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# taz.de -- Lange Wege in Sachsen: Mega-Kita und Container-Krippen
> Sachsen steht beim Kitaplatzausbau verhältnismäßig gut da – auf dem
> Papier. Denn Eltern müssen für einen freien Platz oft lange Wege in Kauf
> nehmen.
Bild: Glücklich, wer einen Platz hat.
DRESDEN taz | Die Dresdnerin Madeleine Engelmann* muss morgens vor der
Arbeit eine halbe Stunde länger einplanen, seit sie neben ihrem
Kindergartenkind das zweite endlich in einer Krippe unterbringen konnte.
Aus dem Ortsteil Pieschen fährt sie täglich bis in den Südwesten der Stadt,
weil in ihrem Ortsamtsbezirk kein Platz mehr frei war.
Madeleine Engelmann ist kein Einzelfall. „Leider ist der Ausbau der
Betreuungsinfrastruktur noch nicht so weit fortgeschritten, dass allen
Dresdner Eltern auch ein Kitaplatz in der Nähe des Wohnorts angeboten
werden kann“, räumt Sozialbürgermeister Martin Seidel ein. Etwa ein Drittel
der Eltern muss Wege bis zu einer halben Stunde in Kauf nehmen.
Familie Engelmann müht sich nun über eine Onlinetauschbörse des
Elternnetzwerks Dresden, mit einem passenden Partner den Platz zu tauschen
und Wege künftig abzukürzen. An eine Klage denken sie nicht. Wegezeiten bis
zu einer halben Stunde gelten in der laufenden Rechtsprechung als zumutbar.
Allgemein rechnen weder die Stadt Dresden noch der Freistaat Sachsen nach
Angaben des Kultusministeriums mit einer nennenswerten Zahl von Klagen,
wenn ab dem 1. August der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Einjährige
gilt.
Denn wenn es in Ostdeutschland Grund zur Klage gibt, dann auf hohem
Versorgungsniveau. In Sachsen sind es die wachsenden Großstädte Leipzig und
Dresden mit einer relativ jungen Bevölkerung, in denen noch immer
Platzmangel herrscht. Nicht zuletzt deshalb, weil Dresden in einer
Elternbefragung eine Bedarfsquote von 86 Prozent für ein- bis dreijährige
Kinder ermittelt hat.
Weit mehr Eltern als in Westdeutschland und auch mehr als im
Landesdurchschnitt werden hier die Kinder schon im Krippenalter betreut.
Über eine gestiegene Erwerbsneigung von Müttern gibt es allerdings noch
keine gesicherten statistischen Erkenntnisse.
## 183 Millionen Euro für 8.300 Plätze
Seit Bekanntwerden des Rechtsanspruchs im Jahr 2008 hat die Stadt deshalb
182 Millionen Euro in rund 8.300 zusätzliche Plätze investiert.
Sozialbürgermeister Seidel zeigt sich zuversichtlich, dass der Bedarf bis
zum 1. August tatsächlich gedeckt werden kann. Das gilt nach Recherchen des
sächsischen Kultusministeriums für alle sächsischen Kommunen.
Dresden ist allerdings auch jedes Mittel recht, im Endspurt erfolgreich zu
sein. Im Stadtteil Trachau zum Beispiel wird 75 Garagenmietern gekündigt,
um auf dem städtischen Gelände eine Kindertagesstätte zu errichten. An
mehreren Orten der Stadt sind hölzerne Containerbauten gewachsen. Die
übliche Bauzeit von etwa einem Jahr verkürzt sich so auf ein Viertel.
In einer ehemaligen Kaserne der nördlichen Albertstadt, die lange Jahre die
Sächsische Landesbibliothek beherbergte, ist eine Megakita für 310 Kinder
entstanden. Auf drei Etagen bietet sie großzügige Möglichkeiten für
Experimentierräume, einen Kreativbereich oder einen Tanzsaal. Aber auch
hier hätte Familie Engelmann derzeit kaum noch eine Chance. Auch für diese
Plätze gibt es schon Wartelisten.
* Name geändert
23 Jul 2013
## AUTOREN
Michael Bartsch
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