# taz.de -- Band Feine Sahne Fischfilet: Handhabe gegen links | |
> In Riesa darf die antifaschistische Band Feine Sahne Fischfilet aus | |
> Sicherheitsgründen nicht auftreten. Rechte Bands dürfen dagegen schon. | |
Bild: Nicht willkommen in Riesa: Feine Sahne Fischfilet. | |
Die Stadt Riesa hat diese Woche gezeigt, dass sie vor den Nazis kuscht. Sie | |
untersagte es der antifaschistischen Band [1][Feine Sahne Fischfilet] | |
(FSF), auf dem Risaer Stadtfest aufzutreten. „Zum Glück solidarisieren sich | |
viele mit uns“, kommentiert FSF-Sänger Monchi. „Auch Leute, die nicht alles | |
toll finden, was wir machen, merken, dass das total krass ist, was da | |
abgeht.“ | |
Krass ist die Causa Feine Sahne Fischfilet mittlerweile in der Tat. Wie am | |
Mittwoch bekannt wurde, ist die Rostocker Band wie im vergangenen Jahr auch | |
im aktuellen [2][Verfassungsschutzbericht des Landes | |
Mecklenburg-Vorpommern] gelistet. | |
Trotz lauter Kritik an der Absage des Konzertes bleibt Bürgermeisterin | |
Gerti Töpfer (CDU) bei ihrer Entscheidung. Ihre Begründung der Absage | |
lautet weiter: „Die Entscheidung zu ’Feine Sahne Fischfilet‘ ist so | |
gefallen, weil eine mögliche politische Auseinandersetzung zu unserem | |
Stadtfest nicht auszuschließen ist. | |
Die Stadt Riesa ist nicht gewillt, der NPD eine Präsentationsfläche für | |
ihre menschenverachtende Ideologie und ihre dumpfen Parolen zu bieten. Nach | |
verschiedenen Ankündigungen von Herrn Gansel [NPD-Stadtrat; d. Red.] war zu | |
befürchten, dass durch den Bandauftritt Leute mit Gewaltpotenzial angezogen | |
werden.“ | |
Auf die Kritik reagiert die Bürgermeisterin abwehrend: „Mich nervt, dass | |
die Diskussion populistisch geführt wird und die Band und die Medien die | |
Sache auf allgemein gehaltene Weise aus der Ferne beurteilen. Die wissen | |
nichts über Riesa“, sagte Töpfer der taz. „Ich verwehre mich dagegen, dass | |
wir als Nazihochburg dargestellt werden.“ | |
Dazu sollte man wissen, dass bei den letzten Kommunalwahlen 2009 die NPD im | |
Wahlkreis Riesa auf 5,9 Prozent kam und zwei NPDler im Stadtrat sitzen. Ein | |
Naziproblem hat die Stadt also sehr wohl. Und immerhin war es die in Riesa | |
sitzende NPD-Zeitung Deutsche Stimme, die den Aufritt von Feine Sahne | |
Fischfilet als erste skandalisierte und die NPD, die Flugblätter gegen die | |
Band verteilte. | |
## „Riesa soll brennen“ | |
Sorgen macht sich Töpfer aber über andere Dinge: „Dass nun Stadtrat Koß | |
bedroht wird und sich fürchten muss, ist nicht in Ordnung.“ Grünen-Stadtrat | |
Koß hatte die Absage unterstützt und dafür aus dem Netz heftige Angriffe | |
erfahren. „Man sollte nur auch zu Kenntnis nehmen, dass da gewisse Leute | |
nun aggressiv aufgespult sind und auf der [3][Facebook-Seite der Band] | |
schreiben ’Riesa soll brennen‘. Was soll ich da denken?“, sagt Töpfer. | |
Die Absage rückgängig zu machen kommt für die Bürgermeisterin nicht in | |
Frage. Auf Töpfers Angebot, zu einem späteren Zeitpunkt im städtischen | |
Kulturzentrum zu spielen, haben FSF bereits verzichtet: „Das ist uns | |
natürlich zu blöd, für Imagepolitik instrumentalisiert zu werden“, sagt | |
Monchi. | |
Mit ihrer Andeutung, dass die Band ja auch „aggressive“ Facebook-Fans habe, | |
klingt die Risaer Bürgermeisterin ein bisschen so, als würde sie die in der | |
CDU populäre Vorstellung, dass links so schlimm wie rechts ist, durchaus | |
teilen. Passend dazu schreibt das Amt für Verfassungsschutz des schwarz | |
regierten Sachsen in einem der taz vorliegenden Brief an das Kulturwerk | |
Riesa: „Linksextremistische Bands nutzen vor allem öffentliche | |
Veranstaltungen, um sich zu präsentieren und ihre weltanschaulichen | |
Positionen zu vermitteln.“ | |
## Gefährlicher Linksextremismus? | |
Nach der Absage erklärten FSF auf [4][ihrer Homepage]: „Wir empfinden es | |
als wichtig, aus seinen Wohlfühlstädten und Kiezen rauszukommen und auch in | |
provinzielleren Gegenden zu spielen, um dort etwas zu bewegen.“ | |
Hört sich so etwa gefährlicher Linksextremismus an? Und ist es ein | |
verfassungsfeindlicher Akt, dass die Band vor ihren Auftritten in | |
ländlichen Gebieten häufiger Info- oder Podiumsveranstaltungen zur | |
Aufklärung über Nazi-Strukturen organisiert? | |
Die Oppositionsparteien in Riesa seien zur Entscheidung der Konzertabsage | |
nicht informiert worden, erklärt Uta Knebel, örtliche Linken-Vorsitzende: | |
„Ich habe von der Entscheidung aus der Zeitung erfahren“, sagt sie. Sven | |
Knebel, ihr Sohn, ist einer der Bewohner, die sich ein Antifa-Konzert in | |
Riesa gewünscht hätten. | |
Die angeblichen Sicherheitsbedenken hält er für vorgeschobene Argumente: | |
„Es wäre ein einfaches Spielchen gewesen, das Konzert zu sichern“, sagt er. | |
Man hätte das Konzert nur in einen nahe gelegenen Hof verlegen müssen, der | |
besser abzusichern gewesen wäre. „Davon weiß ich jetzt nichts“, sagt | |
Bürgermeisterin Töpfer dazu. | |
## Vorbild Pasewalk | |
Vor gut zehn Monaten allerdings trieb man in Riesa dann doch etwas mehr | |
Aufwand, um ein Konzert zu sichern. Auf dem NPD-Verlagsgelände der | |
Deutschen Stimme spielten rechte Bands wie Die Lunikoff Verschwörung, | |
Sachsonia und die neue Band des ehemaligen Landser-Sängers Michael Regener. | |
Um Antifa-Aktionen zu verhindern, hatten Behörden das Konzert zunächst | |
geheim halten wollen. „Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Wir | |
haben gegen diese Privatveranstaltungen einer leider nicht verbotenen | |
Partei keine Handhabe“, erklärt Töpfer dazu. | |
Dass das Verhalten von Lokalpolitikern allerdings entscheidend ist, um den | |
Einfluss von Nazis einzudämmen, wurde erst kürzlich in einer Studie der FH | |
Düsseldorf festgestellt. | |
Die Riesaer Bürgermeistern hätte sich also durchaus an anderen Vorbildern | |
orientieren können: 2012 beispielsweise hatte Bürgermeister Rainer Dambach | |
(SPD) im vorpommerischen Pasewalk Widerstand gezeigt und Menschenketten | |
gegen ein dortiges Pressefest der Deutschen Stimme organisiert. In Pasewalk | |
findet am heutigen Samstag der „Karneval der Demokratie“ statt. | |
10 Aug 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://feinesahnefischfilet.blogsport.de/ | |
[2] http://www.verfassungsschutz-mv.de/cms2/Verfassungsschutz_prod/Verfassungss… | |
[3] http://www.facebook.com/feinesahnefischfilet | |
[4] http://feinesahnefischfilet.blogsport.de/2013/08/05/statement-riesa-konzert… | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
## TAGS | |
Feine Sahne Fischfilet | |
NPD | |
Mecklenburg-Vorpommern | |
Verfassungsschutz | |
NPD | |
Linksextremismus | |
Konzert | |
Nazis | |
Feine Sahne Fischfilet | |
NSA | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neues Album von „Feine Sahne Fischfilet“: Verfassungsschutzbericht 2015 | |
Rund um eine Punkband hat sich eine gefährliche antifaschistische Zelle | |
gebildet. Der Verfassungsschutz warnt – die taz dokumentiert. | |
Klage von Antifa-Band-Fotograf: Fischfilet im Jahresbericht | |
Der Fotograf einer Antifa-Punkband verklagte den Verfassungsschutz wegen | |
einer Urheberrechtsverletzung. Jetzt entschied das Landgericht. | |
Nachruf auf Rainer Dambach: Ein Demokrat | |
Als Bürgermeister von Pasewalk kämpfte Rainer Dambach erfolgreich gegen den | |
braunen Mob. Nun ist er viel zu früh verstorben. | |
Revolutionäre-Zelle-Aktivistin Sonja Suder: Der letzte Richterspruch | |
Die sie belastenden Aussagen waren umstritten: Dennoch wurde Suder wegen | |
Beteiligung an Brandanschlägen zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. | |
Streit um Feine Sahne Fischfilet: Punk oben ohne | |
Der Schlagzeuger der Punkband Feine Sahne Fischfilet zog beim Konzert sein | |
T-Shirt aus. Feministinnen kritiseren das als „unterdrückerischen Akt“. | |
Schmierereien nach NPD-Konzert: Nazi-Parolen im Südharz | |
Nach einem NPD-Fest haben Rechtsextreme Kirchen in Sangerhausen mit ihren | |
Sprüchen beschmiert. Zu der Gegendemo kamen nur etwa 200 Menschen. | |
Sächsische Kleinstadt ohne Punk: Vorauseilende Konzertabsage | |
Mit schlichtem Punk spielen „Feine Sahne Fischfilet“ gegen Cops und Nazis. | |
Die Stadt Riesa will sie nicht auf dem Stadtfest. Aus Angst vor Nazis. | |
NSA-Skandal und die Psyche: Es ist Krieg – und alle schauen zu | |
Eine Vergewaltigung in New York zeigt, warum wir auf das Szenario einer | |
Totalüberwachung so lethargisch reagieren. Unpassende Überlegungen. |