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# taz.de -- Insolvenz des Suhrkamp Verlags: Ein riskantes Spiel
> Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat nun das Insolvenzverfahren im
> Fall von Suhrkamp eröffnet. Der Verlag freut sich.
Bild: Nicht die Farben des Geldes: Regal mit Suhrkamp-Büchern.
BERLIN taz | Selten hat sich ein Verlag so über die Eröffnung eines
Insolvenzverfahrens gefreut, wie es nun der Suhrkamp Verlag tat. Die
Pressesprecherin Tanja Postpischil meldete, dass am Dienstag vom
Amtsgericht Berlin-Charlottenburg das Insolvenzverfahren für den Verlag
eröffnet wurde.
Die Minderheitsgesellschafterin, die Medienholding Winterthur AG des
Unternehmers Hans Barlach, die, so Postpischil, „die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens mit einer Vielzahl von Klagen und Anträgen zu
verhindern gesucht“ habe, sei somit „vollumfänglich gescheitert“.
Der Verlag werde in eine Aktiengesellschaft verwandelt, die Medienholding
sowie die Mehrheitsgesellschafterin, die Unseld-Familienstiftung der
Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz, würden Aktien entsprechend ihrer Anteile
erhalten. Wenn ein Gesellschafter an dem in eine AG umgewandelten Verlag
„nicht mehr beteiligt sein möchte, sieht der Insolvenzplan ein
Abfindungsangebot vor.
Damit wird jedem der Gesellschafter die Möglichkeit eröffnet, seine Aktien
gegen Erhalt eines Abfindungsbetrags an die Gesellschaft oder – mit
Zustimmung des Verlags – an einen Dritten zu übertragen.“ Mit Zustimmung
des Verlags – eine bedenkenswerte Formulierung.
Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg bestätigte die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens, ebenso, dass der Insolvenzplan des Sachwalters Rolf
Rattunde die Umwandlung der Suhrkamp KG in eine Aktiengesellschaft vorsehe.
Ob diesem Plan stattgegeben werde, blieb offen.
## Barlach ist kaltgestellt
Hans Barlach, von dem eine Stellungnahme bis zum Redaktionsschluss nicht zu
bekommen war, wird wütend sein. Er hatte in den vergangenen Wochen
versucht, das drohende Insolvenzverfahren – Suhrkamp befand sich bereits
unter einem sogenannten Schutzschirm – abzuwenden. Durch einen
Gerichtsbeschluss konnte er sogar Gewinnforderungen der Familienstiftung,
die laut Barlach die Insolvenzgefahr erzeugt hatten, aussetzen zu lassen.
Dennoch ist der Verlag so angeschlagen, dass auch ohne diese Forderung das
Insolvenzverfahren eröffnet werden konnte.
Barlachs Verhalten ist insofern verwunderlich, als dass er zuvor über Jahre
behauptet hatte, dem Verlag gehe es schlecht, während Ulla Unseld-Berkéwicz
nicht müde wurde zu betonen, dass es dem Verlag gutgehe. Nun ist es
andersherum. Zweifelsohne aber nicht so, wie die Suhrkamp-Pressemitteilung
behauptet, dass nämlich der Gesellschafterstreit „insolvenzauslösend“
gewesen sei.
Da diese Insolvenz „in Eigenverantwortung“ verwaltet wird, ist Barlach
kaltgestellt. Die Insolvenzverwalter haben die Aufgabe, den Verlag und
seine Arbeitsplätze zu erhalten, Befindlichkeiten von Gesellschaftern
stehen hintan. Zudem hat sich der Marktwert der Anteile aller Beteiligten
rapide verringert.
Ulla Unseld-Berkéwicz hat es also geschafft, Hans Barlach sind vorerst die
Hände gebunden, zudem wird er bei der Gründung einer Suhrkamp AG viele
Rechte verlieren, die ihm von der KG zugestanden worden sind. Er kann sich
ein bisschen enteignet fühlen.
Doch zu welchem Preis wurde dieser Triumph erreicht? Viele Autoren des
Verlags könnten nun, weil sich der Verlag in der Insolvenz befindet, sofort
ihre Rechte zurückfordern und einen neuen Verlag suchen. So geschah es bei
der Insolvenz des Aufbau Verlags. Viele werden wohl bleiben. Doch so oder
so ist es ein sehr riskantes Spiel, das hier gespielt wird.
7 Aug 2013
## AUTOREN
Jörg Sundermeier
## TAGS
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