# taz.de -- Krieg in Syrien: Der Giftgasverdacht und die Folgen | |
> „Ärzte ohne Grenzen“ erhärtet den Verdacht, dass in Syrien Giftgas zum | |
> Einsatz kam. Die USA diskutieren über ein militärisches Vorgehen. Angela | |
> Merkel ist nicht dafür. | |
Bild: Findet sie etwas heraus? Die UN-Repräsentantin Angela Kana am Samstag in… | |
DAMASKUS/ISTANBUL dpa | Drei Tage nach den mutmaßlichen Giftgasangriffen in | |
Syrien gerät das Regime in Damaskus massiv unter Druck. In den USA wird | |
[1][über ein Eingreifen diskutiert]. Die Flottenpräsenz der US-Marine im | |
östlichen Mittelmeer sei verstärkt worden, berichtete der Nachrichtensender | |
CNN. Ein Zerstörer sei zu den drei dort kreuzenden Schiffen gestoßen. Die | |
Schiffe seien mit Marschflugkörpern bewaffnet. | |
Die Hohe Repräsentantin der Vereinten Nationen für Abrüstung, Angela Kane, | |
traf am Samstag in Damaskus ein. Sie soll einen Zugang der | |
UN-Chemiewaffeninspekteure zu den angeblich bombardierten Dörfern | |
aushandeln. Bislang wurde den Experten, die sich bereits seit dem | |
vergangenen Sonntag in Syrien aufhalten, mit Hinweis auf die andauernden | |
Kämpfe nicht erlaubt, die betroffenen Bezirke zu besuchen. | |
Außenminister Guido Westerwelle unterstrich in einem Telefonat mit seinem | |
russischen Amtskollegen Sergej Lawrow, die Aufklärung der Giftgasvorwürfe | |
durch die Inspekteure sei dringend notwendig. | |
## Krämpfe und starker Speichelfluss | |
Ärzte ohne Grenzen teilte mit, in drei von der Hilfsorganisation | |
unterstützten Krankenhäusern im Großraum Damaskus seien am Mittwochmorgen | |
in weniger als drei Stunden 3.600 Menschen mit „neurotoxischen Symptomen“ | |
aufgenommen worden. Sie hätten unter Krämpfen, starkem Speichelfluss und | |
Atemnot gelitten. Ihre Pupillen seien starkt verengt und der Blick | |
verschwommen gewesen. Alles deute darauf hin, dass sie einem Nervengift | |
ausgesetzt gewesen seien. 355 von ihnen sind nach Angaben der | |
Krankenhausmitarbeiter gestorben. | |
Das Regime von Präsident Baschar al-Assad hatte den Einsatz von Giftgas am | |
vergangenen Mittwoch zunächst bestritten. Revolutionäre hatten | |
Videoaufnahmen verbreitet, die Opfer von Giftgasattacken in mehreren | |
Dörfern zeigen sollen. Am Samstag hieß es dann seitens des Regimes, die | |
Rebellen hätten offensichtlich im Nordosten der Hauptstadt Giftgas | |
eingesetzt. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, mehrere | |
Soldaten hätten bei ihrem Vormarsch in das Viertel Dschobar | |
Erstickungsanfälle erlitten. | |
Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte dagegen während eines | |
Aufenthaltes in der palästinensischen Stadt Ramallah: „Alle Informationen, | |
die uns momentan zur Verfügung stehen, deuten darauf hin, dass in Syrien | |
unweit von Damaskus ein Massaker mit chemischen Waffen stattgefunden hat | |
und dass das Regime von Baschar al-Assad dahinter steckt.“ | |
## Merkel will „politische Lösung“ | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich gegen ein militärisches | |
Eingreifen im Syrien-Konflikt aus. „Wir verfolgen nicht den Weg einer | |
militärischen Lösung“, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert in | |
Berlin. „Wir glauben nicht, dass das von außen militärisch zu lösen ist, | |
sondern wir glauben, dass eine politische Lösung in Syrien organisiert | |
werden muss“, erklärte Seibert. | |
Der Allgemeine Rat für die Revolution berichtete am Samstag von neuen | |
Kämpfen und Luftangriffen in mehreren Gebieten im Umland von Damaskus. Die | |
Exil-Opposition hatte zuvor erklärt, sie wolle dafür sorgen, dass die | |
UN-Inspekteure bei einem Besuch der betroffenen Ortschaften im Osten und | |
Süden der Hauptstadt nichts von den Rebellen zu befürchten hätten. | |
Das UN-Team hatte nach langwierigen Verhandlungen der Vereinten Nationen | |
mit der syrischen Regierung lediglich die Erlaubnis erhalten, drei Orte zu | |
untersuchen, in denen vor Monaten Giftgas eingesetzt worden sein soll: Chan | |
al-Asal in der Provinz Aleppo, Al-Ateibe in der Provinz Damaskus-Land und | |
die Stadt Homs. Die Assad-Regierung und die Rebellen werfen sich seit | |
einigen Monaten immer wieder gegenseitig den Einsatz chemischer Kampfstoffe | |
vor. | |
## Experte vermutet Nervenkampfstoff | |
Der Schweizer Chemiewaffenexperte Stefan Mogl erklärte im Deutschlandradio | |
Kultur, die UN-Inspekteure hätten nur wenige Tage Zeit, um einen Einsatz | |
von Nervengas im Blut und Urin der Opfer zweifelsfrei nachzuweisen. Im | |
Boden ließen sich Spuren von Kampfstoffen auch noch später finden. Nach | |
Sichtung der Videos gehe er davon aus, dass mit großer Wahrscheinlichkeit | |
Giftgas zum Einsatz gekommen ist, sagte der frühere Waffeninspekteur. Die | |
Symptome wiesen auf einen Nervenkampfstoff hin, doch die Bilder ließen | |
keinen Rückschluss auf Ort und Opfer zu. | |
Laut CNN überarbeitete das Militär seine Optionen für ein Eingreifen im | |
syrischen Bürgerkrieg. Ein Beamter des Verteidigungsministeriums erklärte | |
dem Sender, die Liste von Zielen für mögliche Luftangriffe sei aktualisiert | |
worden. Die Planungen würden die Verwendung von Marschflugkörpern | |
einschließen. | |
Auch der US-Sender CBS berichtete von Pentagon-Planungen für einen | |
Cruise-Missile-Angriff auf die Regierungstruppen. Es werde erwartet, dass | |
US-Generalstabschef Martin Dempsey Optionen für einen Angriff vorlegen | |
werde, hieß es bei CBS weiter. Eine Entscheidung von Präsident Barack Obama | |
steht aber noch aus. Obama hatte am Freitag zu den Giftgasvorwürfen | |
erklärt: „Das berührt langsam Kerninteressen der USA.“ Zugleich äußerte… | |
„große Sorge“. | |
24 Aug 2013 | |
## LINKS | |
[1] /Moeglicher-Militaereinsatz-in-Syrien/!122436/ | |
## TAGS | |
Giftgas | |
Syrien | |
Ärzte ohne Grenzen | |
USA | |
Militärschlag | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Schwerpunkt Syrienkrieg | |
Syrien-Intervention | |
Syrischer Bürgerkrieg | |
Syrischer Bürgerkrieg | |
Militärschlag | |
Syrien | |
Syrien | |
Guido Westerwelle | |
Schwerpunkt Syrienkrieg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Israel und Syrien: Die Gasmasken liegen schon bereit | |
Israel hatte Recht: In Syrien wird mit Gas operiert. Einen Eingriff Israels | |
kann allerdings niemand wollen. Netanjahu kann sich zurücklehnen und | |
abwarten. | |
Debatte Bürgerkrieg in Syrien: Reden wir mit Assad! | |
Baschar al-Assad ist ein furchtbarer Verbrecher, aber wir müssen mit ihm | |
verhandeln. Die Alternative lautet: noch mehr Krieg. | |
Diskussion um Syrien-Intervention: Assad warnt die USA | |
Nach dem vermuteten Einsatz von Chemiewaffen in Syrien treiben die USA die | |
Pläne für einen Militärschlag voran. Präsident Assad streitet die Vorwürfe | |
ab. | |
Mutmaßlicher Einsatz von Chemiewaffen: Syrien erlaubt UN-Untersuchungen | |
Der Westen zeigt sich zunehmend überzeugt, dass die syrische Regierung | |
Chemiewaffen eingesetzt hat. Diese stimmt nun doch UN-Untersuchungen zu. | |
Möglicher Militäreinsatz in Syrien: Die USA bereiten sich vor | |
Nach den Berichten über einen Giftgaseinsatz in Syrien beraten die USA über | |
ein militärisches Eingreifen im Bürgerkrieg. Angela Merkel kritisiert | |
Russland und China. | |
Kolumne Roter Faden: Ich kann euch immer bombardieren | |
Bilder von zutiefst verstörten Menschen, sie sind jetzt überall zu sehen. | |
Giftgas. Ob wir Syrien nächste Woche wieder vergessen haben? | |
Giftgaseinsatz in Syrien: Briten verdächtigen Assad | |
Die UN-Chemiewaffenexperten kommen nicht in das betroffene Gebiet, um den | |
Giftgaseinsatz zu untersuchen. Eine US-Intervention scheint ausgeschlossen. | |
Kommentar Rote Linie in Syrien: Nichtiges Geschwätz | |
Deutscher Außenpolitik mangelt es an Verbindlichkeit. Frankreich | |
demonstriert derweil, wie klare Ansagen aussehen könnten. | |
Bürgerkrieg in Syrien: Eine Million Kinder auf der Flucht | |
Kinder machen laut Unicef die Hälfte aller Flüchtlinge aus, die das Land | |
verlassen haben. „Die Jugend Syriens verliert ihre Zukunft“, sagt der | |
UN-Flüchtlingskommissar. |