes erhielt das Urteil zwar nie Rechtskraft. Trotzdem sei
damit ein historischer Präzedenzfall geschaffen worden, der die Rechtslage
erheblich verändert habe, sagt Zuroff. Denn erstmals in der deutschen
Rechtsgeschichte wurde klargestellt, dass es nicht erforderlich ist,
Wachleuten der Vernichtungslager oder Mitgliedern der Einsatzgruppen eine
konkrete Tat individuell nachzuweisen.
Sieben Jahrzehnte nach dem Holocaust besteht endlich die Chance,
NS-Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen, die bisher straffrei blieben.
## Hoffen auf die Bundesregierung
Erstmalig vorgestellt hatte Zuroff die „Operation Last Chance II“ bereits
im Dezember 2011 im Bundestag. Die jetzt gestartete Kampagne ist ein
Neuanlauf mit verstärkten öffentlichkeitswirksamen Mitteln.
Dabei hofft das WSC auch auf die Unterstützung der Bundesregierung.
„Selbstverständlich wäre es wünschenswert bei diesem so wichtigen Projekt
für die finale Aufarbeitung und Bewältigung dieses Abschnitts der deutschen
Geschichte, die Bundesregierung auf unserer Seite zu haben und eine
Unterstützung bei der Suche zu bekommen“, sagt Zuroff. „Doch das ist leider
bisher nicht erfolgt.“
23 Jul 2013
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
NS-Verbrechen
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Auschwitz
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