Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Demo gegen Überwachung: Zu Besuch beim Nachrichtendienst
> Der Protest gegen die Überwachung ging am Montag in Berlin weiter. Zu
> einem Spaziergang um das neue BND-Gelände kommen aber nur 130 Leute.
Bild: Wer überwacht die Überwacher?
BERLIN taz | Natürlich sind auch Drohnen dabei. Zwei Stück, um genau zu
sein. Eine haben Mitglieder der Partei Die Partei aus Pappe gebastelt. Die
andere ist ferngesteuert und surrt durch die Luft, um einen Blick hinter
den Bauzahn zu erhaschen. Der ist aus Pressspanplatten, blickdicht, ist ja
alles geheim.
Mitten in Berlin lässt der Bundesnachrichtendienst seine neue Zentrale
bauen, die wollen sich rund 130 Leute anschauen. Zum „1. Großen
BND-Spaziergang“ [1][hat der Netzverein Digitale Gesellschaft eingeladen].
Die Partei-Mitglieder, die am Montagabend gekommen sind, sind für
Überwachung. Alle anderen dagegen.
„Geheimdienste hautnah erleben", unter diesem Motto wurde aufgerufen, und
es gäbe auch Einiges zu entdecken hinter der bronzefarbenen
Aluminiumfassade des riesigen kastenförmigen Gebäudkomplexes, in dem einmal
um die 4.000 Agenten und Agentenhelfer arbeiten sollen. Aber hier hält das
„touristische Berlin-Event der Extraklasse" nicht das, was es verspricht.
Es ist keine Besichtigung, sondern eine Demo mit Pappkameras, bei der
immerhin deutlich wird, gegen was eigentlich gegen demonstriert wird. Das
ist ja nicht immer so.
„Zwölf Forderungen gegen die anlasslose Überwachung unserer Kommunikation"
trägt eine Aktivistin vor. Einer der Punkte: das Recht auf Privatsphäre und
Informelle Selbstbestimmung EU-weit „an erste Stelle zu rücken". Ein
weiterer: „die Verletzung der Privatsphäre (...) wirtschaftlich und
politisch zu sanktionieren". Den [2][offenen Brief gleichen Inhalts] haben
online verschiedene Bürgerrechtsorganisationen und knapp 8000
Einzelpersonen unterzeichnet. Sind das viele Leute oder wenige? Sind die
130 Leute, die gekommen sind, viele oder wenige?
## Zu Wohnungsbesichtigungen kommen mehr
„Es ist doch unfassbar, wie wenige Leute hier sind", schimpft ein
Architekt, grauer Vollbart, Halbglatze. „Weniger als bei einer normalen
Wohnungsbesichtigung!" Der Mann, der anonym bleiben will, ist einer der
wenigen Demonstranten, der nicht schon sein halbes Leben online verbracht
hat. Er trägt ein transparentes Plexiglasschild umher. Darauf steht:
nichts. Protest ohne Worte.
In den 80ern habe er gegen das Atomkraftwerk Brokdorf demonstriert, erzählt
der Mann. Lange sei er nicht mehr auf der Straße gewesen. Aber jetzt. Am
Samstag war er schon bei der Anti-Überwachungs-Demo, aber da haben ihm zu
viele Redner [3][am Thema vorbeigeredet]. Er hat versucht Freunde zum
Mitkommen zu bewegen - erfolglos. Und das kann er einfach nicht verstehen.
Dass es den Menschen der „Eingriff in die Freiheit" nicht zu stören
scheint. Dass es sie nicht aufregt, „dass Frau Merkel die Grundrechte egal
sind".
Jacob Appelbaum, Hacker und Internetaktivist aus den USA, der schon länger
Ärger hat mit seiner Regierung, hingegen freut sich und knipst ein Foto mit
einer einfachen Digitalkamera. Ein Smartphone benutzt er nicht – viel zu
unsicher. Der 28-Jährige ist ganz begeistert davon, dass es hierzulande so
ein großes Thema ist, wie NSA & Co. Daten sammeln. Er preist die wache
Zivilgesellschaft in Deutschland, die Leute, die nicht nur gegen staatliche
Überwachung sind, sondern sich überlegen, was man dagegen tun kann.
Die Digitale Gesellschaft will bald mal wieder beim BND vorbei schauen,
sagt ihr Vorsitzender Markus Beckedahl. Und der Architekt mit dem
transparenten Schild sagt, es gebe einfach keine Alternative, er werde bei
der Bundestagswahl wohl die Piraten wählen. „Obwohl ich die bescheuert
finde."
30 Jul 2013
## LINKS
[1] http://digitalegesellschaft.de/2013/07/1-groser-bnd-spaziergang-am-29-7-um-…
[2] http://www.stopsurveillance.org/
[3] /Verstimmung-bei-Anti-NSA-Protesten/!120760/
## AUTOREN
Sebastian Erb
## TAGS
BND
Schwerpunkt Überwachung
Berlin
Demonstrationen
Digitale Medien
Geheimdienst
Thomas Drake
Prism
NSA
Prism
NSA
NSA
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hans de With über Überwachung: „Nicht mit uns!“
Die G-10-Kommission kontrolliert die deutschen Geheimdienste. Der
Vorsitzende glaubt nicht, dass der Bundesnachrichtendienst ihn austrickst.
Hacker Appelbaum über Überwachung: „Ihr seid Experten des Schreckens“
Der Internetaktivist Jacob Appelbaum zieht Vergleiche zwischen der NSA und
der Stasi, lobt das deutsche Verständnis von Datenschutz und fordert mehr
Widerstand.
Kommentar Protest NSA-Affäre: Der große Missbrauch fehlt noch
Massen gehen nicht gegen die NSA-Abhöraffäre auf die Straße. Es war eben
doch nicht der „Tschernobyl-Moment“, der eine Massenbewegung schafft.
Debatte NSA-Überwachungsskandal: Fernsehen bildet
Hiesige Politiker scheinen vom Ausmaß der Überwachung überrumpelt. Dabei
wird dieses Problem bereits seit Jahren in Fersehserien breit diskutiert.
Verstimmung bei Anti-NSA-Protesten: Presse in den Knast
Wenn die Menschen gegen Überwachung auf die Straße gehen, ist das auch die
Stunde der Medienfeinde und Verschwörungstheoretiker.
Proteste gegen Überwachung: Deutschland nicht vergessen
Über 10.000 Menschen demonstrieren bundesweit. Parteien nutzen die
Gelegenheit für Wahlwerbung. Weitere Aktionen sind bereits angekündigt.
NSA-Skandal in Deutschland: Wer braucht schon Datenschutz
Wegen der Zusammenarbeit deutscher Behörden mit dem US-Geheimdienst gibt es
erste Rücktrittsforderungen. Der Verfassungsschutz testet derzeit ein
Spähprogramm.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.