| # taz.de -- Antisemitismus in der „Süddeutschen“?: Was für eine Sauerei | |
| > Ein Monster illustrierte die Rezension zweier israelkritischer Bücher in | |
| > der „Süddeutschen Zeitung“. Das trägt der „SZ“ den Vorwurf des | |
| > Antisemitismus ein. | |
| Bild: Werbung für die „Süddeutsche“. Die kritisierte Bildunterschrift der… | |
| Nein, das hat Ernst Kahl nicht verdient. Entsprechend [1][„entsetzt“ zeigte | |
| sich der Künstler], der unter anderem in Titanic, Konkret oder Pardon | |
| veröffentlicht, über die Süddeutsche Zeitung vom Dienstag. | |
| Auf der Seite „Das politische Buch“ im Feuilleton war da eine Buchrezension | |
| abgedruckt, in der sich Heiko Flottau unter der Überschrift „Der Niedergang | |
| des liberalen Zionismus“ mit zwei Autoren beschäftigte, die dem Zionismus | |
| und der Demokratie in Israel kritisch gegenüberstehen. | |
| Illustriert war die Besprechung der Bücher von Peter Beinart („Die | |
| amerikanischen Juden und Israel. Was falsch läuft“) und Werner Sonne | |
| („Staatsraison? Wie Deutschland für Israels Sicherheit haftet“) mit einem | |
| Bild von Ernst Kahl. Es zeigt ein grünliches Monster mit roter Nase und | |
| roten Pickeln im Morgenrock und mit breitem Mund, spitzen Ohren und Hörnern | |
| auf der Stirn. | |
| Es sitzt im Bett. In seinen groben Pranken hält es Besteck, darunter | |
| bedrohlich ein Messer, und schaut fast lüstern dem Frühstück entgegen, das | |
| ihm gerade serviert wird. Bildunterschrift: „Deutschland serviert. Seit | |
| Jahrzehnten wird Israel, teils umsonst, mit Waffen versorgt. Israels Feinde | |
| betrachten das Land als einen gefräßigen Moloch. Peter Beinart beklagt, | |
| dass es dazu gekommen ist“. Die (arische) Unschuld serviert dem | |
| (semitischen) Moloch, also der kinder- und weltverschlingenden Macht, ein | |
| köstliches Waffenfrühstück. Oder so. | |
| ## Ein antisemitisches Arrangement | |
| Es braucht wahrlich keinen Henryk M. Broder, um dieses Arrangement als | |
| ansitsemitisch zu erkennen und zu benennen. In der Welt schrieb er: „So | |
| weit wie die Süddeutsche Zeitung ist bis jetzt noch keine bürgerliche | |
| Zeitung in Deutschland gegangen. In dieser Karikatur tritt 'Israel' an die | |
| Stelle des 'Juden', die Süddeutsche Zeitung setzt dort an, wo der Stürmer | |
| 1945 aufhören musste.“ | |
| Was verhetzende Stereotypen angeht, muss man dem Kritiker hier leider bis | |
| zu einem bestimmten Punkt zustimmen, zumal inzwischen auch das | |
| Simon-Wiesenthal-Center Los Angeles zum „Protest gegen diese antisemitische | |
| Darstellung“ aufgerufen hat, nicht ohne höflich einzuräumen, Israel sei wie | |
| jede Demokratie „niemals“ über jede Kritik erhaben. | |
| ## Wie die Feinde das Land sehen | |
| Aber: Die linksliberale Süddeutsche Zeitung ist doch nicht der Stürmer! | |
| Bestimmt gibt es eine gute Erklärung für diesen entsetzlichen | |
| blattmacherischen Ausrutscher. Man kennt das ja, als Redakteur: Da gibt es | |
| eine griffige Passage im Text, prompt fällt einem ein Bild dazu ein und | |
| -zack! – ist es schon im Blatt! Hilfesuchend wendet man sich nach München, | |
| und was schreibt die zuständige Redakteurin Franziska Augstein in einer | |
| ersten Stellungnahme? Sie schreibt, auch in der „Großen Konferenz“ sei | |
| darüber diskutiert worden, wobei „manche“ die Seite „geschmacklos“ gef… | |
| hätten. | |
| Andere hatten „daran nichts auszusetzen“". Es wäre nur illustriert worden, | |
| wie „Israels Feinde“ das Land sähen. Im Übrigen solle doch bitte über die | |
| Texte „diskutiert werden, nicht über die Bebilderung“. Erst einen vollen | |
| Tag später distanzierte sich „die Redaktion“ [2][mit wünschenswerter | |
| Deutlichkeit:] „Die Süddeutsche Zeitung bedauert, dass es zu solchen | |
| Missverständnissen kommen konnte. Die Veröffentlichung der Zeichnung in | |
| diesem Kontext war ein Fehler.“ Unbeantwortet bleibt dennoch die Frage, wie | |
| es dazu kommen konnte. | |
| Die übliche Frage, ob Satire dies oder jenes denn „darf“, stellt sich hier | |
| deshalb nicht, weil die Satire hier dies ebenso wenig wollte wie jenes. | |
| Krass bleibt der Kontext und die gedankenlose bis dummdreiste Chuzpe der | |
| verantwortlichen Redakteurin. | |
| ## Ernst Kahl ist jeder Hetze unverdächtig | |
| Krass ist nicht das Bild selbst. Die abgebildete Fratze kennt man, wenn man | |
| das Werk von Ernst Kahl kennt, etwa aus seinen immer auch leicht frivolen | |
| Studien etwa zur Völlerei (etwa im „Katzenfrühstück“) – oder auch aus | |
| Bildern wie „Schwanensee“, wo ein äffisches Publikum in Dunkeln die weiße | |
| Ballerina beobachtet. | |
| „Wundervolle Sauereien“ nannte einmal Wiglaf Droste die | |
| dystopisch-satirischen Provokationen eines Künstler, der einst öffentlich | |
| eine Gruppe von Gummibäumen „gegen die Abholzung des Regenwaldes“ | |
| protestieren und verdursten ließ. Dieser Mann ist jeder Hetze, nicht nur | |
| der antijüdischen, absolut unverdächtig. Allein schon, weil er einfach | |
| nicht dumm genug für eine solche Gedankenbewegung wäre. Ob das auch für | |
| Franziska Augstein gilt, wird sich erst noch weisen müssen. | |
| 3 Jul 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/16410 | |
| [2] http://www.sueddeutsche.de/politik/stellungnahme-der-redaktion-zur-illustra… | |
| ## AUTOREN | |
| Arno Frank | |
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