# taz.de -- Risikoselektion bei Krankenkassen: Möglichst jung und gesund | |
> In welchem Ausmaß Alte und Kranke von Krankenkassen tatsächlich | |
> diskriminiert werden, zeigt jetzt ein Bericht des | |
> Bundesversicherungsamtes. | |
Bild: Vor allem ältere Menschen werden von den Krankenkassen benachteiligt. | |
BERLIN dpa | Alte und kranke Menschen werden in der gesetzlichen | |
Krankenversicherung immer wieder diskriminiert. Das geht aus dem jüngsten | |
[1][Tätigkeitsbericht des Bundesversicherungsamtes (pdf-Datei)] hervor, den | |
die Aufsichtsbehörde im Internet veröffentlicht hat. Danach benachteiligen | |
die Kassen Versicherte mit hohem Kostenrisiko oft schon bei der Anwerbung. | |
Daneben habe es aber auch Versuche gegeben, Ältere oder Kranke aus der | |
Kasse herauszudrängen, heißt es in dem Bericht, aus dem zuerst die | |
[2][Frankfurter Rundschau] zitiert hatte. | |
Nach Darstellung der Behörde hatten Mitarbeiter einer Krankenkasse | |
kurzfristig sogar versucht, behinderte und chronisch kranke Menschen am | |
Telefon zur Kündigung zu bewegen. „Die dargestellte Verfahrensweise | |
verstößt gegen grundlegende Prinzipien des Sozialgesetzbuches und wird der | |
Verantwortung der gesetzlichen Krankenkassen gerade auch bei der | |
medizinischen Versorgung von behinderten und chronisch kranken Menschen | |
nicht gerecht“, rügt das Bundesversicherungsamt. | |
Scharfe Kritik übt die Behörde auch an der systemischen „Risikoselektion“ | |
bei der Anwerbung von Versicherten. So habe eine Reihe von Krankenkassen | |
mit ihrem Vertrieb Vereinbarungen mit dem Ziel abgeschlossen, vorrangig | |
einkommensstarke und gesunde Versicherte zu akquirieren. | |
## Prämien zurück verlangt | |
„Oft zahlen die Krankenkassen ihrem Vertrieb keine Prämien für das Werben | |
von einkommensschwachen oder kranken Versicherten oder verlangen Prämien | |
zurück, wenn die Neumitglieder höhere Krankheitskosten verursachen als | |
erwartet“, heißt es in dem Bericht. „Hierdurch verstoßen die Krankenkassen | |
gegen das Diskriminierungsverbot und das in der gesetzlichen | |
Krankenversicherung zu beachtende Solidaritätsprinzip.“ | |
Sobald die Krankenkasse im Vertrieb mit einem potenziellen Neumitglied in | |
konkreten Kontakt tritt, ist sie verpflichtet, alle Bevölkerungsgruppen | |
gleich zu behandeln. „Schuld an der Risikoselektion sind nicht die Kassen“, | |
sagte Gesundheitsexperte Christoph Kranich von der Verbraucherzentrale | |
Hamburg der Frankfurter Rundschau. „Schuld ist die Politik, die die | |
Krankenkassen in den Wettbewerb gezwungen hat.“ | |
## Benachteiligung bei den Privaten | |
Aber auch in der Privaten Krankenversicherung (PKV) werden ältere | |
Versicherte oft benachteiligt. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) | |
kritisierte in den [3][Stuttgarter Nachrichten], dass es immer noch | |
Versicherer gebe, die Älteren keine günstigeren Tarife anböten, obwohl das | |
gesetzlich vorgeschrieben sei. Das seien aber „Ausreißer“, betonte er. | |
Der Minister lehnte es ab, älteren Privatpatienten die Rückkehr in die | |
gesetzliche Krankenversicherung zu eröffnen. „Wer sich für die PKV | |
entscheidet, kann keine Rosinenpickerei betreiben“, sagte Bahr und | |
verteidigte die Forderung, Privatkassen für alle zu öffnen. | |
Aus Sicht des Gesundheitsexperten Jürgen Wasem hätte eine solche Öffnung | |
massive Konsequenzen. „Die Kehrseite ist, dass der gesetzlichen | |
Krankenversicherung wichtige, zahlungskräftige Versichertengruppen den | |
Rücken kehren würden. Die gesetzliche Krankenversicherung würde ausbluten. | |
Für die Verbleibenden würden die Beiträge stark steigen“, sagte der | |
Gesundheitsökonom der Universität Duisburg-Essen der [4][Schweriner | |
Volkszeitung.] | |
28 Aug 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bundesversicherungsamt.de/fileadmin/redaktion/allgemeine_dokumen… | |
[2] http://www.fr-online.de/home/1472778,1472778.html | |
[3] http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.gesundheitsminister-bahr-bleib… | |
[4] http://www.svz.de/ | |
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