Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Arbeitskampf bei Verpackungshersteller: Neupack will Streikbrecher …
> Die Gewerkschaftsphobie des Familienunternehmens Krüger, Besitzer der
> Firma Neupack, treibt skurrile Blüten. Nun will es Streikbrecher
> dauerhaft einstellen.
Bild: Unerwünscht: Mit der Gewerkschaft BCE wollte Neupack nicht verhandeln.
BERLIN taz | In der Arbeitskampfforschung heißt es, die härtesten und
bisweilen skurrilsten Konflikte zwischen Belegschaft und Chefs spielten
sich weitgehend unbeobachtet in kleinen Familienunternehmen ab. Einer
besonders interessanten Aufführung kann man derzeit im Norden, beim
Verpackungshersteller Neupack in Hamburg und Rotenburg (Wümme) beiwohnen.
Über acht Monate hatte ein Teil der Belegschaft des 200-Mann-Unternehmens
gestreikt. Sie verlangte Lohnerhöhungen und einen Tarifvertrag, hatte genug
von willkürlichen Einzelverträgen, die die Firmenleitung ausgab. Der harsch
ausgetragene Konflikt zog Kreise und erregte einige Aufmerksamkeit, denn er
brachte die wenig streikfreudige Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie
(IG BCE) in die Bredouille. Sie fand sich plötzlich zwischen einer
streikfreudigen Belegschaft und einem hartleibigen Management eingeklemmt
und sah bisweilen ziemlich ratlos aus.
Nach zermürbenden Streikwochen und etlichen Verhandlungsrunden dann Anfang
Juli die Nachricht, die nicht zuletzt in der IG BCE-Spitze für großes
Aufatmen gesorgt haben dürfte: eine Betriebsvereinbarung, mühevoll zwischen
Betriebsrat und Management ausgehandelt, lag unterschriftsreif auf dem
Tisch. Das war zwar kein Tarifvertrag, wie ihn die Belegschaft gefordert
hatte. Trotzdem wurde das Ende des Konflikts ausgerufen. Doch jetzt ist die
Einigung – vorerst – wieder in weite Ferne gerückt.
Bei der Familie Krüger, darunter Familienpatriarch Jens Krüger, 72, und
sein Neffe, Geschäftsführer Lars Krüger, sind Gewerkschaften ungefähr so
beliebt wie Fußpilz. Will man nicht haben, weder an den Füßen noch im
Betrieb. Deswegen auch eine Betriebsvereinbarung, die offiziell nur mit dem
Betriebsrat geschlossen wird und nicht – wie ein Tarifvertrag – mit der
Gewerkschaft.
## Betriebsrat gegen Streikbrecher
Der Familie Phobie vor Mitarbeitern, die ihre Rechte einfordern, treibt
bisweilen irrationale Blüten: Obwohl die Unternehmenskasse durch den Streik
ziemlich gelitten haben dürfte, zauberte das Neupack-Management plötzlich
eine neue Forderung aus dem Hut: der Betriebsrat solle auch der Einstellung
von 57 Streikbrechern zustimmen.
„Der Betriebsrat hat das völlig zu Recht abgelehnt“, sagt
IG-BCE-Gewerkschaftssekretär Rajko Pientka dazu. Der Mann hat eigentlich
nichts gegen Neueinstellungen – „wenn klar ist, dass es den Personalbedarf
gibt. Aber dazu verweigert Neupack jede Information und Kalkulation“, sagt
Pientka. Zu diesem Vorwurf möchte die externe Kommunikationsagentur, die
Neupack engagiert hat, am Donnerstag keine Stellung nehmen. In einer
Pressemitteilung weist Neupack dem Betriebsrat jedoch die Schuld für die
gescheiterte „Einführung des verhandelten neuen Entgeltsystems“ zu.
Der Betriebsrat rechnet vor, dass es mit den neuen Kollegen insgesamt 240
Beschäftigte gäbe. Vor dem Streik seien es 195 gewesen, bei einem „deutlich
höheren Auftragseingang als heute“. Der Betriebsrat sieht darum „die
Gefahr, dass infolge dieser Einstellungen dann andere Kollegen – letztlich
wohl als Maßregelung wegen ihrer Streikteilnahme – gekündigt werden“.
Besonders skurril wird das Ganze, weil die Gewerkschaft nun die
Einigungsstelle anrufen kann: eine Art „betriebliches Schiedsgericht“, dem
in den meisten Fällen ein Arbeitsrichter vorsitzt. Dessen Votum ist
letztlich ausschlaggebend – und man kann sich recht sicher sein, dass er
die ursprüngliche Betriebsvereinbarung, über die wohldokumentierte
Einigkeit bestand, und die unter anderem Lohn- und Gehaltssteigerungen und
eine 38-Stunden-Woche vorsieht, in Kraft setzt.
25 Jul 2013
## AUTOREN
Eva Völpel
## TAGS
Arbeitskampf
Gewerkschaft
Betriebsrat
Neupack
Arbeitsrecht
IG BCE
Arbeitskampf
Gewerkschaft
IG BCE
Neupack
Neupack
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wie man „Nichts-Tuer“ loswird: Kampf den Unliebsamen
In Bremen lehrt eine Anwaltskanzlei, wie man lästige Mitarbeiter besonders
günstig loswird. Dieses „Union Busting“ ist ein lukrativer Markt.
Tarifstreit mit harten Bandagen: Schlammschlacht zum Weihnachtsfest
Um den Betriebsratsvorsitzenden loszuwerden, versucht die Verpackungsfirma
Neupack, mittels einer Privatdetektivin seinen Arzt zu diskreditieren.
Konflikt bei Burger King: Betriebsräte sollen gehen
Ein Betriebsratsvorsitzender bei Burger King soll wegen einer Krankmeldung
gekündigt werden. Ein vorgeschobener Grund, sagt die Gewerkschaft NGG.
Gewerkschaft contra Handwerk: Weniger Lohn dank Rechtsbruch
Handwerksinnungen bieten Betrieben eine Mitgliedschaft ohne die Übernahme
von Tarifverträgen an. Das ist illegal, kritisiert der Gewerkschaftsbund.
Kommentar Streik Neupack: Ein Lehrstück für die IG BCE
Ein kleines Unternehmen zwang fast die große IG Bergbau Chemie und Energie
in die Knie. Neupack könnte wichtige Diskussionen in der Gewerkschaft
anstoßen.
Arbeitskampf bei Neupack: Geordneter Rückzug
Die Beschäftigten des Verpackungsherstellers Neupack erstreiken
Verbesserungen durch eine Betriebsvereinbarung. Nicht alle sind damit
glücklich.
Konfliktreicher Arbeitskampf bei Neupack: Die Flexi-Verarschung
Beschäftigte der Firma Neupack kämpfen gegen willkürliche Lohnpolitik. Die
IG BCE gibt eine sanfte Linie vor – und macht dabei keinen guten Eindruck.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.